Die Wahlen rücken näher – Frauenwahlrecht keine Selbstverständlichkeit

Landratsamt Forchheim: „Mehr Frauen in die Parlamente“

Frauen sind in politischen Ämtern oder den demokratisch gewählten Volksvertretungen nach wie vor unterrepräsentiert.

Im Bayerischen Landtag sind derzeit nur 51 weibliche Abgeordnete vertreten, jedoch 129 männliche Abgeordnete. Auch im Kreistag des Landkreises Forchheim befinden sich die 11 Kreisrätinnen gegenüber 49 Kreisräten in der Minderheit. Und auf Gemeindeebene sieht es im Landkreis mit nur 6 Bürgermeisterinnen gegenüber 23 Bürgermeistern nicht wesentlich besser aus.

Wahlrecht nutzen – jede Stimme zählt

Die Gleichstellungsstelle des Landratsamtes Forchheim appelliert: Gehen Sie zur Wahl, nutzen Sie Ihr aktives Wahlrecht und geben Sie ihre Stimme ab. „Frauen werbt und wählt, jede Stimme zählt, jede Stimme wiegt, Frauenwille siegt!“, so lautete der Wahlslogan von Elly Heuss-Knapp zur ersten Wahl von Frauen in Deutschland im Januar 1919.

Wer sich politisch engagieren und aktiv mitentscheiden möchte, kann vom passiven Wahlrecht Gebrauch machen und sich zukünftig als Kandidat/Kandidatin für ein Amt zur Verfügung stellen. Mehr weibliche Abgeordnete auf Bundes-, Länder-, Kreis- und Gemeindeebene tragen dazu bei, dass der Anteil von Frauen an der Bevölkerung entsprechend vertreten wird. Dadurch wird es möglich, Entscheidungen im Hinblick auf die Bedürfnisse und die Verwirklichung der Gleichheitsrechte von Frauen zu beeinflussen.

Gleichstellung noch nicht erreicht

Denn auch fast 70 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes werden Frauen im alltäglichen Leben zum Teil benachteiligt. Aktuelle Zahlen belegen die Schieflage in Sachen Gleichstellung:

  • Politische Repräsentanz: Frauenanteil in den Gemeindeparlamenten durchschnittlich nur 25%
  • Gewalt gegen Frauen: 109.000 Frauen wurden (2016) Opfer von Gewalt in der Partnerschaft.
  • Sorgearbeit: Frauen leisten 52 % mehr Haus- und Pflegearbeit als Männer, d. h. anderthalbmal so viel.
  • Führungspositionen: Mehr als zwei Drittel Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden sind mit Männern besetzt. Von 437 Verwaltungsspitzen in den Landkreisen, Stadtkreisen und kreisfreien Städten sind 11,4 % mit Frauen besetzt.
  • Altersarmut: 58 % der Menschen, die 2017 Grundsicherung erhielten, sind weiblich.

Bedingt durch niedrige Löhne und allgemein geringerer Bezahlung, Kindererziehungs- bzw. Pflegezeiten und unsicherer Beschäftigung sind Frauen häufig von Altersarmut betroffen. Dass Frauen im Alter von ihrer Rente leben können, setzt gute Beschäftigungschancen mit angemessener Bezahlung und die Anerkennung von weiblichen Beschäftigten auch in technischen und bisher von Männern dominierten Berufsfeldern voraus.

Die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit, bedarfsgerechte und qualifizierte Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für alle Kinder, flexible Arbeitszeitmodelle, bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege, gleiche Karrierechancen für Männer und Frauen (z. B. mehr Frauen in Führungspositionen und Parlamenten). Eindämmung von Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung (Mindestlohn), eigenständige Existenzsicherung für Frauen und sichere Rente, Anerkennung der Leistung von Frauen in der Gesellschaft sowie die aktive Teilnahme am politischen Leben und Mitwirkung in Parteien und demokratisch gewählten Parlamenten u.v.m. bleiben weiterhin eine Aufgabe, die es gilt, im alltäglichen Leben entsprechend umzusetzen.

Karlsruher Erklärung vom 18. September 2018 fordert: Verfassungsauftrag Gleichstellung erfüllen!

Damit dies gelingen kann, forderten die Kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten mit der auf der Bundeskonferenz am 18. September verabschiedeten Karlsruher Erklärung einen Aktionsplan, der unter Querschnittsverantwortung aller Ressorts die Ungerechtigkeiten und Fehlentwicklungen zum Nachteil von Frauen beendet. Demnach muss u. a. Schutz vor Gewalt und sexistischen Strukturen in allen Bereichen des Lebens und Arbeitens, von Gesellschaft und Politik gewährleistet werden. Dafür müssen tragfähige, aufeinander abgestimmte und nachhaltig wirksame Maßnahmen und Strukturen geschaffen werden. Weitere Informationen zur Konferenz www.frauenbeauftragte.de.

100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland

Das Recht der Frauen, wählen und sich politisch beteiligen zu können, ist heute in Deutschland und Europa eine Selbstverständlichkeit. Dies war nicht immer so. Das Frauenwahlrecht musste über Jahrzehnte von Frauen hart erkämpft werden und besteht nunmehr seit 1918 in Deutschland. Das aktive und passive Wahlrecht wie wir es heute kennen, leitet sich aus dem Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes ab. Dieser Passus „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ wurde erst nach heftigen Diskussionen im Jahr 1949 in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert, nachdem sich Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel (den sog. vier „Mütter des Grundgesetzes“) im Parlamentarischen Rat und in der Öffentlichkeit für die volle Gleichberechtigung der Frauen stark machten. Seitdem haben Männer und Frauen unter anderem das aktive und passive Wahlrecht, auch wenn die politische Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes und der Gleichberechtigung insgesamt viel Zeit brauchte und selbst heute noch eine stets neu zu erfüllende Aufgabe bleibt.

Entwicklung des Frauenwahlrechts – Der Weg zum Frauenwahlrecht in Deutschland

Bis zur Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland 1918 war es ein langer Weg. Nachfolgend eine chronologische Übersicht über die wesentlichen Stationen:

  • 1848 waren Frauen bei der Wahl für die Nationalversammlung noch ausgeschlossen.
  • 1850 wurden die ersten Bestimmungen erlassen, die den Frauen sogar die Mitgliedschaft in politischen Vereinen und Verbänden verboten haben. Dies rief Frauenrechtlerinnen auf den Plan, die versuchten, ihre Rechte einzufordern.
  • 1902 wurde dann das Vereinsrecht gelockert und Frauen waren zumindest befugt, an Veranstaltungen von Parteien teilzunehmen. Sie durften dort aber nur zuhören und sich nicht selbst beteiligen; außerdem mussten sie sich in einem gesonderten Bereich aufhalten.
  • 1904 fand in Berlin die Gründungskonferenz des „Weltbundes für Frauenstimmrecht“ statt.
  • 1908 wurde das bisherige Vereinsrecht aufgehoben und Frauen war es fortan erlaubt, in politischen Parteien und Organisationen mitzuwirken und über politische Themen zu beraten.
  • 1917 gründete sich der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht.
  • 1918 Nach dem Ende des 1. Weltkriegs und der Ausrufung der Weimarer Republik stellt der Rat der Volksbeauftragten das Regierungsprogramm vor, das auch die Proklamation des Frauenwahlrechts enthielt. Wahlberechtigt waren nun alle Frauen und Männer ab 20 Jahren.
  • Am 30. November 1918 wurde das aktive und passive Wahlrecht für alle Bürgerinnen und Bürger in der Verordnung über die Wahl zur verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung verankert. In Art. 109 Abs. 2 der Weimarer Verfassung hieß es: „Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten“.
  • 1919 Bei der ersten Wahl zur verfassungsgebenden Nationalversammlung lag die Wahlbeteiligung bei 90 % und war bei den Frauen um 1,7 % höher als bei den Männern. Es wurden 37 Abgeordnete gewählt!
    Doch unter den Nationalsozialisten fand ein Rückschritt hinsichtlich des Frauenwahlrechts statt. Schon bald waren Parteiführung und leitende Ausschüsse reine Männersache.
  • 1933 Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Rechte der Frauen noch weiter eingeschränkt und Frauen wurden aus höheren Positionen verdrängt. Die Rolle als Hausfrau und Mutter hatte wieder Priorität. Auch wurde den Frauen das passive Wahlrecht entzogen.
  • 1946 Erst nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden in beiden deutschen Staaten wieder das aktive und passive Wahlrecht für Frauen eingeführt.
  • 1949 Die Verankerung des Gleichheitsgrundsatzes „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in Artikel 3 des Grundgesetzes vom 13. Mai 1949 musste von starken Frauen erst hart erkämpft werden. Ohne das Engagement der vier „Mütter des Grundgesetzes“ Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel, die sich im Parlamentarischen Rat und in der Öffentlichkeit für die volle Gleichberechtigung der Frauen starkmachten, wäre dies nicht erreicht worden. Seitdem haben Männer und Frauen beide das aktive und passive Wahlrecht, auch wenn die politische Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes noch viel Zeit brauchte und auch heute noch eine tatsächlich Gleichberechtigung in vielen Bereichen eingefordert werden muss.
  • 1957 erst fiel das familienrechtlich verbriefte Letztentscheidungsrecht des Ehemannes in ehelichen und familiären Angelegenheiten. Dabei konnte der Ehemann seiner Frau unter gewissen Umständen verbieten, zu arbeiten oder deren Anstellungsvertrag sogar kündigen. Aber auch nach der Änderung des entsprechenden Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch war die Frau nur dann berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar war. Sobald kleine Kinder zu versorgen waren, brauchte die Frau für eine Berufstätigkeit die Einwilligung des Ehemannes. Auch konnten Frauen bis 1957 ohne Zustimmung des Ehemanns kein eigenes Bankkonto eröffnen.
  • 1970 Vorschläge zur Reform des Ehe- und Familienrechts in der BRD durch eine Sachverständigenkommission
  • 1976/1977 Die Beratungen zogen sich bis 1976 hin, sodass das neue Gesetzt erst am 14. Juni 1976 verkündet wurde und schließlich am 01. Juli 1977 in Kraft getreten ist. Seitdem sind beide Ehegatten u. a. berechtigt, erwerbstätig zu sein und können die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen regeln.