Volks­trau­er­tag 2019 – ein Göpp­manns­büh­ler Kriegsgefangenenschicksal

Kriegsgefangene im Lager Spassk beim Schneeräumen. Bild: repro Wolfgang Hübner
Kriegsgefangene im Lager Spassk beim Schneeräumen. Bild: repro Wolfgang Hübner
Heimatforscher Werner Veigl. Foto: Hübner

Hei­mat­for­scher Wer­ner Veigl. Foto: Hübner

„Den Vie­chern ging es im Vieh­wa­gon wie im Lager bes­ser als den Gefan­ge­nen“, so Hei­mat­for­scher Wer­ner Veigl. Über sechs Mona­te im eisi­gen Win­ter 1941/42 über 3270 Kilo­me­ter ins Lager Spassk und anschlie­ßend über 1270 Kilo­me­ter Lager ins Lager Bas­ja­now­skij (Ural) in der UdSSR trans­por­tiert starb Josef Pöllath dort zwei Jah­re nach sei­ner Gefan­gen­nah­me an den unmensch­li­chen Bedin­gun­gen des Gefan­ge­nen­trans­ports und der sowje­ti­scher Lager.

Am 26. August 1939 war der 26-jäh­ri­ge Bau­ern­sohn Josef Pöllath zum Kriegs­dienst in der ach­ten Kom­pa­nie des 481. Infan­te­rie-Regi­ments ein­ge­zo­gen wor­den. Nach Front­ein­sät­zen im Westen (Hol­land, Bel­gi­en, Frank­reich) wur­de das Regi­ment am 14. April 1941 in den Raum Tur­sol-Zbo­j­na öst­lich von Ortels­burg-Wil­len­berg (Polen) ver­legt. Im Juni 1941 erreich­te es in Nacht­mär­schen und unter größt­mög­li­cher Geheim­hal­tung sei­nen Bereit­stel­lungs­raum bei der Stadt Suwal­ki in Polen. Am 22. Juni 1941 brach der Krieg gegen Russ­land aus. Mit dabei beim Russ­land­feld­zug: Pöllaths Regiment.

Bei Nowy Dwor über­schritt es die Gren­ze und drang am 24. Juni in Kuz­ni­ca ein, wo es die Brücken über die Los­so­ss­na unzer­stört sichern konn­te. Das Regi­ment bil­de­te einen Brücken­kopf und ging um Kuz­ni­ca zur Ver­tei­di­gung über. Am 27. Juni wur­de der Vor­marsch in Rich­tung Süden fort­ge­setzt, um rus­si­sche Ein­hei­ten am Aus­bruch aus dem Kes­sel von Bia­ly­stok zu hin­dern. Am 29. Juni erreich­te es den Raum um Ros. Hier hat­te das Regi­ment zwei Tage Ruhe. Am 2. Juli 1941 begann dann der Marsch des Regi­ments nach Polozk, das am 18. Juli erreicht wur­de. Das Regi­ment über­nahm hier Siche­rungs­auf­ga­ben, durch­such­te das Gelän­de nach Waf­fen und Ver­spreng­ten und sicher­te meh­re­re Fluss­über­gän­ge. Am 30. Juli ende­te der Siche­rungs­ein­satz des Regi­ments, das zur Abschir­mung des Kes­sels von Smo­lensk in Witebsk bereit gestellt wur­de. Am 22. August wur­den dann die ersten Tei­le des Regi­ments der 256. Infan­te­rie-Divi­si­on in den Raum Sche­le­so­wo-Scha­try an der Dwi­na nach­ge­führt, wo es ab dem 8. Sep­tem­ber ein­traf. Sofort wur­de das Regi­ment in der ersten Dün­a­stel­lung ein­ge­setzt, um die aus dem Smo­lens­ker Kes­sel aus­bre­chen­den rus­si­schen Ein­hei­ten abzu­blocken. Am 15. Sep­tem­ber ging das Regi­ment auf die zwei­te Dün­a­stel­lung zurück. Ab dem 2. Okto­ber nahm das Regi­ment am Vor­marsch auf Russ­land teil. Es über­quer­te am 7. Okto­ber die Dwi­na und stieß dann zur obe­ren Wol­ga vor. Bei Sso­lo­mi­no west­lich von Rshew konn­te das Regi­ment eine rus­si­sche Kriegs­brücke erobern und am 14. Okto­ber hier die Wol­ga überschreiten.

Anschlie­ßend setz­te es zur Ver­fol­gung des Geg­ners bis zur Itoml­ja an, die am 17. Okto­ber erreicht wur­de. Am 21. Okto­ber begann der Angriff des Regi­ments über die Itoml­ja, die am glei­chen Tag über­schrit­ten wer­den konn­te. Dar­auf­hin stieß das Regi­ment zum Tjma-Fluss vor, den sie bei Toshok erreich­te. Hier ende­te der Vor­marsch zu Beginn des Monats Novem­ber 1941. Nörd­lich und süd­lich des Tjma-Flus­ses wur­de in der Zeit vom 1. bis 5. Novem­ber durch das Regi­ment Win­ter­stel­lung bezogen.

Vier Mona­te nach dem Angriff auf Russ­land, am 29. Okto­ber 1941, wur­de er in der Nähe der Stadt Row­no, eben­falls in Polen (heu­te Ukrai­ne), wäh­rend einer Aus­spä­hung von Rot­ar­mi­sten gefan­gen­ge­nom­men. Die Gefan­gen­schaft begann vor­wie­gend mit dem Auf­ent­halt in einem „Sam­mel­la­ger“. Sein Zweck war die zah­len­mä­ßi­ge Regi­strie­rung der Kriegs­ge­fan­ge­nen und ihre Zusam­men­zie­hung an Orten, von denen aus ihr Abtrans­port in die „Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger“ erfol­gen konn­te. Anschlie­ßend ging dann der Trans­port ost­wärts in das rund 3270 Kilo­me­ter (Luft­li­nie) ent­fern­te Lager Spassk bei Kara­gan­da (Kasach­stan) los. Für den Wehr­machts­sol­da­ten Josef Pöllath begann eine lan­ge Rei­se in Gefan­gen­schaft. Wie sein Weg bis zum Lager Spass­kij bei Kara­gan­da ver­lief, ist nicht bekannt. Für vie­le ging die Fahrt Rich­tung Osten, oft bis nach Sibi­ri­en, in ver­sperr­ten Güter­zü­gen, hun­gernd und frie­rend. Par­al­lel hat­te in sibi­ri­scher Käl­te die Wehr­macht im Win­ter 1941/42 den Rück­zug antre­ten müs­sen. Kara­gan­da selbst war dann „Inbe­griff von Hun­ger, Ernied­ri­gung, Unmensch­lich­keit, Schwerst­ar­beit, Krank­heit und Hoff­nungs­lo­sig­keit. Tau­sen­de star­ben und wur­den namen­los in der Step­pe ver­scharrt“, schreibt der über­le­ben­de Lager­häft­ling Karl-Johann Här­ing in sei­nem Buch. Am 9. April 1942, nach sechs­mo­na­ti­ger Fahrt unter schwie­rig­sten Bedin­gun­gen, erreich­te Pöllath das Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger Nr. 99/1 „Spass­ko-Fabrik“ bei Kara­gan­da in Kasach­stan. Am 15. April 1942 wur­de die Per­so­nal­ak­te von Pöllath unter­schrie­ben. Im Lager 99/1, dem Haupt­la­ger des Gulag Kara­gan­da mit einer Durch­schnitts­be­le­gung von 4000 Mann wur­den alle Gefan­ge­nen medi­zi­nisch unter­sucht und in Kate­go­rien für ihre wei­te­re Ver­wen­dung ein­ge­ord­net. Mit Pöllath befan­den sich im April 1942 1612 deut­sche, 960 rumä­ni­sche, 64 öster­rei­chi­sche, 42 unga­ri­sche, 73 ita­lie­ni­sche und 29 spa­ni­sche Kriegsgefangene.

Seit Som­mer 1941 war das Haupt­la­ger in Spassk zum Durch­gangs- und Laza­rett­la­ger für Kriegs­ge­fan­ge­ne, eine der größ­ten in der dama­li­gen Sowjet­uni­on. Von Hun­ger und Krank­heit geschwächt und ohne jede Ver­bin­dung zur Hei­mat, wur­de Pöllath schon zwei Mona­te spä­ter, am 5. Juni 1942, ins 1260 Kilo­me­ter ent­fern­te Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger Bas­ja­now­skij, Lager-Nr. 67, im Ural (UdSSR). Das deut­sche Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger Bas­ja­now­skij lag im Ural­ge­bir­ge, 300 Kilo­me­ter ent­fernt von Swerd­lowsk (heu­te Jeka­te­rin­burg), Kreis Nishn­ja­ja Sal­da. Aus­ge­legt auf 1000 Per­so­nen war es am 8. Mai 1942 zur Torf­ge­win­nung eröff­net wor­den. Fast aus­ge­stor­ben wur­den ab Mai 1942 die ersten Sta­lin­grad­ge­fan­ge­nen hier­her ver­legt. Weit nörd­lich von Sta­lin­grad waren die Kriegs­ge­fan­ge­nen in Eisen­bahn­wag­gons ver­la­den wor­den, um sie dann teils vie­le Wochen und Mona­te durch die Sowjet­uni­on in Arbeits- und Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger zu trans­por­tie­ren. Von den ankom­men­den Gefan­ge­nen aus Sta­lin­grad waren bereits bis zu 50 Pro­zent tot, so zitiert Veigl Heim­keh­rer­aus­sa­gen. Ein für 30 Per­so­nen aus­ge­leg­ter Wagon sei mit über 90 Gefan­ge­nen belegt wor­den. Beim Ein­tref­fen am Bestim­mungs­ort hät­ten oft nicht mehr als sechs Leu­te den Wagon lebend ver­las­sen. Sie ver­star­ben auf dem Trans­port an den Stra­pa­zen. Die Toten wur­den aus­ge­la­den und in einen angren­zen­den Wald in ein Mas­sen­grab ver­scharrt. Die­ser Wald wur­de von den Rus­sen „Nime­tz­ki Gorot“ (Deut­sche Stadt) genannt.“

Die Gefan­ge­nen, die über­lebt hät­ten, hät­ten sich zu zwölf Stun­den Arbeit und mehr täu­schen las­sen in der Hoff­nung auf eine Ver­bes­se­rung der schlech­ten Ver­pfle­gung und einer Ent­loh­nung, so Heim­keh­rer­aus­sa­gen weiter.

Hier wur­de Pöllath am 15. Novem­ber 1942, so die Regi­strier­ak­te, wegen sei­ner Krank­heit und sei­ner schlech­ten kör­per­li­chen Ver­fas­sung zur Behand­lung ins Laza­rett, Lage­r­ab­tei­lung 5/67, ver­legt. Dia­gno­se: Lun­gen-Tuber­ku­lo­se und Pel­la­gra, eine auf Vit­amin B3 Man­gel zurück­zu­füh­ren­de Hyper­vit­ami­no­se, meist als Fol­ge einer Unter- und Fehl­ernäh­rung. Sie­ben Mona­te nach der Ein­lie­fe­rung ins Laza­rett, am 26. Juni 1943, ver­starb Josef Pöllath, so die Ein­tra­gung in der Regi­strier­ak­te, „bei Auf­tre­ten eines Fal­les von Herz­schwä­che infol­ge der Lun­gen-Tuber­ku­lo­se“. Noch am glei­chen Tag wur­de er auf dem Lager­fried­hof in Bas­ja­now­skij 2,5 Meter tief „in eine Gru­be hin­ab gelas­sen … mit dem Kopf nach Osten“. Auf sein Grab setz­te man eine Säu­le mit der Auf­schrift: „Matri­ku­la­ti­on-Nr. 97, Pers. Akte Nr. 629.“ Ob sein Grab heu­te noch besteht, so Veigl, sei eher unwahr­schein­lich. Josef Pöllath konn­te im Rah­men der Umbet­tungs­ar­bei­ten durch den Volks­bund Deut­sche Kriegs­grä­ber­für­sor­ge bis heu­te noch nicht gebor­gen wer­den. Eine Über­füh­rung der sterb­li­chen Über­re­ste auf die Kriegs­grä­ber­stät­te in Duchowsch­tina war somit lei­der nicht mög­lich. Ob der Volks­bund Josef Pöllath jemals fin­den wird?

Zur Per­son:

Josef Pöllath. Bild: repro Wolfgang Hübner

Josef Pöllath. Bild: repro Wolf­gang Hübner

Josef Pöllath wur­de am 13. Juni 1913 in Zinst, Gemein­de Kul­main, gebo­ren. Er besuch­te von 1919 bis 1927 die Schu­le in Kul­main. Danach arbei­te­te er in der Land­wirt­schaft sei­nes Vaters. Im Jahr 1920 erb­te sein Vater Josef das land­wirt­schaft­li­che Anwe­sen in Göpp­manns­bühl, aus dem sei­ne Groß­mutter stamm­te. Seit­dem ist die Fami­lie Pöllath in Göpp­manns­bühl am Bach 11 sess­haft. Josef Pöllath jun. war als Hof­er­be auf dem land­wirt­schaft­li­chen Anwe­sen sei­ner Eltern vor­ge­se­hen. Er gehör­te zuerst in der ersten Jah­res­hälf­te 1939 dem 4. Ersatz-Infan­te­rie-Regi­ment 85, Deg­gen­dorf an. Am 26. August 1939 wur­de der 26-jäh­ri­ge Bau­ern­sohn Josef Pöllath zum Kriegs­dienst in der ach­ten Kom­pa­nie des 481. Infan­te­rie-Regi­ments ein­ge­zo­gen. 30 Jah­re, ledig, ist er vier Jah­re spä­ter gestor­ben am 26. Juni 1943 im Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger Bas­ja­now­skij im UraI/​UdSSR und wur­de auf dem Lager­fried­hof Bas­ja­now­skij beer­digt. Ver­misst gemel­det war er seit 29. Okto­ber 1941 bei Buko­wo / Russ­land. Pöllath trug die Erken­nungs­mar­ke ‑97- 8.M.G./lnf. Rgt. 481. Pöllath erhielt am 11.11.1940 das Kriegs­ver­dienst­kreuz 2. Klas­se mit Schwer­tern. Der Ster­be­fall wur­de am 5. Sep­tem­ber 1997 beim Stan­des­amt der Gemein­de Spei­chers­dorf unter der Num­mer 16/1997 beur­kun­det. wh

Josef Pöllath galt seit 29. Okto­ber 1941 als ver­misst. Sei­ne Eltern Josef Pöllath (Land­wirt) und Anna Pöllath, gebo­re­ne Mol­ler, Göpp­manns­bühl am Bach 11, soll­ten den Ver­bleib ihres Soh­nes zu Leb­zei­ten nicht mehr erfah­ren, so Veigl. Erst im Mai 1997 bekam Johann Pöllath aus Göpp­manns­bühl Post vom Deut­schen Roten Kreuz in Mün­chen. In die­sem Brief vom 20. Mai stand, „dass Josef Pöllath am 26. Juni 1943 auf dem Gebiet der ehe­ma­li­gen UdSSR ver­stor­ben ist. Wir bedau­ern, die­se Nach­richt, die auch nach so vie­len Jah­ren für Sie schmerz­lich sein wird, über­mit­teln zu müs­sen. Wir sind jedoch sicher, dass sie auch als Befrei­ung von einer lang­jäh­ri­gen Unge­wiss­heit emp­fun­den wird.“ In einem wei­te­ren Schrei­ben vom 18. August 1997 wur­de den Ange­hö­ri­gen mit­ge­teilt, „dass Josef Pöllath in der Kriegs­ge­fan­gen­schaft in Bas­ja­now­skij (Ural)/UdSSR den Tod fand.“ Der Such­dienst des Deut­schen Roten Kreu­zes hat­te aus den Archiv­be­stän­den der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on auch die Akten deut­scher Kriegs­ge­fan­ge­ner erhal­ten, die auf dem Gebiet der frü­he­ren Sowjet­uni­on ver­stor­ben sind. Unter die­sen Unter­la­gen war auch die Per­so­nal­ak­te, die Regi­strier­ak­te Nr. 629, des ver­miss­ten Josef Pöllath aufgeführt.

Die Regi­strier­ak­te beflü­gel­te Hei­mat­for­scher Wer­ner Veigl, bei­spiel­haft für 1,1 Mil­lio­nen deut­sche Sol­da­ten, dem tra­gi­schen und tod­brin­gen­den Schick­sal des gebür­ti­gen Hai­den­a­aber in rus­si­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft nach­zu­ge­hen und des­sen Wer­de­gang nach­zu­zeich­nen. Ansatz­punkt und Aus­gangs­punkt sei­ner Recher­chen waren, dass Kriegs­ge­fan­ge­ne in der Sowjet­uni­on, so berich­tet Veigl, nach der Ein­lie­fe­rung ins Lager regi­striert und über sie eine Per­so­nal­ak­te ange­legt wur­de. Die Akten befin­den sich heu­te in Ver­wah­rung des Staat­li­chen Rus­si­schen Mili­tär­ar­chivs (RGVA) in Mos­kau. Mit Unter­stüt­zung der auch Rus­sisch beherr­schen­den Edel­traud Schlö­ger aus Göpp­manns­bühl konn­te er sie über­set­zen und für eine Ver­öf­fent­li­chung auf­be­rei­ten. Neben Auf­nah­me- und Todes­da­tum ent­hält sie einen umfang­rei­chen Fra­ge­bo­gen zu per­sön­li­chen Ver­hält­nis­sen, schu­li­scher Lauf­bahn, beson­de­re Kennt­nis­se, Aus­zeich­nun­gen, Vor­stra­fen, aber ins­be­son­de­re zur Chro­no­lo­gie sei­ner Mili­tär­lauf­bahn. Auf ihm gab Josef Pöllath an, dass der Vater „28 Hekt­ar Land, 2 Häu­ser, 6 Och­sen, 8 Kühe, 10 Schwei­ne, Pfer­de­dresch­ma­schi­ne, 2 S‑Setz-Maschi­nen, Mäh­ma­schi­ne, Kul­ti­va­tor“ besass. Als Beruf hat­te Pöllath „Brot­knecht“ ein­ge­tra­gen. Die Akte ent­hält Hin­wei­se zur Lager­ver­le­gung, zur Krank­heit im Laza­rett und Todes­ur­sa­che sowie zum Begräb­nis. Veigl hat aber auch anhand des Find­buchs „Orte des Gewahr­sams von deut­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen in der Sowjet­uni­on (1941–1956)“ Details zu Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­gern samt Plä­nen und ihren Fried­hö­fen recher­chiert. So fin­den sich Name und per­sön­li­che Daten von Josef Pöllath im Gedenk­buch der Kriegs­grä­ber­stät­te Duchowscht­schi­na, einer rus­si­schen Klein­stadt am Ran­de der Stadt Smolensk.

Hin­ter­grund:

Zwi­schen 1941 und 1945 gerie­ten unge­fähr 3,15 Mil­lio­nen Sol­da­ten der Wehr­macht in sowje­ti­sche Kriegs­ge­fan­gen­schaft und wur­den in Zwangs­ar­beits­la­gern als bil­li­ge Arbeits­kräf­te aus­ge­beu­tet. Etwa 1,1 Mil­lio­nen deut­sche Gefan­ge­ne kamen dabei ums Leben. Ent­kräf­tet von den Gefan­ge­nen­mär­schen, aus­ge­mer­gelt von Krank­hei­ten, Ver­wun­dun­gen, Erfrie­run­gen, sowie man­geln­de Ver­pfle­gung, Arbeits­be­din­gun­gen und Kli­ma lag die Ster­be­ra­te bei 65 bis 70 Prozent.

Im Ver­lauf des Jah­res 1950 kehr­ten 36710 deut­sche Kriegs­ge­fan­ge­ne und Inter­nier­te in die Hei­mat zurück. Mit­te 1951 waren noch etwa 21000 Kriegs­ge­fan­ge­ne und Inter­nier­te in den Lagern und Spe­zi­al­la­za­ret­ten ver­blie­ben. Im Ver­lauf des Jah­res 1952 wur­den 796 Kriegs­ge­fan­ge­ne repa­tri­iert (in die Hei­mat ent­las­sen), 14945 Kriegs­ge­fan­ge­ne und 1459 inter­nier­te Deut­sche ver­blie­ben immer noch in den sowje­ti­schen Lagern. Im Jahr 1955 bei der „Heim­kehr der Zehn­tau­send“ wur­den die letz­ten 9626 ver­ur­teil­ten Deut­schen in die Hei­mat ent­las­sen. Auch hier erreich­te die Eltern kein Lebens­zei­chen. Die Weih­nachts­fe­ste gehen in der Ver­zweif­lung der Mut­ter unter. Sie war eine star­ke Frau, aber das hat sie nicht geschafft, dass sie die Trau­er an einem die­ser Trä­nen­ta­ge zurück­hält. Gera­de um Weih­nach­ten kamen die Bil­der immer wie­der vor Augen, als sich Josef ver­ab­schie­de­te. Nie­mand konn­te ahnen, dass es ein Abschied für immer war. Am schlimm­sten ist die­ses ohn­mäch­tig machen­de Gefühl der Unge­wiss­heit. „Man erfährt nichts, man weiß nichts, man war­tet, es kommt nichts“, so Veigl. Ein Ver­miss­ten­schick­sal ist eigent­lich schlim­mer als der Tod. Die Mut­ter Anna Pöllath, geb. Mol­ler, stirbt am 12. April 1964 im Alter von 76 Jah­ren. Auch der Vater (1883–1978), der 95 Jah­re alt wer­den soll­te, hat­te nie die Hoff­nung auf­ge­ge­ben, dass sein Sohn wie­der aus dem Krieg heim­kom­men wür­de, so Hei­mat­for­scher Wer­ner Veigl.