Heb­am­men­kon­gress 2019 am Kli­ni­kum Forch­heim –Frän­ki­sche Schweiz

Vollbesetzter Konferenzsaal – Hundert Hebammen nahmen teil. Foto@Klinikum Forchheim – Fränkische Schweiz
Vollbesetzter Konferenzsaal – Hundert Hebammen nahmen teil. Foto@Klinikum Forchheim – Fränkische Schweiz

Knapp hun­dert Heb­am­men infor­mier­ten sich

Eini­gen Heb­am­men, die sich spät ange­mel­det hat­ten, muss­te abge­sagt wer­den, denn die hun­dert Plät­ze im Kon­fe­renz­raum waren voll belegt als das Kli­ni­kum Forch­heim-Frän­ki­sche Schweiz in Koope­ra­ti­on mit dem Land­rats­amt zum Heb­am­men­kon­gress einlud.

Land­rat Dr. Her­man Ulm zeig­te sich ange­sichts der hohen Teil­neh­mer­zahl begei­stert und lud die­se in sei­ner Begrü­ßung ein, gleich im Land­kreis Forch­heim zu blei­ben, denn hier besteht ein Heb­am­men­eng­pass in der ambu­lan­ten Betreu­ung: Bei weit über 1.000 Gebur­ten ste­hen nur 16 nie­der­ge­las­se­ne Heb­am­men zur Verfügung.

Steil­vor­la­ge Rück­kehr­pro­gramm für Hebammen

Die Schirm­her­rin der Ver­an­stal­tung, Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te und Mit­glied im Gesund­heits­aus­schuss Emmi Zeul­ner aus Lich­ten­fels, lie­fer­te mit ihrer Posi­ti­on zur im Bun­des­ka­bi­nett beschlos­se­nen Heb­am­men­aus­bil­dung mit Pflicht­stu­di­um eine Steil­vor­la­ge: Sie for­dert die Mög­lich­keit einer Nach­ti­tu­lie­rung für alle Heb­am­men, die vor der end­gül­ti­gen Umstel­lung ihre Aus­bil­dung abge­schlos­sen haben. Außer­dem spricht sie sich für ein gesetz­lich gere­gel­tes, finan­zi­ell attrak­ti­ves Rück­kehr­pro­gramm für Heb­am­men aus, die län­ge­re Zeit im Beruf pau­siert haben. Schließ­lich regt sie an, dass das Heb­am­men­stu­di­um in Nord­bay­ern ange­bo­ten wer­den sol­le, damit es auch zukünf­tig „Heb­am­men made in Ober­fran­ken“ gäbe.

Heb­am­men­ver­mitt­lungs­por­tal

Nach der Ent­bin­dung ver­lässt jede fünf­te Mut­ter die Geburts­sta­ti­on am Kli­nik­stand­ort Forch­heim ohne eine Wochen­bett­ver­sor­gung. Daher warb Bär­bel Mati­as­ke, die Geschäfts­stel­len­lei­te­rin der Gesund­heits­re­gi­on plus im Gesund­heits­amt, für das Ver­mitt­lungs­por­tal für Heb­am­men­hil­fe, das seit Juni online ist unter www​.heb​amm​e​forch​heim​.de.

Natür­li­che Geburts­hil­fe und Beckenbodenschutz

Im Anschluss refe­rier­ten Dr. Ste­fan Wein­gärt­ler, Chef­arzt der Frau­en­kli­nik am Kli­ni­kum, und Petra Loher-Fischer, lei­ten­de Heb­am­me, über neue Aspek­te der becken­bo­den­ori­en­tier­ten Geburts­hil­fe. Die gro­ße Bela­stung für den Becken­bo­den durch die Schwan­ger­schaft legt bei vie­len Frau­en den Grund­stein für spä­te­re Beschwer­den, die viel­leicht erst zwi­schen dem 40. und 60. Lebens­jahr auf­tre­ten. Ein Kai­ser­schnitt kann die­ses Pro­blem nicht lösen, so dass die Geburts­hil­fe des Kli­ni­kums eine mög­lichst natür­li­che Geburts­hil­fe vorzieht.

Frau­en bes­ser behandeln

„S 3‑Leitlinie zur Geburt am Ter­min“ klingt nach einem staub­trocke­nen The­ma, aber Prof. Dr. Frank Lou­wen, Lei­ter der Kli­nik für Frau­en­heil­kun­de und Geburts­hil­fe am Kli­ni­kum der Goe­the Uni­ver­si­tät in Frank­furt, hat Gro­ßes vor: Er möch­te Frau­en bes­ser behan­deln. Die­se wür­den oft unter­dia­gno­sti­ziert. So gehe ein Herz­in­farkt bei Män­nern häu­fig mit hef­ti­gen Schmer­zen in der Brust ein­her, die in den Arm aus­strahl­ten. Vie­le Frau­en klag­ten aber über Bauch­schmer­zen und dadurch wer­de der Infarkt zu spät erkannt, erläu­ter­te Prof. Louwen.

Abhil­fe sol­len medi­zi­ni­sche Leit­li­ni­en schaf­fen. Das sind Fest­stel­lun­gen, die Ärz­te, Pati­en­ten und Ange­hö­ri­ge ande­rer Gesund­heits­be­ru­fe über Behand­lungs­me­tho­den mit dem besten The­ra­pie­er­folg infor­mie­ren. Die höch­ste Qua­li­tät wei­sen die soge­nann­ten evi­denz- und kon­sens­ba­sier­ten S 3 Leit­li­ni­en auf. Die­se haben alle Ele­men­te einer syste­ma­ti­schen Ent­wick­lung durch­lau­fen, inklu­si­ve regel­mä­ßi­ger Über­prü­fung. Lei­der ist eine S 3 Leit­li­nie teu­er, zwi­schen 200.000 und 250.000 Euro, daher gibt es die­se ledig­lich für häu­fi­ge Krank­heits­bil­der, zum Bei­spiel Darm­krebs. Für Krank­heits­bil­der bei Frau­en exi­stie­ren nur weni­ge die­ser Leit­li­ni­en. Die von Prof. Lou­wen initi­ier­te Deut­sche Stif­tung Frau­en­ge­sund­heit hat sich zum Ziel gesetzt, jähr­lich eine neue Leit­li­nie zu erstel­len. Die Wir­kung der Leit­li­ni­en sei groß, so Prof. Lou­wen. Der Fach­zeit­schrift „Frau­en­arzt“ mit einer Auf­la­ge von mehr als 20.000 Exem­pla­ren, in der die Leit­li­ni­en ver­öf­fent­licht wer­den, kön­ne sich kein Gynä­ko­lo­ge ent­zie­hen, erklärt der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Deut­schen Gesell­schaft für Prä­na­tal- und Geburts­me­di­zin grin­send. Er warb um Unter­stüt­zung für die Stiftung.

Zusam­men­ar­beit in der Freiberuflichkeit

Die Lei­te­rin der Fort- und Wei­ter­bil­dungs­aka­de­mie Dia­Log von Dia­ko­nio – bis Mit­te des Jah­res Dia­ko­nie Neu­en­det­tels­au – Sig­rid Schlecht-Rei­chert zeig­te Aspek­te der Zusam­men­ar­beit unter Heb­am­men in der Frei­be­ruf­lich­keit auf und erläu­ter­te wor­auf man bei einer Koope­ra­ti­on ach­ten sollte.

Still­be­glei­tung des saug­schwa­chen Kindes

Schließ­lich sprach Lehr­heb­am­me Manue­la Burk­hardt über die Still­be­glei­tung des saug­schwa­chen Kin­des. Sie gab zahl­rei­che prak­ti­sche Tipps, wie bei­spiels­wei­se die Mut­ter ihrem Kind mit einer ange­bo­re­nen Lip­pen-Kie­fer-Gau­men­spal­te hel­fen kann, Mut­ter­milch zu trinken.

Anne Schwick von der Heb­am­men­pra­xis Berg und Tal in Herolds­berg, die mit drei Kol­le­gin­nen zum Kon­gress kam, war vom Vor­trag von Prof. Lou­wen begei­stert: „Toll, wie er ein so trocke­nes The­ma cha­ris­ma­tisch und unter­halt­sam auf­be­rei­tet hat“, schwärm­te sie.

Eine ande­re Teil­neh­me­rin fand die Rat­schlä­ge für das saug­schwa­che Kind sehr gut und nimmt die Anre­gun­gen für die Betreu­ung im Wochen­bett mit. Die Reso­nanz der befrag­ten Teil­neh­mer war ins­ge­samt sehr positiv.