Offe­ner Brief zum Rad­we­ge­bau zwi­schen Doos und Rabeneck

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Offe­ner Brief der Bund Natur­schutz Orts­grup­pe Eber­mann­stadt-Wie­sent­tal in Koope­ra­ti­on mit der Bund Natur­schutz Kreis­grup­pe Bayreuth

Sehr geehr­te Damen und Herren,

nach­dem zahl­rei­che Mit­glie­der unse­rer Orts­grup­pe Eber­mann­stadt-Wie­sent­tal, ins­be­son­de­re aus dem Markt Wie­sent­tal, aber auch Bür­ger, Tou­ri­sten und der Fische­rei­aus­übungs­be­rech­tig­te Herr Sieg­fried Mein­gast sich an uns gewandt haben, möch­ten wir Ihnen hier­mit einen Offe­nen Brief zusen­den, in dem wir die Vor­ge­hens­wei­se beim bestehen­den Rad­we­ge­bau zwi­schen Doos und Raben­eck hin­ter­fra­gen. Außer­dem erge­ben sich hin­sicht­lich der Durch­füh­rung der Bau­maß­nah­men noch eini­ge Fra­gen. Wir bit­ten daher, die Regie­rung von Ober­fran­ken, das Land­rats­amt Bay­reuth, das Staat­li­che Bau­amt Bay­reuth und den Fische­rei­ver­band Ober­fran­ken um eine schrift­li­che Stel­lung­nah­me. Da aus unse­rer Sicht ein öffent­li­ches Inter­es­se besteht, ver­sen­den wir den Brief auch an die Lokalpresse.

Die aktu­el­len Bau­maß­nah­men befin­den sich im Land­kreis Bay­reuth. Da der „Zustän­dig­keits­be­reich“ unse­rer Orts­grup­pe Eber­mann­stadt-Wie­sent­tal die Gemein­de­ge­bie­te der Stadt Eber­mann­stadt und des Mark­tes Wie­sent­tal umfasst, bei­de lie­gen im Land­kreis Forch­heim, sind wir auch nicht als Trä­ger öffent­li­cher Belan­ge vom Staat­li­chen Bau­amt Bay­reuth infor­miert wor­den, um im Vor­feld eine Stel­lung­nah­me abge­ben zu kön­nen. Eine Stel­lung­nah­me wäre von der Kreis­grup­pe Bay­reuth gekom­men. Nach Rück­spra­che unse­rer Orts­grup­pe mit der Bund Natur­schutz Kreis­grup­pe Bay­reuth (Kon­takt: Herr 1. Vor­sit­zen­der Rein­hard Bir­k­ner und Geschäfts­stel­len­lei­ter Herr Peter Ille, Bund Natur­schutz Kreis­grup­pe Bay­reuth, Alex­an­der­str. 9, 95444 Bay­reuth, Tel: 0921/27230, E‑Mail: bayreuth@​bund-​naturschutz.​de) hat sich nun aber her­aus­ge­stellt, dass die BN-Kreis­grup­pe Bay­reuth im Vor­feld gar nicht in die Pla­nun­gen mit­ein­be­zo­gen wor­den ist. Herr Peter Ille hat uns dies in einem Tele­fo­nat bestä­tigt. Die Belan­ge des Natur­schut­zes – die Rad­we­ge­tras­se führt durch FFH- und Vogel­schutz­ge­bie­te – sind damit unzu­rei­chend berück­sich­tigt wor­den. War­um wur­de der BN als Natur­schutz­ver­band hier nicht ange­hört und in die Pla­nun­gen ein­be­zo­gen? Woll­te man damit unan­ge­neh­men Fra­gen und mög­li­chen Ein­wän­den bewusst aus dem Wege gehen? An die­ser Stel­le möch­ten wir klar beto­nen, dass der Aus­bau von Rad­we­gen grund­sätz­lich zu begrü­ßen ist und bit­ten dies auch so in der Pres­se zu kom­mu­ni­zie­ren. Trotz­dem soll­te jeder Ein­zel­fall genau betrach­tet wer­den und die Sinn­haf­tig­keit und der Ein­griff in Natur und Land­schaft auch kri­tisch hin­ter­fragt wer­den dür­fen und müssen.

In Bezug auf die mitt­ler­wei­le begon­nen Bau­maß­nah­men stel­len sich daher fol­gen­de Fragen:

  • Ist es unbe­dingt not­wen­dig, die Rad­tra­sse im Natur­park Frän­ki­sche Schweiz, in einem Landschaftsschutz‑, FFH- und Vogel­schutz­ge­biet mit einer Asphalt­decke aus­zu­stat­ten? Kein Wan­de­rer läuft ger­ne auf Asphalt! Gera­de in einer der schön­sten Wan­der­re­gio­nen wie der Frän­ki­schen Schweiz soll­te dar­auf geach­tet wer­den. Wir erin­nern hier an die erfolg­te Asphal­tie­rung des Rad­we­ges zwi­schen der Sach­sen­müh­le und Beh­rin­gers­müh­le. Damals ver­lief der Fran­ken­weg – ein Qua­li­täts­wan­der­weg, der mit euro­päi­schen För­der­mit­teln finan­ziert wor­den war – teil­wei­se auf dem noch nicht geteer­ten Rad­weg. Nach der Tee­rung muss­te der Fran­ken­weg sogar umge­lei­tet wer­den, da nach der Tee­rung die Anfor­de­run­gen an einen Qua­li­täts­wan­der­weg nicht mehr gege­ben waren.
  • War­um wird bei einer Brei­te eines Rad­we­ges von 2m bis 3m aktu­ell eine Brei­te von bis zu 8m Erd­reich aus­ge­kof­fert? Die­ses Erd­reich muss wie­der zusätz­lich gela­gert wer­den. Bei Stark­re­gen wird die­ses Erd­reich dann in die angren­zen­de Wie­sent ausgewaschen.
  • Um Platz für die Lage­rung von Bau­ma­te­ria­li­en zu schaf­fen, wur­de von der Stra­ße bis direkt ans Ufer an eini­gen Abschnit­ten das Erd­reich kom­plett abge­tra­gen! Hier erfolg­te in kein­ster Wei­se die not­wen­di­ge Sorg­falts­pflicht, um sicher­zu­stel­len, dass bei Regen kein Erd­reich in die Wie­sent gespült wird. Die Bedeu­tung des sen­si­blen Öko­sy­stems der Wie­sent mit sei­ner Bedeu­tung für die Fisch­brut wur­de hier fahr­läs­sig igno­riert. Man hät­te wenig­stens einen Schutz­strei­fen mit Vege­ta­ti­on am Ufer ste­hen las­sen kön­nen. Bei unse­ren Recher­chen und dem Gespräch mit dem Fische­rei­aus­übungs­be­rech­tig­ten – Herrn Sieg­fried Mein­gast – wur­de uns mit­ge­teilt, dass erst nach der Kri­tik Herrn Mein­gasts an die­sem Vor­ge­hen ein ca. 60cm tie­fer Gra­ben am Wie­sent­ufer aus­ge­bag­gert wur­de, damit bei Regen kein Erd­reich in die Wie­sent gelangt. Ist den Ver­ant­wort­li­chen der immer wie­der bean­stan­de­te schlech­te öko­lo­gi­sche Zustand des Fließ­ge­wäs­sers Wie­sent denn nicht bekannt? Natur­schüt­zer und Fischer kri­ti­sie­ren seit Jah­ren den hohen Nähr­stoff- und Sedi­ment­ein­trag in die Wie­sent. An ande­rer Stel­le wird dann mit vie­len Tau­send Euro die Wie­sent wie­der aus­ge­bag­gert! Der Pati­ent Wie­sent liegt auf der Intensivstation.
  • Wir bean­tra­gen auch die Ant­wort auf die Fra­ge, ob man in die­sem Bereich die Anla­ge von Park­plät­zen beab­sich­tigt und durch­füh­ren wird.
  • Uns wur­de auch mit­ge­teilt, dass selbst von ein­zel­nen Betrei­bern der Gastro­no­mie die Maß­nah­men auch sehr kri­tisch betrach­tet wer­den. Zahl­rei­che Gäste und Tou­ri­sten, die in die­sem Tal Erho­lung suchen, bedau­ern die geteer­te „Rad­we­ge­au­to­bahn“ und fra­gen sich, war­um der bestehen­de Wan­der-und Rad­weg auf der lin­ken Sei­te denn nicht genutzt wurde.

Fazit:

Betrach­tet man die aktu­ell durch­ge­führ­ten und von uns beschrie­be­nen Bau­maß­na­men und den enor­men Ein­griff in Land­schaft, Natur und die Schutz­ge­bie­te, muss man lei­der zu dem ernüch­tern­dem Ergeb­nis kom­men, dass die erfor­der­li­chen Maß­nah­men in vie­len Fäl­len nicht behut­sam und scho­nend erfolgt sind. Die geplan­ten Ver­bes­se­rungs­maß­nah­men wie Flach­was­ser­zo­nen aus Kies sind zu begrü­ßen. Der Ein­griff in die Natur muss jedoch mit dem größt­mög­li­chen Auf­wand durch­ge­führt und schließ­lich auch noch wei­ter aus­ge­gli­chen wer­den. Wir for­dern zusätz­lich, die kom­plet­te Rad­tra­sse mit Baum­pflan­zun­gen inten­siv ein­zu­grü­nen wer­den. Man könn­te eine anspre­chen­de, dicht gepflanz­te Baum­al­lee (vor­zugs­wei­se Lin­den) anle­gen, die auch für nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen noch ein eini­ger­ma­ßen „geheil­tes“ Land­schafts­bild bie­ten könnte.

Ist es aber unbe­dingt not­wen­dig, nur weil die Maß­nah­me an För­der­mit­tel gekop­pelt ist, eine brei­te asphal­tier­te Rad­we­ge­tras­se in sen­si­ble Land­schafts­be­stand­tei­le und Schutz­ge­bie­te hin­ein zu beto­nie­ren? Hät­te es nicht auch eine „klei­ne­re Lösung“ gege­ben? Auf der gegen­über lie­gen­den Fluss­sei­te befin­det sich bereits ein Wan­der­weg, der in vie­len Abschnit­ten auch als Rad­weg her­vor­ra­gend genutzt wer­den kann. Klei­ne­re und behut­sa­me­re Ein­grif­fe in die­sem Bereich wären sicher auch aus der Sicht der Steu­er­zah­ler kosten­gün­sti­ger zu haben gewe­sen. Hier gilt der Leit­spruch: „Weni­ger ist manch­mal dann doch mehr!“

Der BN behält sich wei­ter­hin vor, die oben beschrie­ben Vor­gän­ge und die Ein­grif­fe in die Schutz­ge­bie­te noch inten­siv prü­fen zu las­sen (Abwä­gungs­aus­fall, Nach­bes­se­rung) und behält sich wei­te­re recht­li­che Schrit­te vor.

Mit freund­li­chen Grüßen
Chri­sti­an Kiehr, 1. Vor­sit­zen­der der BN-Orts­grup­pe Ebermannstadt-Wiesenttal
Rein­hard Bir­k­ner, 1. Vor­sit­zen­der der BN-Kreis­grup­pe Bayreuth