Uni­ver­si­tät Bam­berg: „Kreo­lisch – eine voll­wer­ti­ge Sprache“

Symbolbild Bildung

Sicht- und hör­ba­res Lebens­werk der Roma­ni­stin Anne­gret Bollée

  Ingrid Neumann-Holzschuh (li.) und Annegret Bollée haben 2018 ihr Etymologisches Wörterbuch vollendet. Quelle: Katharina Thoma/Universität Bamberg


Ingrid Neu­mann-Holz­schuh (li.) und Anne­gret Bol­lée haben 2018 ihr Ety­mo­lo­gi­sches Wör­ter­buch voll­endet. Quel­le: Katha­ri­na Thoma/​Universität Bamberg

Kreol­spra­chen gal­ten lan­ge als min­der­wer­tig. Ent­stan­den sind sie zur Kolo­ni­al­zeit, als Skla­ven aus ver­schie­de­nen Tei­len Afri­kas in die neu­en Kolo­nien ver­schleppt wur­den. Sie ver­stän­dig­ten sich mit ver­ein­fach­ten For­men der Spra­chen der Kolo­ni­al­her­ren, aus denen sich dann all­mäh­lich die Kreol­spra­chen ent­wickelt haben. Prof. Dr. Anne­gret Bol­lée, ehe­ma­li­ge Inha­be­rin des Lehr­stuhls für Roma­ni­sche Sprach­wis­sen­schaft und Medi­ävi­stik an der Uni­ver­si­tät Bam­berg, beschäf­tigt sich seit Jahr­zehn­ten mit dem Kreo­li­schen. Die sicht­ba­re Krö­nung ihres Lebens­werks ist die Voll­endung eines acht­bän­di­gen Ety­mo­lo­gi­schen Wör­ter­buchs der fran­zö­si­schen Kreol­spra­chen, des­sen letz­te Bän­de im Som­mer 2018 erschie­nen sind. „Noch wich­ti­ger ist mir per­sön­lich, dass ich die Kreol­spra­chen im Bewusst­sein ihrer Spre­cher auf­wer­ten konn­te“, meint Anne­gret Bol­lée lächelnd.

Als sie für ihre Habi­li­ta­ti­on in den 1970ern die Sey­chel­len besuch­te, lern­ten die Schul­kin­der auf Eng­lisch Lesen und Schrei­ben – nicht auf Kreol, ihrer Mut­ter­spra­che. Dort hieß es frü­her, dass Kreol kei­ne Spra­che sei, weil es kei­ne Gram­ma­tik habe. Die Sprach­wis­sen­schaft­le­rin ent­wickel­te eine Ortho­gra­phie fürs Sey­chel­len­kreol, die an Schu­len ein­ge­führt und bis heu­te in leicht ange­pass­ter Form im Unter­richt ver­wen­det wird, außer­dem ver­fass­te sie eine Gram­ma­tik. „Ich habe bewie­sen, dass es eine voll­wer­ti­ge Spra­che mit Gram­ma­tik ist“, erzählt Anne­gret Bol­lée. Sey­chel­len­kreol ist jetzt neben Eng­lisch und Fran­zö­sisch die offi­zi­el­le Amts­spra­che auf den Sey­chel­len. Dort wur­de Anne­gret Bol­lée im Jahr 2017 für ihren wert­vol­len Bei­trag zur Ent­wick­lung und Bewah­rung der kreo­li­schen Spra­che und Kul­tur mit einer Tro­phäe aus Glas geehrt.

Auf wis­sen­schaft­li­cher Ebe­ne sieht die For­sche­rin das Ety­mo­lo­gi­sche Wör­ter­buch der fran­zö­si­schen Kreol­spra­chen als ihr Lebens­werk an. Mit der Arbeit, die von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft geför­dert wur­de, hat sie 1980 begon­nen. Zuletzt lei­te­te sie es gemein­sam mit Prof. Dr. Ingrid Neu­mann-Holz­schuh von der Uni­ver­si­tät Regens­burg. „Mit unse­rem Wör­ter­buch erfor­schen wir auch das Fran­zö­si­sche der Kolo­ni­al­zeit und die heu­ti­gen Varie­tä­ten des Fran­zö­si­schen in Ame­ri­ka“, erklärt Anne­gret Bol­lée. „Des­halb ist es für die Wis­sen­schaft so ergie­big: Wir haben damit Grund­la­gen­for­schung gelei­stet.“ Aus den gedruck­ten Bän­den ent­steht gera­de eine digi­ta­le Daten­bank, die etwa in einem hal­ben Jahr fer­tig­ge­stellt wird.

Anne­gret Bol­lée stu­dier­te Roma­ni­stik und Angli­stik in Ham­burg, Aix-en-Pro­vence und Bonn, wo sie 1969 auch pro­mo­vier­te. 1976 wur­de sie an der Uni­ver­si­tät zu Köln in der Roma­ni­schen Phi­lo­lo­gie habi­li­tiert. Von 1978 bis 2002 hat­te sie den Lehr­stuhl für Roma­ni­sche Sprach­wis­sen­schaft und Medi­ävi­stik an der Uni­ver­si­tät Bam­berg inne.

Einen aus­führ­li­chen Arti­kel über Anne­gret Bol­lée und ihr Lebens­werk fin­den Sie unter: https://​www​.uni​-bam​berg​.de/​n​e​w​s​/​a​r​t​i​k​e​l​/​k​r​e​o​l​s​p​r​a​c​h​e​-​b​o​l​l​e​-​w​o​e​r​t​e​r​b​u​ch/