Pres­se­mit­tei­lung der Jusos Ober­fran­ken zum Wahlergebnis

Bei dem desa­strö­sen Wahl­er­geb­nis der SPD sind wir in Ober­fran­ken noch glimpf­lich davon­ge­kom­men. Mit Klaus Adelt, Inge Aures und Micha­el Busch haben wir drei Kandidat*innen mit aus­ge­zeich­ne­ten Ergeb­nis­sen in ihren Stimm­krei­sen. Wir gra­tu­lie­ren den gewähl­ten Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten damit zu ihrer Wahl! Zudem sind wir in Ober­fran­ken wei­ter­hin zweit­stärk­ste Kraft – das darf jedoch nicht über die zahl­rei­chen Ver­lu­ste hin­weg­täu­schen, die wir gera­de im länd­li­chen Raum hin­neh­men müssen.

Bun­des­ebe­ne

Wie ein Schat­ten leg­te sich die „Gro­ße Koali­ti­on“ in Ber­lin über unse­ren Wahl­kampf. Andrea Nah­les und Olaf Scholz waren bis­her nicht dazu in der Lage, die SPD aus der Kri­se zu füh­ren. Im Gegen­teil: die SPD schei­tert aber­mals an der inhalt­li­chen Pro­fi­lie­rung in der Regie­rung. Fata­le Fehl­ent­schei­dun­gen wie im Maa­ßen-Skan­dal kamen noch erschwe­rend hin­zu. Die Hartz-Refor­men, die Pri­va­ti­sie­rung der Ren­te, der Auf­bau eines Nied­rig­lohn­sek­tors und das Ermög­li­chen von schlecht bezahl­ter Leih- und Zeit­ar­beit sind histo­ri­sche Feh­ler, die die SPD end­lich über­win­den muss. Wir for­dern daher ent­schlos­se­ner denn je: die gro­ße Koali­ti­on muss been­det wer­den! Wir scheu­en kei­ne Neu­wah­len. Im näch­sten Wahl­kampf muss für uns eine Koali­ti­on mit Bündnis90/​DieGrünen und die Lin­ke das erklär­te Ziel sein. Die zahl­rei­chen durch die CSU aus­ge­lö­sten Regie­rungs­kri­sen zei­gen, dass eine Koali­ti­on mit der Uni­on momen­tan zu kei­ner sta­bi­len und pro­gres­si­ven Regie­rung füh­ren kann. Dabei steht für uns fest, dass für Andrea Nah­les und Olaf Scholz kein Platz mehr in der Par­tei­füh­rung ist. Wir erwar­ten zudem von der Vor­sit­zen­den der Bay­ern­SPD und stell­ver­tre­ten­den Par­tei­vor­sit­zen­den Nata­scha Koh­nen, dass sie sich mit den Jusos an die Spit­ze der #nogro­ko-Bewe­gung stellt.

Lan­des­ebe­ne

Jedoch kön­nen wir nicht nur die Bun­des­ebe­ne für das schlech­te Abschnei­den der Bay­ern­SPD zur Ver­ant­wor­tung zie­hen. Auch in Bay­ern wur­den in den letz­ten Jah­ren gro­ße Feh­ler gemacht. Die Land­tags­frak­ti­on ist kaum als ent­schlos­se­ne Oppo­si­ti­ons­füh­rung auf­ge­tre­ten. Pas­si­vi­tät und fal­sche Zurück­hal­tung, wie bei­spiels­wei­se bei der Zustim­mung zum Psy­chisch-Kran­ken-Hil­fe­ge­setzt, haben uns mas­siv gescha­det. Unse­re Kern­the­men wie hät­ten wir bereits vor fünf Jah­ren offen­siv ver­tre­ten müs­sen, nicht erst kurz vor der Land­tags­wahl. Wir begrü­ßen daher, dass der bis­he­ri­ge SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Mar­kus Rin­der­spa­cher nicht erneut antre­ten wird. Wir erwar­ten von der neu­en Frak­ti­on, die näch­sten fünf Jah­re stra­te­gisch zu pla­nen. Wir brau­chen zudem eine pro­fes­sio­nel­le Öffent­lich­keits­ar­beit, die die im Wahl­pro­gramm dar­ge­leg­ten The­men in die öffent­li­che Debat­te und auf Social Media in der näch­sten Legis­la­tur voranbringt.

Der Lan­des­vor­stand der Bay­ern­SPD muss unse­rer Ein­schät­zung nach nicht zurück­tre­ten. Wir erwar­ten jedoch, dass aus der fehl­ge­schla­ge­nen Kam­pa­gne zur Land­tags­wahl Kon­se­quen­zen gezo­gen wer­den. Die Öffent­lich­keits­ar­beit und Social Media Arbeit muss pro­fes­sio­na­li­siert wer­den. Kam­pa­gnen müs­sen in Zukunft gemein­sam mit der Par­tei­ba­sis ent­wickelt wer­den. Dabei müs­sen jun­ge und uns nahe­ste­hen­de par­tei­freie Men­schen aktiv mit ein­be­zo­gen wer­den und die Mög­lich­keit haben, Ideen und Kon­zep­te umzusetzen.

Ober­fran­ken

In Ober­fran­ken kön­nen wir auf ein ver­hält­nis­mä­ßig gutes Wahl­er­geb­nis zurück­blicken, jedoch fal­len ins­be­son­de­re die Ergeb­nis­se in Bam­berg, Forch­heim und Bay­reuth als beson­ders nega­tiv im auf. In die­sen Regio­nen erwar­ten wir von der SPD jetzt eine scho­nungs­lo­se Auf­ar­bei­tung des Wahl­er­geb­nis­ses mit inhalt­li­chen, per­so­nel­len und struk­tu­rel­len Kon­se­quen­zen. Die Nomi­nie­rung von Kandidat*innen darf nicht mehr in Hin­ter­zim­mern ent­schie­den wer­den. Unse­re Kandidat*innen müs­sen ent­schie­den wie­der­spie­geln, dass die SPD eine demo­kra­tisch-sozia­li­sti­sche Par­tei ist die ent­schlos­sen für eine gerech­te, soli­da­ri­sche und nach­hal­ti­ge Gesell­schaft kämpft. Das war bei eini­gen Landtagskandidat*innen nicht der Fall.

Zudem kri­ti­sie­ren wir scharf, dass nur vier Per­so­nen unter 35 und nur vier Frau­en auf 16 Listen­plät­ze nomi­niert wur­den. Wir erwar­ten, dass unse­re Par­tei­en allen Men­schen eine Chan­ce gibt, ein Land­tags­man­dat zu erhal­ten. Um die Bevöl­ke­rung Ober­fran­kens ange­mes­sen zu reprä­sen­tie­ren, müs­sen 50% der Listen­plät­ze mit Frau­en und ein Höhe­rer Anteil der Listen­plät­ze mit offi­zi­el­len Kandidat*innen der Jusos besetzt wer­den. Der Bezirks­vor­stand der SPD hät­te hier aktiv han­deln müs­sen um die Diver­si­tät unse­res Wahl­vor­schla­ges zu verbessern.

Eben­falls kri­ti­sie­ren wir den Vor­stand der ober­frän­ki­schen SPD für die Pas­si­vi­tät im Wahl­kampf. Vie­le Unter­glie­de­run­gen waren kaum Kam­pa­gnen­fä­hig und es lag oft an Juso-Wahl­kampf­teams, dass über­haupt eine Kam­pa­gne statt­fand. Wir for­dern daher die SPD-Funktionär*innen in Ober­fran­ken dazu auf, zu über­den­ken, ob sie wei­ter­hin ihre Ämter aus­füh­ren wol­len oder ob es man­cher­orts nicht an der Zeit ist, für eine neue Gene­ra­ti­on Platz zu machen.

Zusam­men­fas­sung

Wir for­dern eine inhalt­li­che Erneue­rung der SPD. Die Agen­da-Poli­tik der Hartz-Refor­men, Rie­ster-Ren­te und des Nied­rig­lohn­sek­tors müs­sen ein Ende haben. Wir müs­sen die Koali­ti­on mit der Uni­on been­den und dür­fen Neu­wah­len nicht scheu­en. Wir erwar­ten von der neu­en Land­tags­frak­ti­on von Anfang an eine kon­se­quen­te inhalt­li­che Arbeit und eine Pro­fes­sio­na­li­sie­rung der Öffent­lich­keits­ar­beit. Die Bay­ern­SPD braucht kei­nen kom­plet­ten per­so­nel­len Neu­an­fang, muss jedoch Raum für neue Ideen schaf­fen und die fehl­ge­schla­ge­ne Kam­pa­gne zur Land­tags­wahl kri­tisch auf­ar­bei­ten. Wir for­dern, dass Listen jün­ger, weib­li­cher und diver­ser wer­den und nur Kandidat*innen, die tat­säch­lich die Wer­te der SPD wie­der­spie­geln möch­ten, nomi­niert wer­den. Wir erwar­ten, dass alle Mit­glie­der bei inner­par­tei­li­chen Pro­zes­sen betei­ligt wer­den und Hin­ter­zim­mer-Abspra­chen nicht mehr statt­fin­den kön­nen. Wir gehen selbst­kri­tisch mit unse­rer eige­nen Jugend­kam­pa­gne um for­dern Spit­zen­plät­ze für Juso-Kan­di­da­tu­ren zu den näch­sten Wahlen.