Armuts­ri­si­ko für 11.700 Teil­zeit- und Mini­job­ber im Kreis Kulmbach

In Ober­fran­ken ist jeder sieb­te Haus­halt von Armut bedroht

Arm trotz Arbeit: Ein gro­ßer Teil der 11.700 Men­schen, die im Land­kreis Kulm­bach nur einen Teil­zeit- oder Mini­job haben, ist nach Ein­schät­zung der Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) von Erwerbs­ar­mut bedroht – auch weil immer weni­ger Fir­men in der Regi­on nach Tarif zah­len. „Ins­be­son­de­re Frau­en, die halb­tags oder nur ein­zel­ne Tage in der Woche arbei­ten, fehlt am Monats­en­de das nöti­ge Geld. Für vie­le Fami­li­en im Kreis ist ein Kino­be­such oder ein neu­er Schul­ran­zen längst zum Luxus gewor­den“, sagt Micha­el Grundl von der NGG Ober­fran­ken mit Blick auf aktu­el­le Zah­len des Sta­ti­sti­schen Bun­des­amts. Danach ist jeder sieb­te Haus­halt (13,9 Pro­zent) im Regie­rungs­be­zirk armuts­ge­fähr­det. Als armuts­ge­fähr­det gilt, wer weni­ger als 60 Pro­zent des durch­schnitt­li­chen Ein­kom­mens zur Ver­fü­gung hat.

Gewerk­schaf­ter Grundl warnt vor einer „Schief­la­ge in der Gesell­schaft und am Arbeits­markt“. Es kön­ne nicht sein, dass sich Tau­sen­de nöti­ge Din­ge des All­tags nicht mehr lei­sten könn­ten. „Dafür haben aber auch die Arbeit­ge­ber eine Mit­ver­ant­wor­tung. Wer sich um Tarif­ver­trä­ge drückt und auf pre­kä­re Jobs statt Voll­zeit­stel­len setzt, der sorgt für mage­re Lohn­zet­tel“, kri­ti­siert der NGG-Geschäfts­füh­rer. So kommt eine Teil­zeit­kraft, die 25 Wochen­stun­den in einer Bäcke­rei oder Flei­sche­rei arbei­tet, die nicht nach Tarif zahlt, auf einen Ver­dienst von durch­schnitt­lich rund 1.000 Euro brut­to im Monat. Die Armuts­gren­ze für eine Fami­lie mit zwei Kin­dern liegt nach amt­li­cher Defi­ni­ti­on hin­ge­gen bei aktu­ell 2.174 Euro pro Monat – netto.

„Längst nicht nur Allein­er­zie­hen­de, son­dern zuneh­mend auch Dop­pel­ver­die­ner haben Schwie­rig­kei­ten, über die­se Gren­ze zu kom­men. Die Leid­tra­gen­den sind oft die Kin­der“, so Grundl. Nach einer Stu­die des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­bands ste­hen den ärm­sten zehn Pro­zent der Paar­haus­hal­te ledig­lich 44 Euro monat­lich pro Kind für Frei­zeit, Sport und Kul­tur zur Ver­fü­gung. Bei einer durch­schnitt­li­chen Fami­lie sind es 123 Euro, bei den reich­sten zehn Pro­zent 257 Euro.

Die NGG Ober­fran­ken ruft Betrie­be in der Regi­on dazu auf, sich zu tarif­li­chen Stan­dards und voll­wer­ti­gen Arbeits­plät­zen zu beken­nen. Nur so kön­ne Armut „an der Wur­zel gepackt“ wer­den. Aber auch die Poli­tik sei viel stär­ker gefor­dert. „Das neue Bil­dungs- und Teil­ha­be­ge­setz ist ein Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung, reicht aber nicht“, betont Grundl. Nach dem Gesetz gibt es für Kin­der in Hartz-IV-Fami­li­en und Gering­ver­die­ner-Haus­hal­ten seit August einen Zuschuss von 150 Euro pro Schul­jahr – etwa für Bücher oder Lern­soft­ware. Bis­her waren es 100 Euro. Wer Wohn­geld oder Kin­der­zu­schlag bezieht, ist von Kita-Gebüh­ren befreit.