Prä­si­di­um des Deut­schen Städ­te­ta­ges beriet in Bay­reuth: Städ­te enga­gie­ren sich gegen Armut

Bund und Län­der soll­ten struk­tur­schwa­che Städ­te und Regio­nen stär­ker fördern

Der Deut­sche Städ­te­tag appel­liert vor dem Hin­ter­grund eines Armuts­be­richts der Ber­tels­mann Stif­tung an Bund und Län­der, struk­tur­schwa­che Städ­te und Regio­nen stär­ker zu för­dern. Dazu müss­ten zum Bei­spiel die Mit­tel der „Gemein­schafts­auf­ga­be Ver­bes­se­rung der regio­na­len Wirt­schafts­struk­tur“ deut­lich aus­ge­wei­tet wer­den. Der Prä­si­dent des Deut­schen Städ­te­ta­ges, Ober­bür­ger­mei­ster Mar­kus Lewe aus Mün­ster, erklär­te nach einer Sit­zung des Prä­si­di­ums in Bay­reuth: „Armut zu bekämp­fen, ist gera­de in einem wohl­ha­ben­den Land wie Deutsch­land ein Muss. Die Städ­te enga­gie­ren sich hier mit den ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln. Sie betei­li­gen sich zum Bei­spiel an der Finan­zie­rung von Lei­stun­gen für Arbeits­lo­se, Kin­der und Jugend­li­che. Der Aus­bau der Kin­der­be­treu­ung kommt auch Arbeits­su­chen­den, dar­un­ter vie­len Allein­er­zie­hen­den zu Gute. Die Inte­gra­ti­on von Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund wird durch spe­zi­el­le Ange­bo­te und Deutsch­kur­se forciert.“

Die Städ­te kön­nen aller­dings die eigent­li­chen Ursa­chen für Armut viel­fach nicht lösen. Lewe for­der­te: „Um die Chan­cen auf Teil­ha­be zu stär­ken, muss ein brei­ter Ansatz ver­folgt wer­den, etwa durch gute Bil­dung und durch eine inten­si­ve Arbeits­markt- und Woh­nungs­po­li­tik. Außer­dem ist es ein wich­ti­ger Bei­trag zur Armuts­be­kämp­fung, wenn die Kom­mu­nen gestärkt wer­den. Denn die Städ­te, die den größ­ten Anteil von Sozi­al­lei­stungs­be­zie­hen­den in der Bevöl­ke­rung haben, haben oft die größ­ten finan­zi­el­len Pro­ble­me. Der Städ­te­tag erwar­tet des­halb von Bund und Län­dern, dass struk­tur­schwa­che Städ­te und Regio­nen stär­ker geför­dert wer­den. Dazu soll­te zum Bei­spiel die „Gemein­schafts­auf­ga­be zur Ver­bes­se­rung der regio­na­len Wirt­schafts­struk­tur“ aus­ge­wei­tet wer­den. Vor allem für die wirt­schafts­na­he kom­mu­na­le Infra­struk­tur in die­sem Pro­gramm brau­chen die Städ­te deut­lich mehr Mit­tel, bis­her ste­hen dafür im Bun­des­haus­halt jähr­lich nur 320 Mil­lio­nen Euro zur Ver­fü­gung. Wir brau­chen glei­che Zukunfts­chan­cen für alle Men­schen, egal an wel­chem Ort sie leben. Dabei geht es um gute Bil­dung, sozia­le Teil­ha­be und um Lei­stun­gen der Daseinsvorsorge.“

Der heu­te ver­öf­fent­lich­te Bericht zum Moni­tor Nach­hal­ti­ge Kom­mu­ne der Ber­tels­mann Stif­tung unter­sucht, wie Kom­mu­nen das The­ma Nach­hal­tig­keit sowie die Zie­le der Agen­da 2030 der Ver­ein­ten Natio­nen umset­zen. Der Bericht wid­met sich in die­sem Jahr dem Nach­hal­tig­keits­ziel, Armut zu been­den. Armut ist in unter­schied­li­cher Inten­si­tät und Aus­prä­gung in deut­schen Städ­ten prä­sent. Lang­zeit­ar­beits­lo­sig­keit und hohe Wohn­ko­sten kon­zen­trie­ren sich gera­de in gro­ßen Städ­ten und stei­gern das Armuts­ri­si­ko. Auch leben dort mehr Men­schen ohne Schul- und Berufs­ab­schlüs­se oder aus­rei­chen­de Deutschkenntnisse.

Lewe sag­te: „Vor allem feh­len­de Qua­li­fi­ka­tio­nen ver­hin­dern, dass Men­schen eine exi­stenz­si­chern­de Arbeit auf­neh­men kön­nen. Vie­ler­orts feh­len auch ein­fa­che Jobs für Gering­qua­li­fi­zier­te. Bun­des­weit kann nahe­zu jeder zwei­te Arbeits­lo­se man­gels Qua­li­fi­ka­ti­on nur Hel­fer­tä­tig­kei­ten aus­üben. Aller­dings ent­spricht nur jeder sieb­te Arbeits­platz die­sem Niveau. Der Anteil von Men­schen, die Sozi­al­lei­stun­gen nach dem SGB II erhal­ten (Hartz IV) ist in den kreis­frei­en Städ­ten und Stadt­staa­ten etwa dop­pelt so hoch wie in den Land­krei­sen. Ber­lin hat mehr SGB II-Bezie­her als ganz Bay­ern. Das ist die größ­te Armuts­fal­le, denn Erwerbs­tä­tig­keit senkt das Armuts­ri­si­ko erheb­lich. Vor die­sem Hin­ter­grund ist es für den Wohl­stand in Deutsch­land posi­tiv, dass die Erwerbs­tä­ti­gen­quo­te in den ver­gan­ge­nen Jah­ren deut­lich gestie­gen ist.“

Für Hil­fe­an­ge­bo­te über die Sozi­al­lei­stun­gen hin­aus set­zen die Städ­te bei­spiels­wei­se Sozi­al­ar­bei­te­rin­nen und Sozi­al­ar­bei­ter für die Schuldner‑, Pflege‑, Gesund­heits­be­ra­tung sowie als Ansprech­part­ner in Schu­len ein. Außer­dem prak­ti­zie­ren vie­le Städ­te bereits eine regel­mä­ßi­ge detail­lier­te Sozi­al­be­richt­erstat­tung, um ihre Maß­nah­men ziel­ge­nau zu planen.