Nach­hal­ti­ge Ener­gie­ver­sor­gung im länd­li­chen Afri­ka: Neu­es Pilot­pro­jekt mit Bay­reu­ther Forschern

Symbolbild Bildung

In Nami­bia, im Süd­we­sten Afri­kas, hat mehr als die Hälf­te der länd­li­chen Bevöl­ke­rung kei­nen Zugang zu Elek­tri­zi­tät. Es fehlt eine bedarfs­ge­rech­te Infra­struk­tur für die Ener­gie­ver­sor­gung. Die­se Situa­ti­on auf der Basis erneu­er­ba­rer Ener­gien nach­hal­tig zu ver­bes­sern, ist das Ziel des Pro­jekts PRO­CE­ED des Baye­ri­schen For­schungs­in­sti­tuts für Afri­ka­stu­di­en (BRI­AS). In dem neu­en Vor­ha­ben koope­riert der Lehr­stuhl für Sozi­al- und Bevöl­ke­rungs­geo­gra­phie der Uni­ver­si­tät Bay­reuth mit Part­nern an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Ingol­stadt und der Hoch­schu­le für Ange­wand­te Wis­sen­schaf­ten Neu-Ulm. Die For­schungs­ar­bei­ten wer­den in den näch­sten drei Jah­ren vom BMBF mit rund 1,23 Mil­lio­nen Euro gefördert.

Um die Ener­gie­ver­sor­gung in abge­le­ge­nen Gebie­ten Nami­bi­as zu sichern und aus­zu­bau­en, set­zen die baye­ri­schen For­scher auf erneu­er­ba­re Ener­gien und auf Insel­net­ze, soge­nann­te „Mini-Grids“. Dies sind dezen­tra­le, auf klei­ne­re Gebie­te beschränk­te Strom­net­ze, die von loka­len Anbie­tern betrie­ben wer­den und nicht in ein ein­heit­li­ches lan­des­wei­tes Ver­bund­netz inte­griert sind. Gemein­sam mit nami­bi­schen Part­nern sol­len dezen­tra­le Model­le für die Ener­gie-Infra­struk­tur ent­wickelt wer­den, die dem jewei­li­gen Strom­be­darf vor Ort ent­spre­chen, aktu­el­le tech­ni­sche Mög­lich­kei­ten nut­zen und bei der länd­li­chen Bevöl­ke­rung auf Akzep­tanz sto­ßen. Die Insel­net­ze sol­len wirt­schaft­lich ren­ta­bel und leicht zu war­ten sein.

„In unse­rem inter­dis­zi­pli­när ange­leg­ten Vor­ha­ben legen wir gro­ßen Wert dar­auf, tech­no­lo­gi­sche, wirt­schaft­li­che, sozia­le und öko­lo­gi­sche Aspek­te von vorn­her­ein zu ver­knüp­fen. Nur so wer­den wir gemein­sam mit unse­ren afri­ka­ni­schen Part­nern Tech­no­lo­gien und Dienst­lei­stun­gen auf den Weg brin­gen kön­nen, die den Her­aus­for­de­run­gen einer nach­hal­ti­gen Ener­gie­ver­sor­gung im 21. Jahr­hun­dert ent­spre­chen. Unser Ansatz ist dezen­tral aus­ge­rich­tet, soll sich aber zugleich in eine natio­na­le Ent­wick­lungs­stra­te­gie für Nami­bia ein­fü­gen und die­se wei­ter vor­an­brin­gen“, sagt Prof. Dr. Eber­hard Roth­fuß, Inha­ber des Lehr­stuhls für Sozi­al- und Bevöl­ke­rungs­geo­gra­phie an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. „Letzt­lich arbei­ten wir dar­auf hin, dass unse­re For­schungs­er­geb­nis­se und Hand­lungs­emp­feh­lun­gen in wei­te­ren sub­sa­ha­ri­schen Län­dern auf­ge­grif­fen wer­den. PRO­CE­ED soll sich als Pilot­pro­jekt bewäh­ren, aus dem geeig­ne­te Maß­nah­men für die Ener­gie­ver­sor­gung auch in ande­ren länd­li­chen Räu­men Afri­kas abge­lei­tet wer­den kön­nen“, betont der Bay­reu­ther Wissenschaftler.

Roth­fuß lei­tet das Teil­pro­jekt „Mini-Grid Com­mu­ni­ty“, das in aus­ge­wähl­ten länd­lich-peri­phe­ren Regio­nen die sozio­kul­tu­rel­len und geo­gra­phi­schen Vor­aus­set­zun­gen für eine ver­stärk­te Strom­erzeu­gung durch Insel­net­ze erkun­den soll. Mit Inter­views in aus­ge­wähl­ten Haus­hal­ten und Daten­er­he­bun­gen bei kom­mu­na­len Strom­erzeu­gern wer­den die For­scher vor allem die gesell­schaft­li­chen Vor­aus­set­zun­gen unter­su­chen, unter denen die vor­han­de­ne Infra­struk­tur an neue und nach­hal­ti­ge For­men der Ener­gie­ver­sor­gung ange­passt wer­den muss. Dabei wol­len sie auch her­aus­fin­den, in wel­chem Umfang, an wel­chen Orten und zu wel­chen Zei­ten Strom von Haus­hal­ten im länd­li­chen Nami­bia nach­ge­fragt wird. Aus den For­schungs­er­geb­nis­sen sol­len kon­kre­te Emp­feh­lun­gen für die Ein­rich­tung von Insel­net­zen erar­bei­tet werden.

Im Teil­pro­jekt „Mini-Grid Eco­no­mics“ wer­den Wis­sen­schaft­ler der Hoch­schu­le Neu-Ulm die wirt­schaft­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für eine nach­hal­ti­ge Ener­gie­ver­sor­gung in den Blick neh­men. Im Mit­tel­punkt steht dabei die Fra­ge nach einem kosten­decken­den Tarif- und Zah­lungs­sy­stem. Zudem sol­len für Unter­neh­men in Nami­bia geeig­ne­te Geschäfts­mo­del­le ent­wickelt wer­den, die die erzeug­te Elek­tri­zi­tät für gewerb­li­che Zwecke einsetzen.

Für das Teil­pro­jekt „Mini-Grid Tech­no­lo­gy“ sind wie­der­um die Pro­jekt­part­ner an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Ingol­stadt ver­ant­wort­lich, die auch das Gesamt­vor­ha­ben koor­di­niert. Hier wer­den alle tech­no­lo­gisch rele­van­ten Aspek­te unter­sucht – von tech­ni­schen Ana­ly­sen bestehen­der Ener­gie­sy­ste­me über die Ermitt­lung von Ver­brauchs­pro­fi­len und Gebäu­de­la­sten bis hin zu einer opti­ma­len Gestal­tung von Anla­gen zur Strom­erzeu­gung. Im Teil­pro­jekt „Mini-Grid Sus­taina­bi­li­ty“ wer­den schließ­lich die gesell­schaft­li­chen, wirt­schaft­li­chen und tech­no­lo­gi­schen Aspek­te einer nach­hal­ti­gen Ener­gie­ver­sor­gung im länd­li­chen Nami­bia zusammengeführt.

For­schungs­för­de­rung und wis­sen­schaft­li­che Partner

Das Bun­des­mi­ni­ste­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) för­dert das Vor­ha­ben PRO­CE­ED aus dem Rah­men­pro­gramm „For­schung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (FONA)“, das u.a. den För­der­be­reich „Inter­na­tio­na­le Part­ner­schaf­ten für nach­hal­ti­ge Inno­va­tio­nen (CLI­ENT II)“ umfasst. Wis­sen­schaft­li­cher Part­ner in Afri­ka ist das Nami­bia Ener­gy Insti­tu­te, das vom nami­bi­schen Mini­ste­ri­um für Berg­bau und Ener­gie unter­stützt wird. Part­ner bei der Umset­zung der Ergeb­nis­se in die Pra­xis sind die Hanns-Sei­del-Stif­tung Nami­bia sowie das SADC Cent­re for Rene­wa­ble Ener­gy and Ener­gy Effi­ci­en­cy – SACREEE mit Sitz in der Haupt­stadt Windhoek.

BRI­AS: Wis­sens­trans­fer mit Part­nern in Afrika

Das 2014 gegrün­de­te Baye­ri­sche For­schungs­in­sti­tut für Afri­ka­stu­di­en (Bava­ri­an Rese­arch Insti­tu­te for Afri­can Stu­dies, kurz: BRI­AS) beruht auf einer Zusam­men­ar­beit der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, der Uni­ver­si­tät Würz­burg, der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Ingol­stadt und der Hoch­schu­le für Ange­wand­te Wis­sen­schaf­ten Neu-Ulm auf dem Gebiet der Afri­ka­stu­di­en. Gemein­sam mit Part­nern in Afri­ka sol­len neue For­schungs­ideen ent­wickelt und umge­setzt wer­den. Ein wich­ti­ges Auf­ga­ben­feld für BRI­AS ist dabei der Wis­sens­trans­fer zu den Ent­schei­dungs­trä­gern in Poli­tik und Wirt­schaft. BRI­AS arbei­tet eng mit dem neu­en Exzel­lenz­clu­ster „Afri­ca Mul­ti­ple“ der Uni­ver­si­tät Bay­reuth zusammen.