„Freun­de der Plas­sen­burg“ wid­men sich dem Maler Hans von Kulmbach

Tucher-Epitaph in St. Sebald in Nürnberg
Tucher-Epitaph in St. Sebald in Nürnberg

Farb­wucht und Dra­stik des Hans von Kulm­bach – Aus­stel­lung zum 500. Geburts­tag vorgeschlagen

Etwas unor­tho­dox näher­ten sich in die­ser Woche die Freun­de der Plas­sen­burg an ihrem Histo­ri­schen Stamm­tisch auf der Burg dem berühm­te­sten Maler der Stadt: Hans von Kulm­bach. Hol­ger Peiln­stei­ner, stell­ver­tre­ten­der Ver­eins­vor­sit­zen­der, begann vor etwa vier­zig Gästen in der Guten Stu­be der Burg­schän­ke „Al Castel­lo“ zunächst damit, ein­mal auf­zu­zei­gen, was man über den Maler der Renais­sance alles nicht weiß: „Weder sein Geburts­da­tum noch sein genau­er Name sind bekannt. Die Fei­er­lich­kei­ten 1976 zu sei­nem angeb­li­chen 500. Geburts­tag basier­ten nur auf einer vagen Annah­me, nicht auf Fak­ten“. Er müs­se nach den weni­gen urkund­li­chen und lite­ra­ri­schen Nach­rich­ten, die es über ihn gebe, etwa 1480 gebo­ren sein. Bezüg­lich des Namens des Malers wogt eine seit fast zwei­hun­dert Jah­ren andau­ern­de Dis­kus­si­on. So wer­de Hans von Kulm­bach auch als Johann oder Hans Süß, Hans Fuß oder Hans Wag­ner bezeich­net. Letzt­end­lich dür­fe man laut Peiln­stei­ner als sicher anneh­men, dass er wirk­lich ein Johann oder Hans aus Kulm­bach war: „Das ist schon deut­lich mehr, als wir von ande­ren Malern des 15. oder 16. Jahr­hun­derts wis­sen, bei denen man sich mit Not­na­men behel­fen muss, wie zum Bei­spiel beim Mei­ster des Mari­en­le­ben in Köln“. Süß ist eher ein Bei­na­me, sei­ne Mal­wei­se cha­rak­te­ri­sie­rend, als ein Haus- oder Familienname.

Wo und bei wem er sei­ne Leh­re absol­vier­te, ist eben­falls Spe­ku­la­ti­on. Die weit ver­brei­te­te Geschich­te, er sei bei Micha­el Wol­ge­muth in die Leh­re gegan­gen, ent­beh­re jeder Quellengrundlage.

Dass er ein Geschäfts­part­ner Dürers sei, der sogar mit dem gro­ßen Mei­ster das Dürer­haus betrie­ben haben soll, wie es zuwei­len zu lesen sei, müs­se laut Peiln­stei­ner man­gels schrift­li­cher Bele­ge ins Reich des Wunsch­den­kens ver­wie­sen wer­den. Peiln­stei­ner zeig­te aller­dings anhand einer Engels­mes­se und ande­rer Bil­der, dass er sich bei Dürer nach sei­ner Leh­re offen­bar wei­ter­bil­de­te und des­sen Wer­ke immi­tier­te oder gera­de­zu exakt kopierte.

Dass Hans von Kulm­bach jemals in Kra­kau war ist trotz sei­ner dor­ti­gen zahl­rei­chen und hoch­ka­rä­ti­gen Wer­ke nicht bewie­sen. Es ist laut Peiln­stei­ner um 1500 durch­aus üblich, als Künst­ler Bestel­lun­gen für Auf­trag­ge­ber aus frem­den, weit ent­fern­ten Städ­ten zu fer­ti­gen und die­se als Fracht­gut dort­hin zu senden.

„All die­se viel­leicht für man­che ent­täu­schen­den Mit­tei­lun­gen über die nicht zu bele­gen­den Geschich­ten über Hans von Kulm­bach min­dern sei­nen künst­le­ri­schen Wert, sei­ne Bedeu­tung für die Kunst­ge­schich­te und die Fas­zi­na­ti­on, die sei­ne Wer­ke aus­strah­len, über­haupt nicht“, stell­te Peiln­stei­ner fest. Sein Werk – soweit man es ihm sicher zuschrei­ben kann – spre­che für sich. Die teils hohen Sum­men, die bei Auk­tio­nen der ver­gan­ge­nen Jah­re, dar­un­ter bei Sotheby´s und Christie´s, gezahlt wur­den, las­sen eine quan­ti­fi­zier­ba­re Wert­schät­zung des Kulm­ba­cher Malers erken­nen. Dies ist aller­dings kei­ne aus­schließ­li­che Erschei­nung der Neu­zeit. Schon vor über 500 Jah­ren hat­ten hohe und höch­ste Krei­se Inter­es­se an den Schöp­fun­gen des frän­ki­schen Künst­lers. Bedeu­ten­de Auf­trag­ge­ber Hans von Kulm­bachs sind laut Peiln­stei­ner bekannt, dar­un­ter der in Kra­kau leben­de Kauf­mann Hans Boner, die Fami­lie Tucher in Nürn­berg, sowie die Hohen­zol­lern in Fran­ken. Für die­se Fami­lie fer­tig­te er die Vor­zeich­nun­gen für das Hohen­zol­lern­fen­ster in St. Sebald in Nürn­berg und das berühm­te Por­trät von Mark­graf Kasi­mir von Bran­den­burg-Kulm­bach, das heu­te die Alte Pina­ko­thek in Mün­chen ziert. Auch Kai­ser Maxi­mi­li­an scheint zu sei­nen Kun­den gehört zu haben, wie sei­ne Mit­ar­beit an des­sen Kai­ser­fen­ster in St. Sebald in Nürn­berg und ein Por­trät der Mai­län­de­rin Bian­ca Maria Sfor­za, der zwei­ten Ehe­frau des Habs­bur­ger, nahe legen.

Sehr wahr­schein­lich ist, dass er tat­säch­lich aus Kulm­bach stamm­te und sich nach sei­ner Leh­re bei wei­te­ren Mei­stern zu ver­voll­komm­nen ver­such­te, dar­un­ter bei dem Vene­zia­ner Jaco­po d´Barbari, der ihn offen­bar in die Geheim­nis­se der in der Lagu­nen­stadt ver­wen­de­ten Far­ben ein­weih­te. Damit war Hans von Kulm­bach den mei­sten sei­ner Deut­schen Kol­le­gen und Kon­kur­ren­ten des begin­nen­den 16. Jahr­hun­derts voraus.

Das Werk des Kulm­ba­chers zei­ge teils eine heu­te ver­stö­ren­de Dra­stik, die laut Peiln­stei­ner die Lebens­um­stän­de und Erfah­run­gen eines Künst­lers der Zeit um das Jahr 1500 wider­spie­ge­le. „Da prä­sen­tiert er mit einer detail­lier­ten Zeich­nung wie dem Hei­li­gen Eras­mus der Darm mit­tels einer Win­de aus dem Bauch gezo­gen wird und in einem Gemäl­de aus Kra­kau liegt der abge­schla­ge­ne Kopf der Hei­li­gen Katha­ri­na neben ihrem aus­blu­ten­den Kör­per – Hans von Kulm­bach ist hier ganz natu­ra­li­stisch und scho­nungs­los direkt“.

Peiln­stei­ner führ­te dem stau­nen­den Publi­kum anhand zahl­rei­cher Fotos die Bril­li­anz und den Vari­an­ten­reich­tum der Far­ben Hans von Kulm­bachs vor Augen. Noch heu­te sind sei­ne Gemäl­de die farb­in­ten­siv­sten und kon­trast­reich­sten der Deut­schen Renais­sance. „Gera­de die Rot­tö­ne in sei­nen Altar­bil­dern wie sie in der Alt­deut­schen Gale­rie in Bam­berg zu sehen sind, oder die iri­sie­ren­den Vari­an­ten von Blau und Rot im Tucher-Epi­taph in St. Sebald in Nürn­berg gehen weit über das bis dahin im Frän­ki­schen Bekann­te hin­aus – sie haben eine enor­me Viel­falt und teil eine Wucht, die den Betrach­ter in den Bann zieht“. Die ita­lie­nisch beein­fluß­ten Far­ben, die Mari­en­dar­stel­lung und die musi­zie­ren­den Put­ten sind fort­an cha­rak­te­ri­stisch für die Renais­sance­ma­le­rei in Fran­ken und fin­den sich in die­ser Art hier wahr­schein­lich zum ersten Mal nörd­lich der Alpen.

Neue­re For­schun­gen gehen davon aus, dass Hans von Kulm­bach mit Lukas Kra­nach dem Älte­ren in Ver­bin­dung gestan­den habe. Stil­ver­glei­che und vor allem die teils sehr ähn­li­chen Bild­kom­po­si­tio­nen und Land­schafts­dar­stel­lun­gen deu­ten dar­auf hin wie etwa im Bil­der­zy­klus zur Hei­li­gen Katha­ri­na aus der Mari­en­kir­che in Krakau.

„Einen her­aus­ra­gen­den Sta­tus hat­te er als Inven­tor, als gei­sti­ger Schöp­fer von Kir­chen­fen­stern“, so Peiln­stei­ner. Selbst im Ingol­städ­ter Mün­ster fin­den sich Glas­wer­ke, für die er die Zeich­nun­gen lie­fer­te. Eine rie­si­ge Kopie des gran­dio­sen Hohen­zol­lern­fen­sters aus St. Sebald in Nürn­berg, das Mark­graf Fried­rich den Älte­ren, sei­ne Ehe­frau Sophia von Polen und deren acht Söh­ne zeigt, fin­det sich auf der Plas­sen­burg im Hohenzollernmuseum.

Die Wert­schät­zung Hans von Kulm­bachs in der Welt der Kunst zei­ge sich auch in den zahl­rei­chen Muse­en und Gale­rien, die sei­ne Wer­ke aus­stell­ten, dar­un­ter die Uffi­zi­en in Flo­renz, das Metro­po­li­tan Muse­um in New York, der Lou­vre, das Bri­tish Muse­um, das Get­ty Muse­um in Los Ange­les und das Muse­um der Schö­nen Kün­ste in Rio de Janei­ro. In Bay­ern ist Hans von Kulm­bach außer in zahl­rei­chen Kir­chen in der Baye­ri­schen Staats­ge­mäl­de­ga­le­rie in Bam­berg, in der Frän­ki­schen Gale­rie in Kro­nach, in den Kunst­samm­lun­gen der Veste Coburg, in der Alten Pina­ko­thek in Mün­chen und nicht zuletzt in den Muse­en auf der Plas­sen­burg zu finden.

Nicht zu fin­den sind bis­her eine Rei­he von Zeich­nun­gen und Gemäl­den, die wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs aus Samm­lun­gen und Muse­en ver­schwun­den sind. Die Bre­mer Kunst­hal­le ver­mis­se schmerz­lich die Zeich­nung eines Frau­en­kopfs und in Kra­kau feh­len immer noch geraub­te Altar­ta­feln. Die Daten­bank www​.lostart​.de listet die­se Wer­ke auf, nach denen immer noch gesucht werde.

Das Ster­be­jahr des Hans von Kulm­bach 1522 gilt als sicher. In vier Jah­ren stün­de damit das 500. Jubi­lä­um an, ein Grund für die Freun­de der Plas­sen­burg, eine Aus­stel­lung zum Hans von Kulm­bach, sei­ner Zeit und sei­nem Werk vor­zu­schla­gen, die in der Plas­sen­burg prä­sen­tiert wer­den solle.