Sonn­tags­ge­dan­ken: Der barm­her­zi­ge Samariter

Symbolbild Religion

Lukas­evan­ge­li­um Kapi­tel 10 V. 25 – 37, Teil I

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Unser Text ist neben der Weih­nachts­ge­schich­te der schön­ste, der bekann­te­ste der gan­zen Bibel, aber auch der­je­ni­ge, den man am wenig­sten beher­zigt. Vor Jah­ren starb in Mün­chen eine blin­de Frau bei einem tra­gi­schen Ver­kehrs­un­fall. Sie woll­te die U‑Bahn bestei­gen, erwisch­te aber den Spalt zwi­schen Wagen und Bahn­steig, stürz­te auf die Gelei­se, und, da ihr nie­mand half her­aus­zu­kom­men, da nie­mand den Alarm­knopf drück­te, wur­de die arme Frau von der anfah­ren­den U‑Bahn zer­quetscht. Die­se schlim­me Bege­ben­heit hat mich nicht nur des­halb auf­ge­wühlt, weil ich selbst blind bin, son­dern weil mir an die­sem Vor­komm­nis erneut deut­lich wur­de, dass der Haupt­feh­ler, die größ­te Sün­de von uns Men­schen nicht die Bos­heit ist, son­dern die Gleichgültigkeit.

Frei­lich ist die Sache nicht immer so ein­deu­tig. Was heißt denn das eigent­lich „Näch­sten­lie­be“? Ein jüdi­scher Rab­bi erzählt: Meh­re­re Land­wir­te saßen im Wirts­haus und tran­ken ihren Wein. Nach ein paar Glä­sern frag­te einer den andern: „Hast Du mich lieb?“ Der ant­wor­te­te: „Natür­lich. Ich bin doch gläu­big.“ Der ande­re aber hak­te nach: „Wie kannst Du sagen, dass Du mich liebst, wenn Du gar nicht weißt, wie es mir geht, ob mir etwas fehlt?“

Nicht immer ist die Not­la­ge so offen­sicht­lich wie bei der ver­un­glück­ten Frau. Man­cher gibt sich stolz und lebens­froh, meint, man dür­fe sich kei­ne Blö­ße geben, aber in Wahr­heit quä­len ihn Äng­ste und Sor­gen. Man­che Fami­lie wirkt nach außen intakt, ja vor­bild­lich, doch in Wirk­lich­keit..! Da braucht es viel Ein­füh­lungs­ver­mö­gen, Auf­merk­sam­keit und Geduld, um die wah­re Not zu spü­ren, um vor­sich­tig nach­zu­fra­gen. Här­ter als Stahl und Beton sind die Vor­ur­tei­le zwi­schen den Men­schen, die Scham, der fal­sche Stolz.

Der Schrift­ge­lehr­te aus unse­rem Text war sich nicht zu stolz, um die­sen skan­dal­um­wit­ter­ten Wan­der­pre­di­ger namens Jesus um Rat zu fra­gen. Wen­den wir uns so wie die­ser Unbe­kann­te an Jesus? Sind wir über­haupt bereit, auf ihn zu hören im Lesen der Hei­li­gen Schrift, im Gebet?

Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind