Hoch­ef­fi­zi­ent und kosten­gün­stig: Bay­reu­ther Bio­lo­gen ent­wickeln neu­es Ver­fah­ren zur Klonierung

Symbolbild Bildung

Die DNA, wel­che die Erb­infor­ma­tio­nen eines Orga­nis­mus ent­hält, besteht aus einer lan­gen Rei­he von Nukleo­ti­den. Um die in der Abfol­ge die­ser Bau­stei­ne begrün­de­ten Funk­tio­nen unter­su­chen zu kön­nen, müs­sen DNA-Frag­men­te in Trä­ger­mo­le­kü­le ein­ge­setzt und ver­viel­fäl­tigt wer­den. Für die­sen Vor­gang der Klo­nie­rung hat ein For­schungs­team der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ein hoch­ef­fi­zi­en­tes, schnel­les und kosten­gün­sti­ges Ver­fah­ren ent­wickelt, das auf allen Gebie­ten der Bio­lo­gie, Bio­che­mie und Bio­tech­no­lo­gie sehr fle­xi­bel ein­setz­bar ist. Dabei ent­fällt das auf­wän­di­ge Scree­ning von Bak­te­ri­en­ko­lo­nien. In Sci­en­ti­fic Reports stel­len die Wis­sen­schaft­ler ihre Inno­va­ti­on vor.

Allen Ver­fah­ren, die der­zeit zur Klo­nie­rung ein­ge­setzt wer­den, ist gemein­sam, dass DNA-Frag­men­te zunächst in grö­ße­re Trä­ger­mo­le­kü­le, soge­nann­te Vek­to­ren, ein­ge­baut wer­den. Die mit DNA-Frag­men­ten bela­de­nen Vek­to­ren wer­den anschlie­ßend in Bak­te­ri­en ein­ge­schleust. Indem sich die Bak­te­ri­en ver­meh­ren und so eine Bak­te­ri­en­ko­lo­nie bil­den, wer­den die DNA-Frag­men­te tau­send­fach ver­viel­fäl­tigt. Bis­her haben die­se Ver­fah­ren einen wesent­li­chen Nach­teil: Weil der Ein­bau von DNA-Frag­men­ten in das Trä­ger­mo­le­kül nicht immer stö­rungs­frei und mit der nöti­gen Per­fek­ti­on gelingt, besit­zen kei­nes­wegs alle, son­dern nur eini­ge Kolo­nien die Vek­to­ren mit den zu ver­viel­fäl­ti­gen­den DNA-Frag­men­ten. Um die­se „Erfolgs­fäl­le“ zu iden­ti­fi­zie­ren, war bis­her ein zeit­auf­wän­di­ges und teu­res Scree­ning unvermeidlich.

Den Bay­reu­ther For­schern unter der Lei­tung von Prof. Dr. Ste­fan Schu­ster ist es jetzt gelun­gen, die­ses Scree­ning über­flüs­sig zu machen. Bei dem von ihnen ver­wen­de­ten Vek­tor han­delt es sich um ein Plas­mid, das in sei­ner Ring­struk­tur ein toxi­sches Gen ent­hält. DNA-Frag­men­te wer­den nun so in das Plas­mid ein­ge­baut, dass sie die­ses Gen erset­zen. Gelingt das nicht, bleibt das toxi­sche Poten­zi­al im Plas­mid erhal­ten. Wird in einem sol­chen Fall das Plas­mid in ein E. coli-Bak­te­ri­um ein­ge­schleust, setzt die toxi­sche Wir­kung ein: Sie führt dazu, dass das Bak­te­ri­um ver­meh­rungs­un­fä­hig wird und nicht lan­ge über­lebt. Dadurch ist von vorn­her­ein gewähr­lei­stet, dass nur sol­che E. coli-Bak­te­ri­en Kolo­nien bil­den, in denen die DNA-Frag­men­te tat­säch­lich ent­hal­ten sind. Sie müs­sen nicht nach­träg­lich mühe­voll aus­ge­le­sen wer­den. „Unser neu­es Klo­nie­rungs­sy­stem ist vor allem des­halb so effi­zi­ent, weil die Aus­le­se der mit klo­nier­ten DNA-Frag­men­ten aus­ge­stat­te­ten Bak­te­ri­en zuver­läs­sig von selbst erfolgt. Die ver­viel­fäl­tig­ten Plas­mi­de kön­nen aus die­sen Bak­te­ri­en iso­liert und wei­ter­ver­wen­det wer­den – sei es, um die klo­nier­te DNA zu ana­ly­sie­ren oder um sie für die bio­tech­no­lo­gi­sche Her­stel­lung von Pro­te­inen ein­zu­set­zen“, sagt der Bay­reu­ther Bio­lo­ge Dr. David Rich­ter, Erst­au­tor der Studie.

Das in Sci­en­ti­fic Reports vor­ge­stell­te Ver­fah­ren ver­ein­facht den Vor­gang der Klo­nie­rung noch in einer wei­te­ren Hin­sicht: Die Wis­sen­schaft­ler haben eine aus den Zel­len von E. coli-Bak­te­ri­en gewon­ne­nen Extrakt (SLi­CE) so opti­miert, dass er sich her­vor­ra­gend als „Kleb­stoff“ eig­net, um meh­re­re DNA-Frag­men­te wie die Glie­der einer Ket­te anein­an­der­zu­rei­hen und zu ver­bin­den. So kön­nen jetzt die ver­schie­den­sten Kom­bi­na­tio­nen von DNA-Frag­men­ten in das Plas­mid ein­ge­fügt wer­den – und zwar deut­lich schnel­ler als mit bis­he­ri­gen Methoden.

Das Bay­reu­ther For­scher­team hat das neue Klo­nie­rungs­sy­stem auf den Namen „ZeBRα“ getauft. Das Akro­nym lei­tet sich von den wis­sen­schaft­li­chen Bezeich­nun­gen zwei­er Fak­to­ren ab, die dabei ent­schei­dend sind. Das ver­wen­de­te Plas­mid ist ein „Zero-Back­ground Vec­tor“. Dies bedeu­tet: Bak­te­ri­en, die Plas­mid-Mole­kü­le ohne die zu ver­viel­fäl­ti­gen­den DNA-Frag­men­te ent­hal­ten, bil­den kei­ne stö­ren­den Kolo­nien im Hin­ter­grund. „Redα-Exo­nu­clea­se“ ist wie­der­um ein Bestand­teil des E. coli-Extra­cts, mit dem ver­schie­de­ne DNA-Frag­men­te anein­an­der­ge­ket­tet und in den Vek­tor ein­ge­baut wer­den können.

Anknüp­fend an die jetzt ver­öf­fent­lich­ten For­schungs­er­geb­nis­se wol­len die Wis­sen­schaft­ler ihr Klo­nie­rungs­ver­fah­ren künf­tig um wei­te­re Funk­tio­nen berei­chern und dadurch viel­sei­ti­ger ein­setz­bar machen. Ins­be­son­de­re soll der Vek­tor so opti­miert wer­den, dass er die Trans­for­ma­ti­on bestimm­ter Orga­nis­men oder Zell­li­ni­en erleich­tert. Dabei wer­den DNA-Frag­men­te direkt in Orga­nis­men oder Zel­len über­tra­gen. Weil auch die­se Über­tra­gung rela­tiv sel­ten zustan­de kommt, ist es vor­teil­haft, wenn der Vek­tor DNA-Sequen­zen mit­bringt, die zur Bil­dung fluo­res­zie­ren­der Pro­te­ine füh­ren. Die­se Pro­te­ine machen dann den erfolg­rei­chen Ein­bau der DNA-Frag­men­te sichtbar.

Ver­öf­fent­li­chung:

David Rich­ter, Katha­ri­na Bay­er, Tho­mas Toe­s­ko, Ste­fan Schu­ster: ZeBRα a uni­ver­sal, mul­ti-frag­ment DNA-assem­bly-system with mini­mal hands-on time requi­re­ment, Sci­en­ti­fic Reports 9 (2019), DOI: 10.1038/s41598-019–39768‑0