Stu­die: Prag­ma­tis­mus prägt Bam­berg ab 1918

Symbolbild Bildung

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft­ler unter­sucht poli­ti­sche Debat­te am Ende der Mon­ar­chie in Bayern

Nach dem Ende des 1. Welt­kriegs leben in Bam­berg knapp 50.000 Men­schen. Eine Stra­ßen­bahn­li­nie ver­bin­det Bahn­hof, Grü­nen Markt und das berühm­te Brücken­rat­haus, genau­so gehö­ren Och­sen­ge­span­ne zum Stra­ßen­bild. Die Uni­ver­si­tät besteht damals als Lyze­um mit den Sek­tio­nen Theo­lo­gie und Phi­lo­so­phie, beschäf­tigt 10 Pro­fes­so­ren und zählt 99 Studierende.

Wel­che The­men in Bam­berg wäh­rend der soge­nann­ten Novem­ber­re­vo­lu­ti­on ab Novem­ber 1918 bis zur Über­sie­de­lung des Land­ta­ges in die ober­frän­ki­sche Stadt im Mai 1919 in der Öffent­lich­keit debat­tiert wer­den, unter­sucht Micha­el Wild. Der Mit­ar­bei­ter am Lehr­stuhl für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft der Uni­ver­si­tät Bam­berg beschäf­tig­te sich in sei­ner Dis­ser­ta­ti­on mit den dama­li­gen Aus­ga­ben des Bam­ber­ger Tag­blatts – dem Vor­läu­fer des heu­ti­gen Frän­ki­schen Tags –, des Bam­ber­ger Volks­blat­tes und des Frän­ki­schen Volks­freunds. Ins­ge­samt 2894 ein­zel­ne Arti­kel und Anzei­gen ana­ly­sier­te er und kann so ein genau­es Bild der poli­ti­schen Debat­te nach dem Ende des 1. Welt­kriegs zeichnen.

„Man kann zwei Pha­sen aus­ma­chen“, erklärt Wild. „Ein­mal die Zeit vor der Über­sie­de­lung der Regie­rung im April 1919 und die Zeit danach, wäh­rend der Bam­berg aber­mals für kur­ze Zeit zu einem Mit­tel­punkt der baye­ri­schen Geschich­te wird.“ Nach dem Ende der Mon­ar­chie auf­grund der Novem­ber­re­vo­lu­ti­on von 1918 und der Aus­ru­fung des Frei­en Volks­staats Bay­ern durch Kurt Eis­ner ist in der Dom­stadt der Auf­bau einer neu­en poli­ti­schen Ord­nung gefragt. „Die Lage ist in Bam­berg auf­fal­lend ruhig und geord­net. Kaum jemand trau­er­te der Mon­ar­chie nach. Die kon­ser­va­ti­ven, katho­li­schen und die gewerk­schafts­na­hen Kräf­te arbei­te­ten sehr schnell und prag­ma­tisch zusam­men, ein Bür­ger­rat wird gegrün­det.“ Auch wegen des nur klei­nen Anteils an Indu­strie­ar­bei­ter­schaft habe es kei­ne gro­ßen Gra­ben­kämp­fe oder beson­de­ren Unru­hen gege­ben. „Mög­li­cher­wei­se war genau das der Grund, war­um die Regie­rung im April 1919 nach Bam­berg über­sie­delt“, sagt Wild.

Die zwei­te Pha­se beginnt, als die baye­ri­sche Regie­rung vor den Tumul­ten in Mün­chen flieht und Johan­nes Hoff­mann, der Nach­fol­ger des inzwi­schen ermor­de­ten Kurt Eis­ner, mit sei­nen Mini­stern in die Neue Resi­denz auf dem Dom­berg ein­zieht. Nun wird die Mobi­li­sie­rung gegen die lin­ke Räte­re­pu­blik stär­ker, Wer­bung für Frei­korps, die links­ra­di­ka­le Auf­stän­de nie­der­schla­gen sol­len, prä­gen die Anzei­gen der Zei­tun­gen. „So ein­ver­nehm­lich das Ende der Mon­ar­chie akzep­tiert wird, so ent­schie­den war­nen die Tex­te vor der lin­ken Gefahr, vor einer lin­ken Räte­re­pu­blik.“ Ab April 1919 the­ma­ti­sie­ren die Arti­kel zudem die sich ver­schär­fen­de Woh­nungs­not in der Stadt. „Die Mit­glie­der der Regie­rung muss­ten schließ­lich unter­ge­bracht wer­den“, sagt Wild. Neben der Wohn­si­tua­ti­on sind in den Zei­tun­gen vor allem Bei­trä­ge zu The­men der Nach­kriegs­zeit wie Nah­rungs- und Koh­le­ver­sor­gung zu fin­den. „Wie heu­te reagie­ren damals die Zei­tun­gen auf wich­ti­ge Ereig­nis­se und kochen ein­zel­ne poli­ti­sche The­men im Wech­sel hoch. Aber selbst in so einer hoch­auf­ge­la­de­nen Zeit sind für die Men­schen letzt­lich die The­men am wich­tig­sten, die ihren All­tag unmit­tel­bar betreffen.“

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