420 neue Azu­bis im Kreis Kulm­bach: NGG for­dert bes­se­re Job-Perspektiven

Symbolbild Bildung

Aus­bil­dungs­ver­trag in der Hand, aber was kommt danach? Im Land­kreis Kulm­bach kön­nen sich der­zeit rund 420 Neu-Azu­bis über eine Lehr­stel­le freu­en. So vie­le ver­sorg­te Bewer­ber zähl­te die Arbeits­agen­tur zum Start des Aus­bil­dungs­jah­res. Damit die Kar­rie­re auch nach der Abschluss­prü­fung wei­ter­geht, for­dert die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) nun bes­se­re Job-Per­spek­ti­ven für Berufs­ein­stei­ger. Eine gro­ße Hür­de nach der Aus­bil­dung, so die NGG, ist jedoch der Trend zum Job auf Zeit – zur Befristung.

Sol­che „Arbeits­plät­ze mit Ver­falls­da­tum“ sind nach einer Stu­die des Insti­tuts für Arbeits­markt- und Berufs­for­schung (IAB) in der Nah­rungs- und Genuss­mit­tel­bran­che beson­ders ver­brei­tet. Hier sind bun­des­weit knapp 54 Pro­zent aller Über­nah­men befri­stet. Ähn­lich sieht es bei den Neu­ein­stel­lun­gen aus: Hier zählt die Bran­che mit einer Befri­stungs­quo­te von 73 Pro­zent zu den Spit­zen­rei­tern. Auch in Hotels und Gast­stät­ten sind die­se Arbeits­ver­trä­ge zum Berufs­start gang und gäbe. Dort sind laut IAB 35 Pro­zent aller Über­nah­men befristet.

Micha­el Grundl, Geschäfts­füh­rer der NGG-Regi­on Ober­fran­ken, spricht von einer „Unter­neh­mer-Unsit­te“: Es kön­ne nicht sein, dass Betrie­be trotz Hoch­kon­junk­tur in vie­len Bran­chen so stark auf Befri­stun­gen setz­ten. „Wer als Job-Star­ter eine Fami­lie grün­den oder einen Kre­dit für die Woh­nungs­ein­rich­tung bekom­men will, der braucht einen siche­ren Arbeits­platz und kei­nen Zit­ter-Ver­trag“, so Grundl. Dass Berufs­ein­stei­ger beson­ders betrof­fen sind, zeigt auch die amt­li­che Sta­ti­stik. So waren in Bay­ern im ver­gan­ge­nen Jahr 12 Pro­zent der 20- bis 30-Jäh­ri­gen befri­stet beschäf­tigt – Azu­bis nicht mit­ge­rech­net. Das geht aus dem aktu­el­len Mikro­zen­sus her­vor. Danach hat­ten ins­ge­samt 362.000 Bay­ern ledig­lich einen befri­ste­ten Arbeits­ver­trag – das ist immer­hin jeder sieb­zehn­te Beschäftigte.

Auf Unter­neh­mer, die dar­über kla­gen, dass sie im Gast­ge­wer­be oder in der Ernäh­rungs­wirt­schaft kaum noch Fach­kräf­te fin­den, reagiert Grundl mit einem Kopf­schüt­teln: „Wer nach der Aus­bil­dung nur einen Ver­trag auf Zeit anbie­tet, der muss sich nicht wun­dern, dass sich Schul­ab­gän­ger woan­ders umse­hen.“ Spe­zia­li­sten von mor­gen gewin­ne man nur mit guten Löh­nen, attrak­ti­ven Arbeits­be­din­gun­gen und kla­ren Kar­rie­re­per­spek­ti­ven, so der Gewerk­schaf­ter. Befri­stun­gen soll­ten die Aus­nah­me und nicht die Regel sein. Zu den wirk­lich zwin­gen­den Grün­den einer Befri­stung gehör­ten etwa eine Pro­be­zeit oder Schwangerschaftsvertretung.

„In den Betrie­ben haben wir es aber immer häu­fi­ger mit Befri­stun­gen nach dem 08/15-Prin­zip zu tun. Jobs auf Zeit wer­den zur gän­gi­gen Pra­xis“, betont Grundl. Das Bun­des­ar­beits­mi­ni­ste­ri­um pla­ne zwar, sol­che Arbeits­ver­hält­nis­se ein­zu­däm­men. Befri­stun­gen ohne Sach­grund sol­len danach auf 18 Mona­te begrenzt wer­den und maxi­mal 2,5 Pro­zent der Beleg­schaft betref­fen. Aller­dings wären nach aktu­el­lem Stand Betrie­be mit weni­ger als 75 Beschäf­tig­ten vom Gesetz ausgenommen.

„Ein Groß­teil der Beschäf­tig­ten im Gast­ge­wer­be und im Lebens­mit­tel­hand­werk hät­te davon prak­tisch nichts“, kri­ti­siert die Gewerk­schaft und for­dert daher ein voll­stän­di­ges Ver­bot der sach­grund­lo­sen Befri­stung. Die­ses soll unab­hän­gig von der Betriebs­grö­ße gelten.

Dar­über hin­aus for­dert die NGG eine Auf­wer­tung der Berufs­aus­bil­dung. „Es soll­te auch mit dem Gesel­len­brief mög­lich sein, an der Hoch­schu­le zu stu­die­ren“, sagt Grundl. Bis­her gibt es die Hoch­schul­rei­fe nur mit dem Abitur. „Vie­le Bran­chen wan­deln sich mit der Digi­ta­li­sie­rung rasant. Das bringt ganz neue Anfor­de­run­gen an Fach­kräf­te. Ein Stu­di­um nach der Leh­re kann enorm hel­fen, sich für die Wirt­schaft 4.0 zu wapp­nen“, so der Gewerkschafter.