Josef Has­ler, Vor­stands­vor­sit­zen­der der N‑ERGIE: „Alter­na­ti­ven zu HGÜ-Tras­sen prüfen“

MBI Ener­gy Dai­ly berich­tet, dass der Bau der geplan­ten Über­tra­gungs­net­ze ins Stocken gera­ten sei: Von den geplan­ten 7.700 Kilo­me­tern sei­en aktu­ell erst 1.100 Kilo­me­ter fer­tig erstellt und 5.900 Kilo­me­ter noch nicht genehmigt.

Josef Hasler, Vorstandsvorsitzender der N-ERGIE

Josef Has­ler, Vor­stands­vor­sit­zen­der der N‑ERGIE

„Fälsch­li­cher­wei­se wird der Aus­bau der HGÜ-Tras­sen als Vor­aus­set­zung für eine erfolg­rei­che Ener­gie­wen­de inter­pre­tiert“, erklärt Josef Has­ler, Vor­stands­vor­sit­zen­der der N‑ERGIE Akti­en­ge­sell­schaft. „Dabei ist mit dem blo­ßen Strom­trans­port noch kei­ne ein­zi­ge Kilo­watt­stun­de erzeugt. Ein beherz­ter Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien dort, wo der Strom auch gebraucht wird, ist ein Bei­trag zum Kli­ma­schutz und macht den Bau von Gleich­strom­tras­sen weit­ge­hend obsolet.“

Renom­mier­te For­schungs­ein­rich­tun­gen und Think Tanks, wie etwa Ago­ra, dena oder Pro­g­nos plä­die­ren auf der Grund­la­ge ihrer Stu­di­en für eine dezen­tral orga­ni­sier­te und alle Sek­to­ren ein­be­zie­hen­de Energiewende.

Im Netz­ge­biet der N‑ERGIE bei­spiels­wei­se wur­den 2018 gut 8 Mrd. Kilo­watt­stun­den (kWh) Strom ver­braucht. Knapp 5 Mrd. kWh davon und damit fast 60 Pro­zent stam­men aus der Regi­on: 4 Mrd. kWh wur­den in dezen­tra­len Photovoltaik‑, Wind­kraft- und Bio­mas­se­an­la­gen erzeugt, eine Mil­li­ar­de in dezen­tra­len Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK-)Anlagen.

„Annä­hernd 100 Pro­zent sind inner­halb weni­ger Jah­re zu rea­li­sie­ren. Denn die Men­schen sind nach wie vor bereit, sich für den Aus­bau erneu­er­ba­rer Ener­gien stark zu machen. Vor­aus­set­zun­gen dafür sind jedoch stim­mi­ge Rah­men­be­din­gun­gen: die rasche Erhö­hung der 52 Giga­watt-Decke­lung, die Bereit­stel­lung von Flä­chen sowie mone­tä­re Anrei­ze für mehr Bür­ger­be­tei­li­gung. Gegen die Bür­ger ist die Ener­gie­wen­de zum Schei­tern ver­ur­teilt“, sagt Hasler.

Beim Aus­bau erneu­er­ba­rer Ener­gien plä­diert er für Süd­deutsch­land, den Schwer­punkt auf Pho­to­vol­ta­ik zu set­zen. Die­se sei mit Erzeu-gungs­ko­sten unter 5 Cent pro kWh und einer Nut­zungs­dau­er von weit über 20 Jah­ren kon­kur­renz­los gün­stig. Eine Inve­sti­ti­on in die dezen­tra­le Erzeu­gung schaf­fe zudem Wert­schöp­fung in der jewei­li­gen Region.

Hohe Kosten und Dop­pel­in­ve­sti­tio­nen vermeiden

Wäh­rend der Aus­bau der Über­tra­gungs­net­ze schlep­pend ver­läuft, galop­pie­ren die Kosten davon: Belief sich die Kosten­schät­zung vor zwei Jah­ren noch auf rund 33 Mrd. Euro, so liegt sie aktu­ell bei gut 60 Mrd. „Ange­sichts wei­ter stei­gen­der Tief­bau­ko­sten kön­nen wir für die um 2030 fer­tig gestell­ten Tras­sen von rund 100 Mrd. Euro aus­ge­hen“, betont Has­ler. Unter Zugrun­de­le­gung der Rechen­me­cha­nik der Bun­des­netz­agen­tur und Berück­sich­ti­gung der Abschrei­bungs­ko­sten ergä­ben sich für die kom­men­den 40 Jah­re jähr­li­che Kosten in Höhe von über 5 Mrd. Euro – Kosten, die ins­be­son­de­re die Haus­hal­te und den Mit­tel­stand belasten.

Da die letz­ten Atom­kraft­wer­ke in drei Jah­ren und damit lan­ge vor der Fer­tig­stel­lung der Tras­sen vom Netz gehen, müss­ten zudem teu­re Zwi­schen­lö­sun­gen finan­ziert wer­den. „Die­se unnö­ti­gen Dop­pel­in­ve­sti­tio­nen zahlt der Strom­kun­de. Das schwächt die Akzep­tanz der Energiewende.“

„Die Regie­rung soll­te ihre Ver­en­gung auf den Strom­trans­port end­lich auf­ge­ben und tech­no­lo­gie­of­fen alter­na­ti­ve Lösungs­kon­zep­te prü­fen. Dabei soll­te die Fle­xi­bi­li­sie­rung von Erzeu­gung und Ver­brauch etwa durch Spei­cher oder Power-to‑X eine zen­tra­le Rol­le spie­len“, resü­miert Josef Hasler.