Fach­ta­gung in Ebrach: neue Erkennt­nis­se zu Natur­wald und Klima

Symbolbild Bildung

BN for­dert offe­ne Dis­kus­si­on zu Naturwaldgebieten

Bei der gut besuch­ten Tagung „Natur­er­be Buchen­wäl­der“ des BUND-Natur­schutz (BN) in Ebrach ging es letz­tes Wochen­en­de um ein Natur­wald-Ver­bund­sy­stem in Bay­ern und Wäl­der in der Kli­ma­kri­se. Lob gab es für die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung für das gesetz­lich fest­ge­leg­te Ziel 10 % der Staats­wäl­der „mit beson­de­rer Bedeu­tung für die Bio­di­ver­si­tät“ aus der Nut­zung zuneh­men. BN und Green­peace hat­ten 2016 ihr Kon­zept für ein Natur­wald-Ver­bund­sy­stems ver­öf­fent­licht, eini­ge Kern­ge­bie­te wur­den in Ebrach vor­ge­stellt. Die Baye­ri­schen Staats­for­sten (BaySF) haben dem Forst­mi­ni­ste­ri­um einen Ent­wurf vor­ge­legt, aber eine Dis­kus­si­on über Gebie­te und deren fach­li­che Eig­nung wird ver­wei­gert. Richard Mer­gner, Vor­sit­zen­der des BN, for­dert dazu eine Dis­kus­si­on: „In Bay­ern feh­len mit­tel­gro­ße und gro­ße Natur­wäl­der, die natür­li­che Anpas­sungs-Pro­zes­se gewähr­lei­sten und Spen­der­flä­chen für Bio­di­ver­si­tät sowie Lern­flä­chen für den Wald­bau sind. Da muss drin­gend nach­ge­bes­sert wer­den und fach­lich geeig­ne­te Gebie­te geschützt wer­den, denn öffent­li­che Wäl­der haben Ver­ant­wor­tung für das Gemeinwohl!“

Aktu­el­le Stu­di­en zei­gen, dass alte Wäl­der mit viel Bio­mas­se und einer hohen typi­schen Arten­viel­falt wesent­lich sta­bi­ler und anpas­sungs­fä­hi­ger in der Kli­ma­kri­se sind als jun­ge Wirt­schafts­wäl­der. Dr. Anke Höl­ter­mann vom Bun­des­amt für Natur­schutz (BfN) appel­lier­te an die Län­der: „Der Anteil von Wäl­dern mit natür­li­cher Wald­ent­wick­lung soll­te schnell und signi­fi­kant erhöht wer­den.“ Meh­re­re Refe­ren­ten for­der­ten einen Ein­schlags-Stopp für staat­li­che Laub­wäl­der über 140 Jah­ren. Die Besich­ti­gung des Natur­wald­re­ser­vats Wald­haus und der Aus­stel­lung „Wil­de Buchen­wäl­der“ sowie der Kurz­film­abend „Stei­ger­wald-Flim­mern“ run­de­ten die Tagung ab. Bei der Podi­ums­dis­kus­si­on mit Ver­tre­tern der Land­tags­frak­tio­nen wur­den die Unter­schie­de deut­lich. Wäh­rend Patrick Friedl von den Grü­nen sich klar für mehr und auch grö­ße­re Natur­wäl­der aus­sprach, ver­wie­sen Bar­ba­ra Becker von der CSU und Leo­pold May­er von der FDP auf die Not­wen­dig­keit der Holznutzung.

Ziel ver­fehlt – Bun­des­amt für Natur­schutz for­dert mehr Naturwälder

Das 5 %-Ziel Natur­wäl­der in Deutsch­land wird bis 2020 nicht erreicht, aktu­ell sind es 2,8 %. Höl­ter­mann plä­dier­te für mehr Natur­wald-Flä­chen, weil die­se eine gro­ße Bedeu­tung für den Kli­ma­schutz haben, natür­li­che Anpas­sungs­pro­zes­se an den Kli­ma­wan­del unter­stüt­zen und not­wen­dig sind, um das gesam­te Spek­trum der Bio­di­ver­si­tät im Wald zu erhal­ten. Rein­hardt Neft, Vor­stand der BaySF, kün­dig­te grö­ße­re Natur­wäl­der und einen Dia­log an. Er beton­te, dass man Wald­na­tur­schutz und Kli­ma­schutz nicht gegen­ein­an­der aus­spie­len soll­te. Wald­wirt­schaft und Holz­nut­zung sind für ihn akti­ver Klimaschutz.

Alte Natur­wäl­der sind auch die bes­se­ren „Kli­ma­wäl­der“

Dr. Ralf Strauß­ber­ger, Wald­re­fe­rent des BN, stell­te auf Basis inter­na­tio­na­ler For­schungs-Ergeb­nis­se klar: „Je älter und natür­li­cher ein Wald ist, desto grö­ßer ist auch sei­ne Wir­kung als Koh­len­stoff­spei­cher und ‑sen­ke, vor allem jen­seits von 130 Jah­ren. In Bio­mas­se und Böden wird Koh­len­stoff über Jahr­hun­der­te gespeichert.“

Bay­ern hat Poten­ti­al für grö­ße­re Natur­wäl­der und muss die­se auch schützen

Dr. Chri­sti­ne Mark­graf, Arten­schutz­re­fe­ren­tin des BN, freut sich über den neu­en knapp 1 000 Hekt­ar (ha) gro­ßen Natur­wald in den Donau-Auen, rund 2 000 ha sol­len es wer­den. Für Stei­ger­wald und Spes­sart hat die Staats­re­gie­rung mit­tel­gro­ße Natur­wäl­der ange­kün­digt. Mich­al Kun­kel von den Freun­den des Spes­sarts zeig­te schockie­ren­de Bil­der von flä­chi­ger Zer­stö­rung alter staat­li­cher Buchen­wäl­der. Im Spes­sart schla­gen Natur­schutz­ver­bän­de einen Ver­bund aus einem groß­flä­chi­gen Kern­ge­biet, mit­tel­gro­ßen und klei­nen Flä­chen von 9 000 ha vor, der Staat besitzt hier ca. 42 000 ha. Regio­na­le Schutz­in­itia­ti­ven stell­ten das Ammer­ge­bir­ge, den Gramschat­zer Wald und den Hien­hei­mer Forst vor, die für grö­ße­re Natur­wald­ge­bie­te im Staats­wald geeig­net sind.

„Hohen Buche­nen Wald“ mit Stoll­ber­ger Forst schüt­zen – JETZT!

Ulla Reck vom Freun­des­kreis Natio­nal­park Stei­ger­wald beton­te die gro­ße Unter­stüt­zer­zahl des „Hohen Buche­nen Wal­des“, der als wert­voll­ste Kern­flä­che mit an Bord sein muss, will die Staats­re­gie­rung glaub­wür­dig blei­ben. Die BaySF signa­li­sie­ren, dass das Gebiet für sie wirt­schaft­lich zu wich­tig ist. Dr. Lieb­hard Löff­ler, 1. Vor­sit­zen­der des Bür­ger­ver­eins Natio­nal­park Stei­ger­wald, appel­lier­te an Mini­ster­prä­si­dent Söder deut­lich zu machen, dass er es ernst meint, dass der Holz-Gewinn nicht an erster Stel­le steht. Ebrachs Bür­ger­mei­ster Max-Die­ter Schnei­der hob im Gruß­wort her­vor, dass in der Stei­ger­wald-Regi­on längst die Befür­wor­ter eines Natio­nal­parks überwiegen.

Par­tei­en wer­ten den Schutz von Natur­wäl­dern unterschiedlich

Bei der Podi­ums­dis­kus­si­on mit Ver­tre­tern der Land­tags­frak­tio­nen waren nur CSU, Grü­ne und FDP vertreten.

Bar­ba­ra Becker (CSU) sieht die Not­wen­dig­keit von Natur­wäl­dern, setzt aber stär­ker auf Wald als Holz­lie­fe­rant. Sie signa­li­sier­te Sym­pa­thie, falls die Arbeits­plät­ze im Bereich Holz erhal­ten blei­ben und bie­tet einen Dia­log an.

Patrick Frie­del (Grü­ne) for­dert eine offe­ne Dis­kus­si­on zum Natur­wald­kon­zept. Er setzt auf Ein­spa­rung und Recy­cling, um kli­ma­schäd­li­che Treib­haus­ga­se zu minimieren.

Leo­pold May­er (FDP) bekräf­tig­te, dass sein Lan­des­fach­aus­schuss ein Welt­na­tur­er­be im Stei­ger­wald unter­stützt. Er distan­ziert sich vom Natio­nal­park, dem 10 %-Natur­wald-Ziel und favo­ri­siert das Trittsteinkonzept.

Richard Mer­gner for­der­te eine detail­lier­te Unter­su­chung der regio­na­len Holz­strö­me und plä­diert für spar­sa­me­ren Umgang mit Holz. Er beton­te, dass ein Natio­nal­park für die Regi­on gro­ße Vor­tei­le bringt und kei­ne ein­zi­ge deut­sche Natio­nal­park­re­gi­on ihren Titel wie­der her­ge­ben würde.