Beim Bezirks­par­tei­tag in Burg­kunst­adt wähl­te die ober­frän­ki­sche ÖDP einen neu­en Bezirksvorstand

ERICH WOH­NIG neu­er Bezirks­vor­sit­zen­der der ÖDP Oberfranken

Dominic Hopp, Jürgen Ott, Thomas Müller, Michael Pülz, Erich Wohnig, Christoph Raabs, Lucas Büchner, Roland Kirchner, Thomas Büchner, Reinhardt Englert. Foto: ÖDP

Domi­nic Hopp, Jür­gen Ott, Tho­mas Mül­ler, Micha­el Pülz, Erich Woh­nig, Chri­stoph Raabs, Lucas Büch­ner, Roland Kirch­ner, Tho­mas Büch­ner, Rein­hardt Eng­lert. Foto: ÖDP

Am ver­gan­ge­nen Frei­tag hielt die ober­frän­ki­sche ÖDP (Öko­lo­gisch – Demo­kra­ti­sche ‑Par­tei) in Burg­kunst­adt im Hotel „Drei Kro­nen“ ihren ordent­li­chen dies­jäh­ri­gen Par­tei­tag ab. Im Mit­tel­punkt stand tur­nus­ge­mäß die Neu­wahl des Bezirks­vor­stands. 1. Vor­sit­zen­der Tho­mas Mül­ler (Burg­kunst­adt) freu­te sich über die zahl­reich erschie­ne­nen Mit­glie­der. Er konn­te sogar den ÖDP – Bun­des­vor­sit­zen­den Chri­stoph Raabs und den stell­ver­tre­ten­den baye­ri­schen ÖDP Lan­des­vor­sit­zen­den Tho­mas Büch­ner ( bei­de Neu­stadt b. Coburg ) begrü­ßen. In sei­nem Rechen­schafts­be­richt ging Mül­ler auch noch­mals auf das ernüch­tern­de Wahl­er­geb­nis bei den Land­tags- und Bezirks­tags­wah­len am 14. Okto­ber 2018 ein. Die ober­frän­ki­sche ÖDP gehör­te dabei zu den weni­gen Bezirks­ver­bän­den, die ihr Ergeb­nis zumin­dest mini­mal ver­bes­sern konn­ten. Aller­dings reich­te es auch dies­mal nicht, die für den Bezirks­tag not­wen­di­gen Stim­men zu erhal­ten – trotz einer rei­nen Frau­en­li­ste und einem tol­len Flyer.

Doch nach der Zulas­sung des Volks­be­geh­rens zur Arten­viel­falt ging es auf­wärts. In ganz Ober­fran­ken wur­den Akti­ons­krei­se gegrün­det. Über­all gab es vol­le Säle und jede Men­ge enga­gier­te Bür­ger. End­lich war es wie­der eine Freu­de, Poli­tik zu machen, wie es ein Vor­stands­mit­glied aus­drückt hat.

Dann das phä­no­me­na­le Ergeb­nis : 18.3%. Noch nie ist ein Volks­be­geh­ren von mehr Bür­gern unter­stützt wor­den. Auf ein­mal war die ÖDP in aller Mun­de. Sogar die SZ, die die ÖDP jah­re­lang mög­lichst über­se­hen hat­te, ver­lieh ihr den Titel: wirk­sam­ste Oppo­si­ti­ons­par­tei in Bay­ern – wie das schon Jah­re vor­her die FAZ getan hat wegen der Ver­bes­se­run­gen beim Nicht­rau­cher­schutz. Die­se Erfolgs­wel­le trug die ÖDP auch durch die Euro­pa­wahl: trotz der um 50% erhöh­ten Wahl­be­tei­li­gung erreich­te die ÖDP bun­des­weit dies­mal 1.0% mit 370 000 Stim­men und damit dop­pelt so vie­len wie 5 Jah­re zuvor. Der Platz von Prof. Dr. Klaus Buch­ner im EU-Par­la­ment war dadurch sou­ve­rän gesichert.

In Ober­fran­ken hat die ÖDP 2.1% mit 10 458 Stim­men erreicht, ein Zuwachs um 120%! Am besten schnit­ten Coburg und Bam­berg Stadt mit über 3% ab. Aber selbst in den schwäch­sten Land­krei­sen Kro­nach und Wun­sie­del wur­den min­de­stens 1.3% erzielt.

Am Mitt­woch, dem 17.Juli, haben sich dann die Befür­wor­ter eines bes­se­ren Arten­schut­zes auch im Land­tag durch­ge­setzt, der in abschlie­ßen­der Lesung das Volks­be­geh­ren mit gro­ßer Mehr­heit ange­nom­men hat. Die von der ÖDP gestar­te­te Initia­ti­ve hat nun ohne Abstri­che Geset­zes­kraft. „Es ist wirk­lich ein histo­ri­scher Tag für den Arten- und Natur­schutz in Bay­ern. Wir haben einen fach­lich höchst wirk­sa­men und juri­stisch unan­greif­ba­ren Gesetz­ent­wurf vor­ge­legt, der sich nun end­gül­tig voll und ganz durch­ge­setzt hat“ so Mül­ler. „Es wird eine Bio­top-Ver­net­zung geben. Geschütz­te Ufer­rand­strei­fen wer­den Pflicht und auf einem Teil der Grün­land­flä­che wird spä­ter gemäht, damit Insek­ten Nah­rung fin­den. Wir kön­nen rund­um zufrie­den sein und wer­den jetzt natür­lich dar­über wachen, dass kei­ne Hin­ter­tür­chen in den Begleit­ge­set­zen auf­ge­macht werden.“

Ohne das von der ÖDP gestar­te­te Volks­be­geh­ren stün­de der Arten­schutz nicht so zen­tral in der poli­ti­schen Debat­te – nicht nur in Bay­ern, son­dern mitt­ler­wei­le in ganz Deutsch­land, erklär­te der ÖDP-Bezirks­vor­sit­zen­de. „Wenn die Mei­nung der Bevöl­ke­rung und das Han­deln der Regie­rung so weit aus­ein­an­der lie­gen wie vor unse­rer Initia­ti­ve, schlägt die Stun­de der direk­ten Demo­kra­tie. Die ÖDP hat ihren außer­par­la­men­ta­ri­schen Oppo­si­ti­ons­auf­trag muster­gül­tig erfüllt. Des­halb ist es auch eine Stern­stun­de der direk­ten Demo­kra­tie! Die maß­geb­li­che Rol­le der ÖDP bei die­sem Volks­be­geh­ren beton­ten in ihren Rede­bei­trä­gen im Land­tag auch Mini­ster­prä­si­dent Mar­kus Söder und Grü­nen- Frak­ti­ons­chef Lud­wig Hart­mann. Die haupt­ver­ant­wort­li­chen Redak­teu­re des Volks­be­geh­rens, Tobi­as Ruff und Tho­mas Prud­lo (bei­de Mün­chen), wur­den am vori­gen Wochen­en­de beim ÖDP – Lan­des­par­tei­tag in Schwab­mün­chen des­halb auch mit dem „Gol­de­nen Reiß­na­gel“ der ÖDP aus­ge­zeich­net. Die stell­ver­tre­ten­de ÖDP-Vor­sit­zen­de Agnes Becker, die ein­ein­halb Jah­re in die Orga­ni­sa­ti­on des Volks­be­geh­rens inve­stiert hat, zog das Fazit: Bay­ern hat sich ver­än­dert. Wir haben jetzt das modern­ste Natur­schutz­ge­setz in Deutsch­land. Es wur­de mehr erreicht, als man anfangs erhof­fen konn­te. Aber es muss auch noch viel mehr fol­gen! Becker zeig­te sich begei­stert von der Rede des Mini­ster­prä­si­den­ten. Sie habe sich schon gefragt, wann Söder in die ÖDP eintrete.

Mül­ler bedank­te sich an die­ser Stel­le noch­mal expli­zit bei allen Bünd­nis­part­nern, allen vor­an den Grü­nen, dem Lan­des­bund für Vogel­schutz, dem Bund Natur­schutz, Imkern, Fische­rei­ver­bän­den, Gar­ten­bau­ver­ei­nen, allen wei­te­ren unter­stüt­zen­den Orga­ni­sa­tio­nen und Ein­zel­per­so­nen und natür­lich auch den 1,75 Mil­lio­nen Unter­zeich­nern des Volks­be­geh­rens für ihren Einsatz.

Mini­ster­prä­si­dent Söder ist zwar noch nicht in die ÖDP ein­ge­tre­ten, dafür umso mehr vie­le Ande­re. Bun­des­weit hat die ÖDP mitt­ler­wei­le 7280 Mit­glie­der, in Bay­ern 4619! In Ober­fran­ken hat die ÖDP allein seit Jah­res­an­fang über 10% an Mit­glie­dern dazu­ge­won­nen. Ober­fran­ken ist aber immer noch der klein­ste Bezirks­ver­band in Bay­ern. Sein erfolg­reich­ster Kreis­ver­band ist Coburg/​Kronach mit unge­fähr einem Drit­tel der Mit­glie­der. Coburg stellt auch den ÖDP-Bun­des­vor­sit­zen­den Chri­stoph Raabs, den stell­ver­tre­ten­den baye­ri­schen Lan­des­vor­sit­zen­den Tho­mas Büch­ner und 2 Kreis- und 3 Stadt­rä­te. Der zweit­größ­te Kreis­ver­band ist Bam­berg vor dem Kreis­ver­band Kulmbach-Lichtenfels .

Nichts ist so erfolg­reich wie ein poli­ti­sches The­ma, des­sen Zeit gekom­men ist. Das trifft auf das Arten­schutz­volks­be­geh­ren genau­so zu wie auf die Bewe­gung „fri­days for future“. Mül­ler berich­te­te, dass der alte und neue Lan­des­vor­sit­zen­de Klaus Mra­sek das Poli­tik­ziel der ÖDP seit über 35 Jah­ren mit „ever­y­day for future“ bezeich­nen wür­de. Wie so oft ist die ÖDP mit ihren The­men der Zeit ein Stück vor­aus. Sie ist qua­si ein Thinktank für die deut­sche Poli­tik. Für ihre wirt­schafts­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen einer Gemein­wohl- und Post­wachs­tums­wirt­schaft wird die Zeit mit Sicher­heit auch noch kommen.

Des­halb beton­te Mül­ler ausdrücklich:„Wir dür­fen nicht auf­hö­ren, die Bür­ger dar­über auf­zu­klä­ren, wel­che Alter­na­ti­ven es zur gegen­wär­ti­gen Poli­tik gibt und an umsetz­ba­ren Kon­zep­ten zu arbei­ten – auch wenn man­ches vie­len heu­te noch uto­pisch erscheint. Wir wer­den damit leben müs­sen, dass die ÖDP kei­ne Volks­par­tei wird. Aber wir ste­hen für eine durch­dach­te, fun­dier­te und lang­fri­stig ange­leg­te Poli­tik, die von den ande­ren Par­tei­en sehr genau beob­ach­tet wird.

Aus die­sem Grund mach­te Mül­ler noch auf ein etwas ver­nach­läs­sig­tes The­ma auf­merk­sam. Seit er vor 24 Jah­ren in die ÖDP ein­ge­tre­ten ist, hat sich natür­lich auch die Par­tei wei­ter­ent­wickelt. Am Anfang war die ÖDP fast eine rei­ne Umwelt­par­tei. All­mäh­lich kam sie dann zu der Erkennt­nis, dass man Umwelt­po­li­tik nicht los­ge­löst von The­men wie „ Sozia­le Gerech­tig­keit“ oder all­ge­mein „ Wirt­schafts­po­li­tik“ machen kann. Die­se Rich­tung habe auch er immer ver­tre­ten. Bei sei­nen Vor­stel­lun­gen habe er als „poli­ti­sche Zie­le“ immer „ Gerech­tig­keit, Frie­den und Bewah­rung der Schöp­fung“ genannt. Bei den Gesprä­chen am Ran­de des letz­ten Lan­des­par­tei­tags bemerk­te eine Gesprächs­part­ne­rin: wir ÖDPler müss­ten uns viel mehr um die Frie­dens­po­li­tik küm­mern! Und je mehr er über die­sen Satz nach­ge­dacht habe, desto mehr muss­te er ihr zustim­men. Frie­den ist für unse­re Gene­ra­ti­on in Mit­tel­eu­ro­pa etwas völ­lig Selbst­ver­ständ­li­ches. Wir ken­nen seit über 70 Jah­ren – zum Glück- nichts ande­res. Das ist aber auch die läng­ste Frie­dens­pe­ri­ode in Mit­tel­eu­ro­pa seit min­de­stens 1000 Jah­ren. Und wenn man sich die Ent­wick­lun­gen in der Welt­po­li­tik anschaut, dann wird die Gefahr, dass die­se Pha­se zu Ende gehen könn­te, immer grö­ßer. Schau­en wir uns den Nahen Osten an, da wur­den blü­hen­de Städ­te zu Trüm­mer­wü­sten. Die müs­sen alle wie­der auf­ge­baut wer­den. Der Kriegs­ka­pi­ta­lis­mus pro­du­ziert vie­le Ver­lie­rer. Gewin­ner sind nur die Super­rei­chen, die Finanz- und die Rüstungs­in­du­strie. Wenn vor allem letz­te­re nicht bes­ser kon­trol­liert und mas­siv redu­ziert wird, wer­den wir kei­nen Frie­den auf der gan­zen Welt errei­chen. Bei der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz 2018 erklär­te der fran­zö­si­sche Prä­si­dent Macron, Fern­ziel sei eine schlag­kräf­ti­ge euro­päi­sche Ein­greif­trup­pe für das „ nahe Aus­land“, die im Kri­sen­fall schnell reagie­ren kön­ne. Sei­ne Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ste­rin Par­ly füg­te hin­zu, es gehe dar­um, sich auf die Krie­ge von über­mor­gen ein­zu­stel­len, z.B. in Fol­ge von Naturkatastophen!

Mül­ler erklär­te wört­lich:“ Aus all die­sen Grün­den möch­te ich mich wie­der ver­mehrt um Zie­le und Kon­zep­te küm­mern. Ich wur­de auch beim baye­ri­schen Lan­des­par­tei­tag in den ÖDP-Bun­des­haupt­aus­schuss gewählt, der die zukünf­ti­gen poli­ti­schen Zie­le vor­be­rei­tet. Nach über 9 Jah­ren (von 2006-11 und von 2015–19) wer­de ich des­halb bei der Neu­wahl nicht mehr für das Amt des ÖDP-Bezirks­vor­sit­zen­den zur Ver­fü­gung ste­hen. Ich wer­de in die­sem Jahr auch 65 Jah­re alt – da muss man sei­ne Kräf­te schon ein­tei­len. Ich blei­be wei­ter­hin als ÖDP-Kreis­ver­bands­vor­sit­zen­der für den Bereich Kulm­bach-Lich­ten­fels und kom­mu­nal­po­li­tisch in Burg­kunst­adt aktiv“.

Zum Schluss bedank­te sich Mül­ler noch bei allen Mit­glie­dern, die sich in den Wahl­kämp­fen und beim Volks­be­geh­ren enga­giert hatten.

Bei der fol­gen­den Neu­wahl wur­de Erich Woh­nig aus dem Bad Rodach­er Stadt­teil Hel­dritt mit gro­ßer Mehr­heit zum neu­en 1. Vor­sit­zen­den der ÖDP Ober­fran­ken gewählt. Der 51-jäh­ri­ge IT – Tech­ni­ker in lei­ten­der Stel­lung ist ver­hei­ra­tet und hat 5 Kin­der. Er steht hin­ter dem Poli­tik­an­satz “ weni­ger ist mehr “ und ver­tritt einen moder­nen Füh­rungs­stil – sowohl beruf­lich, als auch in Par­tei­en und Ver­ei­nen. Zu stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den wur­den Lucas Büch­ner (Bam­berg) und Tho­mas Mül­ler gewählt. Ein­stim­mig wie­der­ge­wählt wur­de Schatz­mei­ster Jür­gen Ott (Coburg). Als Bei­sit­zer bestä­tigt wur­den Rein­hard Eng­lert ( Main­roth), Ralph Dup­pel (Schwar­zen­bach a.d. Saa­le) und Micha­el Pülz (Red­witz). Neu gewählt wur­den Domi­nic Hopp (Bay­reuth) und Roland Kirch­ner (Ebers­dorf). Zu Bun­des­par­tei­tags­de­le­gier­ten wur­den Simo­ne und Erich Woh­nig, Tho­mas Mül­ler, Ange­la und Tho­mas Büch­ner, sowie Roland Kirch­ner gewählt. Bei der Wahl zum Dele­gier­ten für den baye­ri­schen Lan­des­haupt­aus­schuss setz­te sich Tho­mas Mül­ler ganz knapp gegen Erich Woh­nig durch, der nun als Ersatz­de­le­gier­ter fun­giert. Zu Kas­sen­prü­fern wur­den Ange­la Büch­ner und Har­ry Hof­mann (Main­leus) gewählt.

Zum Abschluss berich­te­te Tho­mas Büch­ner noch vom ÖDP-Lan­des­par­tei­tag in Schwab­mün­chen. Nach der Neu­wahl des Lan­des­vor­stands wur­de u.a. noch eine Peti­ti­on zur Ände­rung der Lan­des­wahl­ord­nung ver­ab­schie­det. Bei der Durch­füh­rung von Volks­be­geh­ren sol­len die Gemein­den ver­pflich­tet wer­den, die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger schrift­lich über Ein­tra­gungs­ort und ‑zei­ten zu infor­mie­ren. Außer­dem soll die Brief­wahl bei Volks­be­geh­ren ermög­licht wer­den. Denn sonst sind älte­re und kran­ke Mitbürger/​innen von die­ser demo­kra­ti­schen Mit­wir­kungs­mög­lich­keit ausgeschlossen.