BUND Natur­schutz, Lan­des­bund für Vogel­schutz und Freun­des­kreis Natio­nal­park Stei­ger­wald for­dern umge­hend Taten für den kli­ma­kran­ken Wald

Ange­sichts der lan­des­wei­ten Dür­re­schä­den unter­strei­chen BUND Natur­schutz (BN), Lan­des­bund für Vogel­schutz (LBV) und Freun­des­kreis Natio­nal­park Stei­ger­wald ihre For­de­rung nach einem nut­zungs­frei­en Schutz­ge­biet im „Hohen Buche­nen Wald“ mit Erwei­te­rung um den Stoll­ber­ger Forst.

(Anmer­kung der Redak­ti­on: Sie­he dazu auch die Stel­lung­nah­me des Forst­be­triebs Ebrach)

Stark aufgelichtetes Kronendach durch forstliche Baumentnahmen am Handthaler Südhang: Einzelne leidende Buchen überragen den Waldbestand, das Waldinnenklima ist gestört. Starke Auflichtung zur Förderung der Eiche führte bei zahlreichen Buchen im Forstbetrieb zu Sonnenbrand und Trockenschäden. Foto: Ulla Reck

Stark auf­ge­lich­te­tes Kro­nen­dach durch forst­li­che Baum­ent­nah­men am Hand­tha­ler Süd­hang: Ein­zel­ne lei­den­de Buchen über­ra­gen den Wald­be­stand, das Wald­in­nen­kli­ma ist gestört. Star­ke Auf­lich­tung zur För­de­rung der Eiche führ­te bei zahl­rei­chen Buchen im Forst­be­trieb zu Son­nen­brand und Trocken­schä­den. Foto: Ulla Reck

Die Buche ist in Euro­pa hei­misch und kri­sen­er­probt, sie gilt im Kli­ma­wan­del auf vie­len Stand­or­ten – auch im Stei­ger­wald – als Baum­art der Zukunft. Die Bäu­me lei­den klar erkenn­bar am stärk­sten auf trocke­nen Stand­or­ten, wie dem Hand­tha­ler Süd­hang. Ver­schärft wird dies aber durch forst­li­che Maß­nah­men, die das Wald­in­nen­kli­ma stö­ren. Forst­wis­sen­schaft­ler und Vor­sit­zen­der des BUND, Hubert Wei­ger, betont: „Natur­wäl­der haben ein feuch­te­res, küh­le­res Wald­in­nen­kli­ma, weil die hohe Struk­tur­viel­falt die Hit­ze abhält und das Kro­nen­dach nicht stän­dig durch Baum­ent­nah­men auf­ge­ris­sen wird. Sie kön­nen im Ver­gleich zu Wirt­schafts­wäl­dern grö­ße­re Was­ser­men­gen spei­chern, weil kei­ne ton­nen­schwe­ren Forst­ma­schi­nen den Wald­bo­den befah­ren, den Was­ser­spei­cher ver­dich­ten und damit die Was­ser­spei­cher­fä­hig­keit redu­zie­ren. Dies pas­siert im Wirt­schafts­wald der Baye­ri­schen Staats­for­sten auf ca. 15–20 Pro­zent der Flä­che. Im Wirt­schafts­wald fließt der Regen oft schnell aus dem Wald, weil er über boden­ver­dich­te­te Rücke­gas­sen und Grä­ben abge­lei­tet wird, die Hoch­was­ser­ge­fahr steigt.“

Der Nord­stei­ger­wald wur­de als welt­na­tur­er­be­wür­dig ein­ge­stuft. Hier muss laut BN-Vor­sit­zen­den Richard Mer­gner umge­hend ein grö­ße­res nut­zungs­frei­es Schutz­ge­biet in der wert­voll­sten Kern­flä­che aus­ge­wie­sen wer­den: „Gera­de im Wald­ster­ben 2.0 brau­chen wir neben mas­si­ven Hil­fen für die beson­ders betrof­fe­nen Pri­vat­wald­be­sit­zer auch unge­nutz­te Wild­nis­flä­chen als Refe­renz­ge­bie­te, die zei­gen, wie hei­mi­sche Baum­ar­ten mit der Kli­ma­kri­se umge­hen kön­nen. Alles ande­re ist poli­ti­sches Ver­sa­gen in Zei­ten einer Kri­se, die sofor­ti­ges Han­deln und Weit­blick verlangen.“

Hel­mut Beran, Geschäfts­füh­rer des LBV, betont: „Natur­wäl­dern kommt eine zen­tra­le Rol­le zu. Denn dort kön­nen unge­stört Anpas­sungs­pro­zes­se ablau­fen, die uns zei­gen, wel­che Baum­ar­ten dem Kli­ma­wan­del stand­hal­ten. Der LBV for­dert daher wei­te­re nut­zungs­freie Groß­schutz­ge­bie­te im Laub­wald, wie dem Stei­ger­wald und dem Spessart“.

Dem gestress­ten Wald muss jetzt durch wir­kungs­vol­le Geset­ze zum Kli­ma­schutz und Ver­rin­ge­rung der Treib­haus­ga­se gehol­fen wer­den. Im Wirt­schafts­wald sind scho­nen­de­re Bewirt­schaf­tungs­me­tho­den wich­tig, wie gerin­ge­re Nut­zungs­men­gen, weni­ger Rücke­gas­sen und leich­te­re Forst­ma­schi­nen. Zen­tral ist auch, dass es nur so vie­le Rehe geben darf, dass die Mil­lio­nen aus­ge­sä­ter jun­ger Bäum­chen als „natür­li­che Ver­jün­gung“ selbst wach­sen kön­nen und nicht auf­ge­fres­sen wer­den. Das „Frei­stel­len“ von Buchen durch star­ke Durch­for­stung oder von Eichen, damit die­se mehr Licht bekom­men – wie es im Ebra­cher Forst jüngst auch in Tei­len des auf­ge­ho­be­nen Schutz­ge­biets prak­ti­ziert wur­de – ist in Zei­ten der Kli­ma­kri­se kon­tra­pro­duk­tiv. Es trock­net die Böden aus und setzt die Bäu­me stark der Hit­ze aus. Gera­de die Buche reagiert da emp­find­lich. Ein Blick in den Ebra­cher Forst zeigt, dass Buchen­wäl­der bei intak­tem Wald­in­nen­kli­ma Hit­ze und Trocken­heit in der Regel bes­ser über­ste­hen. Ein „Wald­um­bau“ ist in natur­na­hen Wald­ge­bie­ten, wie im Nord­stei­ger­wald, nicht nötig. In einem nut­zungs­frei­en Schutz­ge­biet kann her­vor­ra­gend beob­ach­tet wer­den, wel­che der vie­len Misch­baum­ar­ten sich je nach Boden- und Kli­ma­ver­hält­nis­sen durchsetzen.

Freun­des­kreis und BUND Natur­schutz for­dern daher ein Netz nut­zungs­freie Schutz­ge­bie­ten in den baye­ri­schen Staats­wäl­dern. Hier­bei haben die weni­gen noch bestehen­den Reste älte­rer Laub­misch­wäl­der, wie im Stei­ger­wald und Spes­sart, abso­lu­te Prio­ri­tät. Der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat dem Hohen Buche­nen Wald eine „zwei­fels­frei hohe Schutz­wür­dig­keit“ bestä­tigt. Bei Kar­tie­run­gen wur­de hier die gro­ße Anzahl von 7 600 Stark­bäu­me nach­ge­wie­sen. Die­se alt wer­den zu las­sen und nicht als Holz zu ver­kau­fen, wäre ein sicht­ba­res Zei­chen, dass im Staats­wald die Schutz­funk­tio­nen des Wal­des und das Gemein­wohl wirk­lich Vor­rang erhal­ten. Es wäre auch ein wich­ti­ges Signal zur Befrie­dung, denn der „Hohe Buche­ne Wald“ hat vie­le Freunde.

Der Natio­nal­park Hai­nich, der von Sei­ten der Natio­nal­park­kri­ti­ker als Argu­ment gegen den Nut­zen von Schutz­ge­bie­ten ange­führt wird, ist erst 22 Jah­re alt. Vor sei­ner Unter­schutz­stel­lung wur­de er im sog. „Groß­schirm­schlag“ mit Frei­stel­lung ein­zel­ner älte­rer Bäu­me bewirt­schaf­tet. Auch dort sind von der Dür­re vor allem Bäu­me auf trocke­nen Süd­west­hän­gen und sehr flach­grün­di­gen Stand­or­ten betrof­fen. Laut Natio­nal­park­lei­ter Man­fred Gross­mann sind wesent­lich weni­ger Buchen abge­stor­ben, als der Ver­ein „Unser Stei­ger­wald“ in der Pres­se behaup­tet. Bis Bewirt­schaf­tungs­fol­gen von der Natur kor­ri­giert sind, dau­ert es im Wald Jahrhunderte.

In den Stei­ger­wäl­der Natur­wald­re­ser­va­ten „Wald­haus“ und „Brunn­stu­be“ hat die Natur in den letz­ten Jah­ren Licht­lücken durch Stür­me und Zusam­men­bruch von Alt­bäu­men geschaf­fen. Dafür geht es dem Wald dort sehr gut.

Der Forst­be­trieb Ebrach könn­te als „Kli­mala­bor“ für die Zukunft wich­ti­ge Erkennt­nis­se brin­gen, indem eine Hälf­te wei­ter scho­nend bewirt­schaf­tet und der Koh­len­stoff bin­den­de Holz­vor­rat durch Ver­rin­ge­rung der Ein­schlags­men­ge ver­grö­ßert und die ande­re Hälf­te im Natio­nal­park der Natur über­las­sen wird.

Zusatz­in­fo:

Natur­wäl­der sind „Kli­ma­wäl­der“, sie kön­nen mehr Koh­len­stoff spei­chern, weil sie wesent­lich mehr Bäu­me und Tot­holz ent­hal­ten und Koh­len­stoff über Jahr­hun­der­te im Boden ver­bleibt. Sie sind „Hüter der Arten­viel­falt“, denn sie bie­ten wert­vol­len Lebens­raum für Arten, die im Wirt­schafts­wald vom Aus­ster­ben bedroht sind. Von Natur­wäl­dern ler­nen wir, wie sich der Wald in Kri­sen selbst hel­fen kann. Dies ist wich­tig für den Wald­bau der Zukunft, um künf­tig Feh­ler zu vermeiden.