Aus­stel­lung in Bam­berg zeigt Tafel­sil­ber der Bam­ber­ger Fürst­bi­schö­fe und erläu­tert Nut­zungs­ge­schich­te der Neu­en Residenz

Ein Schatz zurück aus München

Am Bam­ber­ger Dom­berg vor der Neu­en Resi­denz flat­tert die­ser Tage mehr­fach ein über­le­bens­gro­ßer adret­ter, kühn fri­sier­ter Jüng­ling in blau­er Uni­form im Wind. Otto von Grie­chen­land, der Wit­tels­ba­cher Prinz und seit 1832 erster König Grie­chen­lands nach Jahr­hun­der­ten der tür­ki­schen Besat­zung, wirbt für die noch bis zum 22. Sep­tem­ber dau­ern­de Son­der­aus­stel­lung „Maje­stä­ten Königs­kin­der Ver­fas­sungs­vä­ter“. Hin­ter dem Namen der Aus­stel­lung (Unter­ti­tel „Die Neue Resi­denz im Lan­gen 19. Jahr­hun­dert“) ver­birgt sich ein wah­rer Schatz für Kunst­lieb­ha­ber und erst recht für Franken.

Die Neue Resi­denz in Bam­berg ist ein zwi­schen 1604 und 1704 in zwei Bau­ab­schnit­ten ent­stan­de­ner Pracht­bau gegen­über dem Bam­ber­ger Dom. Von 1696 bis 1704 ver­wan­del­te der Hof­bau­mei­ster Leon­hard Dient­zen­ho­fer im Auf­trag des Fürst­bi­schofs Lothar Franz von Schön­born die Resi­denz durch hin­zu­fü­gen zwei­er groß­ar­ti­ger Gebäu­de­flü­gel in eine barocke Palast­an­la­ge. Sie ent­stand eini­ge Jahr­zehn­te vor ihrem Würz­bur­ger Gegen­stück, steht hoch über der Alt­stadt im Zen­trum des UNESCO Welt­erbes Bam­berg und umschließt den welt­be­rühm­ten Rosengarten.

Sinn und Zweck der von Seba­sti­an Kar­natz, Muse­ums­re­fe­rent bei der Baye­ri­schen Schlös­ser­ver­wal­tung, kura­tier­ten Aus­stel­lung ist es, einen Über­blick über die Nut­zungs­ge­schich­te des wohl wich­tig­sten Bam­ber­ger Herr­schafts­ge­bäu­des vom Ende des 18. Jahr­hun­derts bis zu den Revo­lu­ti­ons­wir­ren des Jah­res 1919 zu geben.
Den Aus­stel­lungs­ma­chern ist es dabei gelun­gen, über 200 Jah­re nach der von so man­chem Fran­ken als kul­tu­rel­lem Raub­zug emp­fun­de­nen Säku­la­ri­sie­rung, bedeu­ten­de Tei­le des Tafel­sil­bers des auch in Würz­burg regie­ren­den Fürst­bi­schofs Adam Fried­rich von Seins­heim (1708 ‑1779) für eini­ge Mona­te von Mün­chen wie­der nach Bam­berg zu bringen.

Die Tafel­pre­zio­sen ste­chen mit ihrem mate­ri­el­len wie künst­le­ri­schen Wert beson­ders her­vor, sind sie doch Wer­ke des 18. Jahr­hun­derts der berühm­ten Augs­bur­ger Juwe­lier­dy­na­stie Drent­wett. Die Leuch­ter stam­men aus der Werk­statt der eben­falls in Augs­burg ansäs­si­gen Sil­ber­schmie­de Hecken­au­er. Die Bam­ber­ger Fürst­bi­schö­fe wuss­ten sehr genau, wo man feinst bear­bei­te­tes Sil­ber­ge­rät ein­kauft mit dem man einen Staat machen kann. Das Fürst­bi­schöf­li­che Wap­pen oder Mono­gramm sucht man aller­dings ver­ge­bens, wur­de es doch jeweils mit einem könig­lich Baye­ri­schen Wap­pen über­deckt, bevor das Sil­ber für Jahr­hun­der­te in den Gewöl­ben der Münch­ner Resi­denz verschwand.

Die fürst­li­che Tafel dien­te nicht nur der schnö­den Nah­rungs­auf­nah­me des Bischofs und sei­ner Gäste, sie war ein Mit­tel­punkt des Zere­mo­ni­ells, ein Ort und eine Gele­gen­heit der fürst­li­chen Selbst­dar­stel­lung und manch­mal der Poli­tik. Gera­de auch die gezeig­te klei­ne Aus­wahl an exqui­si­tem Besteck aus den 1770er Jah­ren unter­streicht dies. Es wur­de teil­ver­gol­det in Sil­ber auf herr­lich fein bemal­te Por­zell­an­grif­fe geschraubt.

Doch nicht nur die ach so ein­neh­men­den Wit­tels­ba­cher oder gar „die Bay­ern“ an sich waren ursäch­lich für den Ver­lust die­ses Tafel­schat­zes, von dem nur noch etwa ein Drit­tel exi­stiert. In der Aus­stel­lung ist zu erfah­ren, dass schon Fürst­bi­schof Franz Lud­wig von Erthal in den 1790er Jah­ren wesent­li­che Tei­le des Sil­ber­ge­räts in Mün­zen umset­zen ließ, um die Bam­ber­ger Staats­kas­se zu füllen.

Acht Schau­räu­me beher­ber­gen aktu­ell man­che bis­her kaum bekann­ten Ein­blicke in die Nut­zungs­ge­schich­te der Neu­en Resi­denz. Da wird der von den Bay­ern einst rigo­ros gero­de­te Rosen­gar­ten der Resi­denz als Ten­nis­platz für das Prin­zen­paar gezeigt. Die fas­zi­nie­ren­de Prunk­wie­ge des in Bam­berg gebo­re­nen letz­ten Erb­prin­zen Luit­pold von Bay­ern ist zu sehen. Leo von Klen­zes Ide­al­an­sicht Athens ist im Ori­gi­nal vertreten.

Wei­te­re Königs­kin­der, die zwi­schen 1803 und 1902 die Resi­denz nutz­ten, waren auch Maxi­mi­li­an II. als Kron­prinz, sein Bru­der Otto von Grie­chen­land und Rup­p­recht, Erb­prinz von Bayern.

Letz­te­rem und sei­ner Ehe­frau Marie Gabrie­le haben weder Bam­berg noch die Resi­denz beson­ders zuge­sagt. Otto von Grie­chen­land und sei­ne Frau Ama­lie von Olden­burg hin­ge­gen haben sich, nach­dem sie eine Revo­lu­ti­on 1862 ins frän­ki­sche Exil trieb, offen­bar ganz gut im beschau­li­chen aber kul­tu­rell rei­chen Bam­berg ein­ge­lebt. Die Jah­re lang im Depot schlum­mern­den Prunk­waf­fen König Ottos von Grie­chen­land und sein aus dem Stadt­schloss in Athen – heu­te das grie­chi­sche Par­la­ment – stam­men­der Thron sind bemer­kens­wer­te Zeug­nis­se ihres Hof­le­bens in Bamberg.

Das lebens­gro­ße Staats­por­trät des letz­ten Baye­ri­schen Königs Lud­wigs III. häng­ten die Aus­stel­lungs­ma­cher sicher absicht­lich schräg an die Wand – ein Hin­weis auf die Schief­la­ge der Mon­ar­chie in ihren letz­ten Jah­ren vor dem Ersten Welt­krieg. Die­ses Groß­ereig­nis am Beginn des 20. Jahr­hun­derts streift die Aus­stel­lung mit bild­li­chen Hin­wei­sen auf die Nut­zung der Resi­denz als Lazarett.

Bam­berg, schon seit Jahr­hun­der­ten als katho­lisch gepräg­te Stadt mit lan­ger Reprä­sen­ta­ti­ons­tra­di­ti­on und schon 1919 via Stra­ßen, Schie­nen und Flug­platz gut von Mün­chen aus erreich­bar, bot sich der ersten frei gewähl­ten Regie­rung unter Mini­ster­prä­si­dent Johan­nes Hoff­mann als ein idea­ler frän­ki­scher Gegen­pol zum baye­ri­schen, roten, revol­tie­ren­den Mün­chen an. Ober­bür­ger­mei­ster Adolf Wäch­ter fass­te dies 1919 in die Wor­te: „Wir schwö­ren der Regie­rung Treue, stel­len uns rück­halt­los hin­ter sie, wol­len sie tat­kräf­tig unter­stüt­zen dar­in, den Bol­sche­wis­mus zu bekämp­fen, damit von Bam­berg aus der Gesun­dungs­pro­zess für ganz Bay­ern sei­nen Anfang neh­me.“ Es sind bemer­kens­wer­te Wor­te eines Bam­ber­gers, des­sen Stadt eini­ge hef­ti­ge Ein­schrän­kun­gen erleb­te, wie die Absper­rung und bewaff­ne­te Bewa­chung des Dom­bergs zum Schutz der Regie­rung und die Ein­quar­tie­rung hun­der­ter Poli­ti­ker und Beam­ter nicht zuletzt in Pri­vat­woh­nun­gen zahl­rei­cher Bür­ger. Die Bam­ber­ger Ver­fas­sung hat­te wäh­rend der gesam­ten Zeit der Wei­ma­rer Repu­blik Gültigkeit.

Den Besu­chern eröff­nen sich ins­ge­samt fas­zi­nie­ren­de Ein­sich­ten in das so genann­te „Lan­ge 19. Jahr­hun­dert“, das der Kura­tor von den 1770er Jah­ren mit dem Prunk lie­ben­den Fürst­bi­schof Adam Fried­rich von Seins­heim bis ins ent­beh­rungs­rei­che Jahr 1919 aus­zu­deh­nen sich erlaubt, als die Schloss­an­la­ge zum bis­her letz­ten Mal Wohn­sitz eines Staats­ober­haupts sowie ver­fas­sungs­ge­bä­ren­der Ort gewe­sen ist.

Die Aus­stel­lung funk­tio­niert aber nicht los­ge­löst vom Gebäu­de der Neu­en Resi­denz, das aktu­ell einer Gene­ral­sa­nie­rung unter­zo­gen wird und den­noch wei­ter besich­tigt wer­den kann. Die span­nen­den täg­li­chen Füh­run­gen durch die Prun­ka­part­ments bie­ten eine soli­de Grund­la­ge für das Ver­ständ­nis der Aus­stel­lung, die wie­der­um die Erfah­run­gen aus der Füh­rung wei­ter zu spin­nen ver­mag für die Zeit zwi­schen Säku­la­ri­sie­rung 1803 und der Ent­ste­hung der Bam­ber­ger Ver­fas­sung von 1919. Wer den zurück­ge­kehr­ten Schatz wie­der in Fran­ken sehen will, muss bis zum 22. Sep­tem­ber in die Neue Resi­denz kom­men. Es lohnt sich, etwas Zeit mitzubringen.

Infos zur Aus­stel­lung MAJE­STÄ­TEN, KÖNIGS­KIN­DER, VER­FAS­SUNGS­VÄ­TER – Die Neue Resi­denz im lan­gen 19. Jahrhundert

  • Die Aus­stel­lung dau­ert noch bis zum 22.9.2019.
  • Geöff­net täg­lich von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr.
  • Ein­tritts­prei­se: 4,50 Euro regu­lär, 3,50 Euro ermäßigt.
  • Besuch der Aus­stel­lung ist im all­ge­mei­nen Ein­tritts­preis enthalten.
  • Füh­run­gen durch die Aus­stel­lung jeweils sonn­tags um 14:00 Uhr, Kosten: 1,00 Euro zuzüg­lich Eintritt.
  • www​.resi​denz​-bam​berg​.de