Info­abend der Wald­be­sit­zer­ver­ei­ni­gung Frän­ki­sche Schweiz in Hartenreuth

Wenn ich wüss­te, dass mor­gen die Welt unterginge,…

Infoveranstaltung Waldumbau in Wölm, Bildquelle: Matthias Jessen

Info­ver­an­stal­tung Wald­um­bau in Wölm, Bild­quel­le: Mat­thi­as Jessen

Die Wald­be­sit­zer­ver­ei­ni­gung Frän­ki­sche Schweiz hat­te zu ihrem für die­ses Jahr letz­ten Info­abend nach Har­ten­reuth eingeladen.

Wald­um­bau­of­fen­si­ve 2030

Die Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen, die in Zusam­men­ar­beit mit der Baye­ri­schen Forst­ver­wal­tung durch­ge­führt wur­den, ver­folg­ten im Rah­men der Wald­um­bau­of­fen­si­ve 2030 das Ziel, den Wald­be­sit­zern Ant­wor­ten für die bereits durch die Kli­ma­kri­se ver­ur­sach­ten Schä­den in den Wäl­dern aufzuzeigen.

Über 50 Wald­be­sit­zer aus den Land­krei­sen Forch­heim und Bay­reuth waren der Ein­la­dung an die­sem Abend gefolgt. Zu Fuß und mit dem Rad mach­ten sie sich auf in den Wald von Chri­sti­an Kalb. „Ein Wald, der prak­tisch nicht mehr exi­stent ist“, wie Mat­thi­as Kraft, Geschäfts­füh­rer der Wald­be­sit­zer­ver­ei­ni­gung Frän­ki­sche Schweiz e.V. (WBV) fest­stell­te. Stür­me und Bor­ken­kä­fer­fraß haben ihn ver­nich­tet. Eine abge­räum­te Flä­che zeig­te sich den Wald­be­sit­zern. Ohne Auf­wuchs und Naturverjüngung.

Die Jagd ist in der Pflicht!

Forst­amts­rat Mat­thi­as Jes­sen, vom Amt für Ernäh­rung, Land­wirt­schaft und For­sten Bam­berg, ver­wies auf eine vom Reh­wild abge­bis­se­ne Distel vor sei­nen Füßen und mahn­te, dass nun die Jagd in der Pflicht sei, den geschä­dig­ten Wald­be­sit­zern zu hel­fen. „Wenn die Rehe schon Disteln fres­sen müs­sen, dann haben Baum­säm­li­ge kei­ne Chan­ce zu Bäu­men her­an zu wach­sen!“ Dass Zäu­ne kei­ne Lösung sind, berich­te­te auch der 2. Vor­sit­zen­de der WBV, Heinz Pöhl­mann. „In mei­nem Zaun neben­an sind immer wie­der Rehe. Ich habe alles ver­sucht. Zwi­schen den Zaun­pfo­sten habe ich nun Bau­stahl ein­ge­schla­gen. Doch immer wie­der sind Rehe ein­ge­drun­gen. Ein­mal sogar sei­en ihm zwei rie­si­ge Wild­schwei­ne im Zaun begeg­net, die ihm in aller Ruhe mit ihren klei­nen Frisch­lin­gen ein­fach in ein ande­res Zauneck sei­nes zwei Hekt­ar gro­ßen Zauns aus­ge­wi­chen sind.“ Das The­ma Jagd erzürn­te die Anwe­sen­den zuse­hend. Alle wuss­ten ihre Geschich­ten zu erzäh­len und beschwer­ten sich über die Jäger, die nicht für den Wald jagen. „Habt ihr auf dem Weg hier­her einen Hoch­sitz gese­hen?“ frag­te Heinz Pöhl­mann. „Was tun also die Jäger für unse­re Wälder?“

„Mit wel­chen Baum­ar­ten wol­len Sie die Flä­che wie­der auf­for­sten?“ – frag­te Jes­sen dann den Wald­be­sit­zer Chri­sti­an Kalb. Dass er sich schon von meh­re­ren För­stern habe bera­ten las­sen. Aber noch immer nicht die Zeit gefun­den habe, sich um den Wald zu küm­mern, war die Ant­wort. Es war ihm gera­ten wor­den, min­de­stens vier ver­schie­de­ne Baum­ar­ten auf die Flä­che zu pflan­zen. Dabei waren Kir­sche, Ahorn, Dou­gla­sie und Rot­bu­che im Gespräch gewe­sen. Jetzt ent­brann­te unter den Wald­be­sit­zern eine rege Dis­kus­si­on über das Für und Wider der ver­schie­de­nen Baumarten.

Wenn ich wüss­te, dass mor­gen die Welt unterginge,…

„Wenn das Ziel, die Erwär­mung der Erde auf 2°C zu begren­zen noch erreicht wer­den kann“, so ant­wor­te­te ihm Jes­sen, „dann sei­en die genann­ten Baum­ar­ten sicher eine gute Wahl! Anbie­ten wür­den sich dann noch eine gan­ze Men­ge ande­rer, wie zum Bei­spiel Els­bee­re, Spei­er­ling, Berg­ul­me, Wild­obst… – Luther soll ein­mal gesagt haben: „Wenn ich wüss­te, dass mor­gen die Welt unter­gin­ge, wür­de ich heu­te noch ein Apfel­bäum­chen pflan­zen.“ „Wenn ich wirk­lich wüss­te“, mein­te Jes­sen wei­ter, „dass die Mensch­heit es schafft, das Pari­ser Kli­ma­ziel zu errei­chen, dann wür­de ich es wie Luther machen! Wenn es aber nicht gelingt, und vie­le Wis­sen­schaft­ler reden schon von 4 ‑5 °C glo­ba­ler Erwär­mung“, so Jes­sen, „dann wäre es scha­de für die Arbeit!“

„Wir För­ster haben kei­ne Ant­wor­ten mehr“

„Bei einer glo­ba­len Erwär­mung von nur 4° C hät­ten wir in Bay­ern einen Anstieg der Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur um 8°C auf fast 16°C. Dann wird es, wie jetzt im Tschad, nicht mehr reg­nen und wir haben in Euro­pa kei­ne Baum­art, die mit einem Kli­ma, wie es in Zen­tral­afri­ka heu­te herrscht, zu Recht käme. Ich stün­de dann mit lee­ren Hän­den da und wir För­ster hät­ten dann kei­ne Ant­wor­ten mehr auf Ihre Fra­gen!“ mahn­te Jessen.

Wir wol­len aber auf ein gutes Ende hof­fen und uns auf die Suche nach Ant­wor­ten bege­ben und haben im Nach­bar­wald von Heinz Pöhl­mann eine mög­li­che Ant­wort gefunden!

„Hier stand ein­mal ein 130 Jah­re alter Wald“

Im 200 m ent­fernt gele­ge­nen Wald von Heinz Pöhl­mann stan­den die Teil­neh­mer dann inmit­ten einer umzäun­ten, 2 Hekt­ar gro­ßen, Forst­kul­tur. Seit 2015 hat Pöhl­mann hier jedes Jahr 1500 Pflan­zen gepflanzt. 15 ver­schie­de­ne Baum­ar­ten sind es bis­her ins­ge­samt. Und es sol­len noch mehr wer­den! Ange­fan­gen habe die Wald­nut­zung aber 1980, erin­nert er sich an die Wor­te sei­nes Vaters. Mit Schnee­bruch. Er sei von der Kind­heit an von sei­nem Vater an den Wald her­an­ge­führt wor­den. „Der Wald ist die Spar­kas­se des Wald­be­sit­zers!“ habe der ihm immer wie­der anver­traut! Als Pöhl­mann dann aber der allei­ni­ge Besit­zer des Wal­des gewe­sen sei, habe er sich gefragt, war­um man den Wald mit Bäu­men von über einem Meter Durch­mes­ser nicht ern­ten sol­le. „Ein Getrei­de­acker wer­de doch auch geern­tet“, habe er sei­nen Nach­barn geant­wor­tet, die ihn damals bei der Holz­ern­te ver­spot­te­ten: „Der hat es nötig, der braucht Geld“! hat­ten sie spe­ku­liert. „Hier stand ein­mal ein 130 Jah­re alter Wald“ ruft Pöhl­mann, auf einem rie­si­gen Baum­stumpf ste­hend, den Teil­neh­mern zu und zeigt Fotos von damals.

„Ich bin glück­lich, dass ich geern­tet habe!“

Von dem alten Wald zeu­gen nur noch die mäch­ti­gen Baum­stümp­fe. „Der Heinz hat zum rich­ti­gen Zeit­punkt Holz gemacht“, meint Mat­thi­as Kraft. „Denn heu­te und wahr­schein­lich, bis die letz­te Fich­te und Kie­fer in Mit­tel­eu­ro­pa von der Kli­ma­kri­se ver­drängt ist, ist der Preis für das Holz im Kel­ler. Wie oft haben wir dar­um gewor­ben, dass die Wald­be­sit­zer ihr Holz ver­mark­ten sollen!“

Risi­ko streuen

In der rie­si­gen Flä­che ste­hen weit ver­teilt, in ver­schie­de­nen Grö­ßen, die Bäu­me des neu­en Wal­des, der er ein­mal wer­den soll. „Die Wald­be­sit­zer pflan­zen heu­te für die Zukunft, in eine Zukunft, die sie nicht ken­nen“, meint Tho­mas Sieg. „Ein Land­wirt, der heu­te sieht, dass es im Kli­ma­wan­del zu warm gewor­den ist, für die eine Sor­te Getrei­de, der kann sofort reagie­ren und im näch­sten Jahr eine wider­stands­fä­hi­ge­re Sor­te pflan­zen. Wir Wald­bau­ern aber tref­fen Ent­schei­dun­gen, die bei der Pflan­zung von Eichen sogar über mehr als 200 Jah­re pas­sen müs­sen. Denn Eichen wer­den oft erst im Alter von über 200 Jah­ren geern­tet.“ „Und weil ich nicht weiß, was kom­men wird“, ant­wor­tet Pöhl­mann, „habe ich das Risi­ko gestreut. Auf vie­le Baum­ar­ten und bunt gemischt, so dass beim Aus­fall der einen Baum­art auch immer noch eine ande­re dort ste­hen wird.“

„Bio­di­vers ist die Devise“

Dazu möch­te dann abschlie­ßend auch Jes­sen ermun­tern: „Unse­re Ant­wort auf die Fra­ge, wie es mit den Wäl­dern in der Zukunft wei­ter gehen soll, kann nur sein, das Risi­ko zu streu­en! Sei­en Sie ver­schie­den! Pro­bie­ren Sie alles aus! Pflan­zen Sie jeder einen ande­ren Wald! Ver­schie­den sein ist mein Rat! Bio­di­vers ist die Devi­se! Aber ver­lie­ren Sie nicht den Mut! Han­deln ist jetzt ange­sagt! Pflan­zen Sie den neu­en Wald der Zukunft!“

Autor: Forst­amts­rat Mat­thi­as Jes­sen, Amt für Ernäh­rung, Land­wirt­schaft und For­sten, Bamberg