BN-Kla­ge zum Kanu­fah­ren auf der Wie­sent: „Ver­leih­ver­bot wirkt mittlerweile“

Pres­se­mit­tei­lung des BUND Naturschutz

Das Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth hat am 27.5.19 ein Ver­bot erlas­sen, nach dem die drei Boots­ver­leih­be­trie­be an der Wie­sent bis zum 15.6.2019 für die Fahrt auf der Wie­sent zwi­schen Mug­gen­dorf und Eber­mann­stadt kei­ne Boo­te ver­lei­hen dür­fen. Ziel des Gerichts­be­schlus­ses ist es, in erster Linie die in die­sem Bereich gefähr­de­te Brut des euro­pä­isch geschütz­ten Eis­vo­gels sicher­zu­stel­len und die Bela­stun­gen durch den Boots­ver­kehr auf zahl­rei­che ande­re streng geschütz­te Arten zu redu­zie­ren. Geklagt hat­te der BUND Natur­schutz. Da die Boots­ver­leih­fir­men das Ver­bot nicht akzep­tie­ren woll­ten, leg­ten sie über einen Rechts­an­walt am 28.5.19 Beschwer­de beim Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in Mün­chen ein. Die­ser hat am 31.5.19 in einer Eil­ent­schei­dung das Ver­bot bestätigt.

Seit 1.6.19 fah­ren in dem genann­ten Bereich nach Beob­ach­tun­gen von Anlie­gern und Natur­schüt­ze­rIn­nen kei­ne Boo­te der Boots­ver­lei­her mehr. Ledig­lich ein­zel­ne Boo­te wur­den auf der Wie­sent unter­halb von Mug­gen­dorf gezählt: Am Pfingst­sonn­tag und Mon­tag wur­den 18 Boo­te fest­ge­stellt, alle­samt kei­ne Leih­boo­te und damit nach der gel­ten­den Gemein­ge­brauchs­ver­ord­nung berech­tigt unter­wegs. Nor­ma­ler­wei­se fah­ren in die­sem Abschnitt um Pfing­sten min­de­stens 120 Boo­te pro Tag. Mit der Ein­schrän­kung konn­te erreicht wer­den, dass die Eis­vö­gel wenig­stens eine Brut sicher durch­brin­gen werden.

Auch ins­ge­samt scheint die Nach­fra­ge nach Leih­boo­ten auf der Wie­sent zurück­ge­gan­gen zu sein. Im Bereich an der Sach­sen­müh­le bei Göß­wein­stein (nicht vom Ver­leih­ver­bot betrof­fen) wur­den zu Pfing­sten nach­mit­tags 90 Boo­te gezählt. Nor­ma­ler­wei­se ist gera­de an den Fei­er­ta­gen deut­lich mehr Boots­ver­kehr auf der Wie­sent fest­zu­stel­len. Dass nun aus­wär­ti­ge Boots­ver­lei­her die Lücke fül­len, wie dies von den ört­li­chen Fir­men behaup­tet wur­de, kann der BN nicht bestä­ti­gen. Offen­bar hat die öffent­li­che Bericht­erstat­tung über die Gefähr­dung der Natur an der Wie­sent und über die gericht­li­chen Ver­bo­te zu weni­ger Kanu­tou­ris­mus geführt. Der BN zeigt sich daher auch ver­wun­dert, dass in der Öffent­lich­keit behaup­tet wur­de, die Kla­ge „sei nach hin­ten los­ge­gan­gen“ oder „ein Schuss in den Ofen“, da „nun die Tür für Dritt­an­bie­ter geöff­net wor­den sei“. Der Hin­ter­grund die­ser nicht kor­rek­ten Dar­stel­lung, die auch vom Land­rats­amt Forch­heim falsch auf­ge­grif­fen wur­de, war die Annah­me, dass nur die drei gewerb­li­chen Boots­ver­lei­her von der Kla­ge betrof­fen sei­en. Dem ist defi­ni­tiv nicht so. Der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof Mün­chen hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 31.05.19 expli­zit fest­ge­stellt, dass mög­li­che Kon­kur­ren­ten der drei Anbie­ter aus dem Land­kreis Forch­heim eben­falls eine Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung benö­ti­gen wür­den, deren Ertei­lung schon auf­grund der ergan­ge­nen gericht­li­chen Ent­schei­dun­gen nicht zu erwar­ten wäre.

„Das Ver­bot wird jetzt von den Fir­men offen­bar ernst­ge­nom­men, nach­dem sie es Anfang Mai noch grob miss­ach­tet hat­ten. Unse­re Eil­kla­ge vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt hat gewirkt. Dass der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof den Beschluss bestä­tigt hat, macht uns Hoff­nung, dass wir eine bes­se­re Rege­lung des Kanu­ver­kehrs zum Schutz der Natur an der Wie­sent errei­chen kön­nen“, so Dr. Ulrich Buch­holz, Vor­sit­zen­der der Kreis­grup­pe Forchheim.

„Am mei­sten freut uns, dass das Eis­vo­gel­paar im nun bes­ser geschütz­ten Bereich Jun­ge aus­brü­ten konn­te und die­se gera­de tüch­tig füt­tert. Wir hof­fen, dass sie die Brut durch­brin­gen. Bis 15.6.2019 könn­ten die Jun­gen soweit sein, dass die dann wie­der ein­set­zen­den Stö­run­gen nicht mehr zum Ver­hun­gern füh­ren“, so Buchholz.

Am 8. April 2019 hat der BUND Natur­schutz Kla­ge gegen die Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung des Land­rats­am­tes Forch­heim ein­ge­reicht. Ziel war und ist es, den Schutz der Wie­sent als natur­na­her Fluss, der euro­pä­isch geschütz­ten Lebens­räu­me und der geschütz­ten und bedroh­ten Fisch- und Vogel­ar­ten sicher­zu­stel­len. Das Fluss­sy­stem Wie­sent ist Bestand­teil des euro­päi­schen Natu­ra-2000-Schutz­ge­biets „Wie­sent­tal mit Sei­ten­tä­lern“ Nr. 6233–371 sowie des Vogel­schutz­ge­biets Nr. 6233–471.

Das Land­rats­amt Forch­heim hat­te dar­auf­hin am 7. Mai auf Antrag der Kanu­ver­lei­her einen sog. Sofort­voll­zug erlas­sen, mit dem ihnen der Betrieb wie­der gestat­tet wur­de. Es stell­te hier die Inter­es­sen der drei Betrie­be über das der All­ge­mein­heit und behaup­te­te, „der Nach­weis, dass das Kanu­fah­ren zu erheb­li­chen Ein­grif­fen führt, kann nicht geführt wer­den.“ Tat­säch­lich hat­te das Land­rats­amt aber in der Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung eine Ver­träg­lich­keits­prü­fung für erfor­der­lich gehal­ten und die­se nach eige­nen Aus­sa­gen zwi­schen­zeit­lich in Auf­trag gegeben.

Am 15.5.19 stell­te der BUND Natur­schutz des­halb Eil­an­trag mit dem Ziel, den Ver­leih gericht­lich wie­der zu unter­sa­gen. Der BN wird bei der Kla­ge unter­stützt vom Baye­ri­schen Kanu­ver­band, dem das Geba­ren der Boots­ver­lei­her an der Wie­sent und das des Land­rats­am­tes Forch­heim eben­falls ein Dorn im Auge ist.

Zwi­schen­zeit­lich hat der BN sei­ne Kla­ge in der Haupt­sa­che gegen­über dem Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth begrün­det. Die Kla­ge hat zum Ziel, die gel­ten­de Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung auf­he­ben zu las­sen. Hin­ter­grund ist die Rechts­auf­fas­sung des BN, dass vor dem Erlass der Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung eine Ver­träg­lich­keits­prü­fung vor­lie­gen muss und nicht erst Jah­re spä­ter. Er beruft sich dabei auf Euro­pa­recht und betritt mit der Kla­ge juri­stisch Neu­land. Weder wur­de der Natur­schutz­ver­band bei den Vor­ge­sprä­chen über Beein­träch­ti­gun­gen und Rege­lun­gen zuge­las­sen noch im Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren beteiligt.

Der vom BUND Natur­schutz ange­reg­te Erör­te­rungs­ter­min bei Gericht soll nun im Juli 2019 stattfinden.

Der BUND Natur­schutz hat­te zuletzt 2018 das Land­rats­amt Forch­heim auf­ge­for­dert, den Kanu­ver­leih­be­trieb an der Wie­sent wäh­rend der Vogel­brut­zeit bis 15.6. zu unter­bin­den. In den zum Boots­fah­ren zuge­las­se­nen Som­mer­mo­na­ten sind zu vie­le Boo­te unter­wegs, des­halb kön­nen die euro­pä­isch geschütz­ten Vogel­ar­ten wie Eis­vo­gel oder Zwerg­tau­cher dort kaum mehr brü­ten. Und weil sich zu vie­le Kanu­ten nicht an die Regeln hal­ten und unter­wegs mal im Fluss aus­stei­gen, gegen die Strö­mung pad­deln oder unge­eig­ne­te, nicht zuge­las­se­ne Boo­te nut­zen, ist auch die euro­pä­isch geschütz­te Unter­was­ser­ve­ge­ta­ti­on, das Mar­ken­zei­chen der Wie­sent, stark im Rückgang.

2018 wur­de durch das Land­rats­amt die Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung erneut erteilt, die den Kanu­ver­lei­hern den Ver­leih bereits zum 1.5.2019 und auch in den Fol­ge­jah­ren ab die­sem Zeit­punkt erlaubt.

Zunächst geht es dar­um, der Vogel­welt im Ufer­be­reich der Wie­sent einen mög­lichst wenig gestör­ten Brut­be­trieb zu ermög­li­chen. Der sog. Gemein­ge­brauch, das Kanu­fah­ren durch Ein­zel­tou­ri­sten mit eige­nen Boo­ten, oft orga­ni­siert in Kanu­ver­bän­den, wird nicht ange­grif­fen. Der Boots­ver­leih steht nach der Sta­ti­stik für 80 % der Boots­fahr­ten auf dem Fluss. Wäre recht­zei­tig die not­wen­di­ge Ver­träg­lich­keits­prü­fung für den Kanu­sport auf dem Fluss durch­ge­führt wor­den, so hät­te man heu­te das Pro­blem nicht. Der BN hat­te die­se recht­lich vor­ge­schrie­be­ne Prü­fung schon 2010 ein­ge­for­dert, lei­der ohne Erfolg.