Erster Inklu­si­ons-Work­shop in Bamberg

Symbolbild Bildung

MIT­ein­an­der ler­nen – „Inklu­si­on“ kommt rich­tig gut an

Inklusions-Workshop in Bamberg. ©Arno S. Schminnelpfennig/goolkids.de

Inklu­si­ons-Work­shop in Bam­berg. ©Arno S. Schminnelpfennig/goolkids.de

„Sport ist nicht gleich Inklu­si­on, aber er bie­tet idea­le Mög­lich­kei­ten dafür“, beton­te Star-Gast, Para­lym­pi­scher Leicht­ath­let und mehr­fa­cher Gold­me­dail­len­ge­win­ner Felix Streng wäh­rend des ersten Work­shops „Inklusion.leicht.machen.“ vom För­der­kreis gool­kids. Dekan Prof. Dr. Wol­stein konn­te in der Fakul­tät für Sport­wis­sen­schaf­ten in Bam­berg am Wochen­en­de rund 50 Teil­neh­mer begrü­ßen, die sich an die­sem Tag zu Chan­cen bei Sport und Inklu­si­on aus­tau­schen wollten.

Dass das The­ma am Puls der Zeit ist, davon zeug­te das brei­te Spek­trum der Teil­neh­mer­li­ste. Ver­tre­ten waren nicht nur Ange­hö­ri­ge der Uni­ver­si­tät und Stu­den­ten, son­dern auch Pro­fi-Sport­ler, Ver­eins­mit­glie­der bis hin zu Päd­ago­gen und Betreu­ern. Robert Bartsch, Pro­jekt­lei­ter des gool­kids e.V., beton­te die Not­wen­dig­keit enga­gier­ter Men­schen in die­sem Bereich. Ohne ein leben­di­ges Netz­werk sei das Ange­bot für den inklu­si­ven Brei­ten­sport nicht zu stem­men. Inklu­si­on, das gehe alle an – Men­schen mit Behin­de­rung, wie auch ohne. Nur wer zusam­men­hel­fe, kön­ne etwas bewe­gen. Dem Sport­be­gei­ster­ten ste­he heu­te eine Viel­zahl an Sport­ar­ten zur Ver­fü­gung: ange­fan­gen vom Fuß­ball über Bas­ket­ball bis zum Jog­gen. Sogar erste Mit­glie­der im Fit­ness­stu­dio gäbe es.

Ange­sichts der gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lung sei Inklu­si­on noch lan­ge nicht selbst­ver­ständ­lich, beton­te der Lei­ter der Initia­ti­ve LinaS vom Chri­sto­pho­rus-Werk in Lin­gen und Bera­ter im Pro­jekt „MIA – Mehr Inklu­si­on für Alle“ des Deut­schen Behin­der­ten­sport­ver­ban­des, Frank Eich­holt. Er durf­te zum Auf­takt der Ver­an­stal­tung LinaS vor­stel­len und damit auf­zei­gen, dass Inklu­si­on in der ört­li­chen Sport­ge­sell­schaft posi­tiv ange­kom­men ist. An dem sehr erfolg­rei­chen Vor­bild aus Lin­gen wird sich in der Zukunft auch Bam­berg mit „ginaS“ ori­en­tie­ren. Die LinaS-Initia­ti­ve (Lin­gen inte­griert natür­lich alle Sport­ler) unter­stützt mitt­ler­wei­le bereits 42 ange­schlos­se­ne Sport­ver­ei­ne bei der För­de­rung und Ent­wick­lung von spe­zi­el­len Sport­ma­te­ria­li­en, damit die Ver­ei­ne den inklu­si­ven Behin­der­ten­sport umset­zen können.

Eri­ka Fischer, Refe­rat Inklu­si­on des Zen­trums für Leh­re­rin­nen und Leh­rer­bil­dung (ZLB) an der Uni­ver­si­tät Bam­berg, zeig­te nach den Pra­xis­bei­spie­len des Vor­red­ners inklu­si­ve Umset­zungs-mög­lich­kei­ten im Brei­ten- und im Schul­sport auf. Anhand der unter­schied­li­chen histo­ri­schen Ent­wick­lung der Ver­bän­de für Men­schen mit und ohne Behin­de­rung wur­den die aktu­el­len Chan­cen der gegen­sei­ti­gen Öff­nung dar­ge­stellt. Bei einer Ver­eins­auf­nah­me dürf­te Behin­de­rung kein Aus­schluss­kri­te­ri­um mehr sein. Vor­bil­der wie z.B. die LinaS-Initia­ti­ve und der Ver­ein gool­kids tra­gen dazu bei, in den Ver­ei­nen Berüh­rungs­äng­ste abzu­bau­en. Anhand von For­schungs­er­geb­nis­sen erläu­ter­te Eri­ka Fischer Erfah­run­gen mit inklu­si­vem Sport­un­ter­richt an Schu­len. Anhand einer Befra­gung von Schü­le­rin­nen und Schü­lern, För­der- und Regel­schul­lehr­kräf­ten und Eltern der Geschwi­ster-Scholl-Real­schu­le Nürn­berg wur­den exem­pla­risch Mög­lich­kei­ten und Gren­zen von inklu­si­vem Schul­sport auf­ge­zeigt. Dar­auf auf­bau­end wur­den die not­wen­di­gen Anfor­de­run­gen an Lehr­kräf­te sowie an Lehr­amts­stu­die­ren­de deut­lich gemacht. Das Refe­rat Inklu­si­on des ZLB hat sich zur Auf­ga­be gemacht in der Leh­re­rin­nen- und Leh­rer­bil­dung aller Schul­ar­ten und Fächer wich­ti­ge Grund­la­gen zum Umgang mit Hete­ro­ge­ni­tät und Inklu­si­on zu stärken.

In sei­nem Vor­trag sprach Felix Streng nicht nur über sei­ne eige­nen Erfol­ge im Pro­fi-Sport. Sehr offen erzähl­te er aus sei­nem eige­nen Leben. Er gab Ein­blicke in die Auf­la­gen der Para­lym­pics, nach denen zum Bei­spiel nur Pro­the­sen zum Wett­kampf zuge­las­sen wer­den, die all­ge­mein im Han­del erhält­lich sind. Felix hat­te zur Demon­stra­ti­on sei­ne Lauf-Pro­the­se mit­ge­bracht. Die gab er bereit­wil­lig im Ple­num her­um. Auch eine sei­ner Gold­me­dail­len zeig­te er – und schüt­tel­te sie. Am Klang der Medail­len kön­nen seh­be­hin­der­te Sport­ler erken­nen, um wel­che Far­be es sich han­delt. Der Leicht­ath­let zeig­te deut­lich, dass Sport und Inklu­si­on kei­ne theo­re­ti­schen The­men sein müs­sen. Eben­so ver­deut­lich­te er, dass ein Leben mit Behin­de­rung kein Aus­schluss­kri­te­ri­um ist. Sein Mot­to: „Ich bin nicht behin­dert. Ich bin anders“.

Die eige­ne Kom­pe­tenz konn­ten die Teil­neh­mer nach der Mit­tags­pau­se sogleich in Work­shops erhö­hen. Zur fach­män­ni­schen Anlei­tung stan­den erfah­re­ne Coa­ches aus ganz Deutsch­land zur Sei­te. So zeig­te Prof. Dr. Ste­fan Voll (Lei­ter der For­schungs­stel­le Sport­wis­sen­schaf­ten in Bam­berg) auf, wie sich Trai­nings­ein­hei­ten inklu­siv gestal­ten las­sen. Er bedien­te sich Metho­den des Biath­lons, ließ zum Bei­spiel Teil­neh­mer mit klei­nen Arm­brü­sten bei ver­bun­de­nen Augen auf Ziel­schie­ben schie­ßen. Thor­sten Schmidt (Ver­bands­trai­ner beim Bay. Behin­der­ten- und Ver­sehr­ten­sport Ver­band) brach­te den Roll­stuhl­bas­ket­ball nahe. Jeder Teil­neh­mer wur­de selbst zum Roll­stuhl­fah­rer und trat im Wech­sel mit einem Assi­sten­ten gegen ihn an. „Es ist doch nicht so ein­fach, einen Ball zu drib­beln und zugleich einen Roll­stuhl zu len­ken“ mein­ten eini­ge der Teil­neh­mer danach.

Weni­ger akti­ons­reich, dafür nicht min­der inte­gra­tiv beglei­te­ten Sig­rid Ertel (Fach­päd­ago­gin für früh­kind­li­che Päd­ago­gik) und Franz Bezold (Dipl.-Fitnesstrainer) ihre Kur­se. Bei dem einen dreh­te sich alles um den Ball und sei­nen inte­gra­ti­ven Ein­satz. An sich spie­le­risch ein­fa­che Lek­tio­nen wur­den hier­bei ver­mit­telt. Beim Völ­ker­ball etwa wol­le nie­mand am Kopf getrof­fen wer­den. Es sei des­halb wich­tig, sich die Augen­hö­he der Mit­spie­ler bewusst zu machen und auf deren Level ein­zu­stel­len. Beim ande­ren ging es um Beweg­lich­keit mit­tels Fit­ness­trai­ning. Die Teil­neh­mer lern­ten unter ande­rem, sich ein­an­der zu unter­stüt­zen und zu moti­vie­ren. Dane­ben konn­ten sie erfah­ren, wie Fit­ness­übun­gen auch ohne Hilfs­mit­tel inklu­siv umsetz­bar sind.

Das Resü­mee von Mat­thi­as Hüb­ner (Sport­fach­be­ra­ter für För­der­schu­len) und Gerd Schim­mer (Koor­di­na­tor für Sport­leh­rer im Schul­sport) fiel am Ende des span­nen­den und akti­ons­rei­chen Tags sehr posi­tiv aus. Der Work­shop sei für alle Teil­neh­mer sehr emo­tio­nal und auch infor­ma­tiv ein gro­ßer Gewinn gewe­sen. Schon jetzt blicken die Ver­ant­wort­li­chen vom För­der­kreis gool­kids, den vie­len Orga­ni­sa­tio­nen und den Sport­ver­bän­den zuver­sicht­lich einer Wie­der­ho­lung entgegen.