Bam­berg als Hort zwei­er Hei­mat­schät­ze Bayerns

Vier­zehn­hei­li­gen­mo­dell der Muse­en der Stadt Bam­berg und Samen­schüs­sel des Gärt­ner- und Häcker­mu­se­ums Bam­berg prämiert

Ein Frei­tag der 13. kann auch ein Glücks­tag sein. Das war ver­gan­ge­ne Woche so, als in Mün­chen Bal­tha­sar Neu­manns Modell von Vier­zehn­hei­li­gen des Histo­ri­schen Muse­ums und die Samen­schüs­sel des Gärt­ner- und Häcker­mu­se­ums prä­miert wur­den. Bei­de Objek­te hat die Fach­ju­ry im Auf­trag des Hei­mat- und des Kunst­mi­ni­ste­ri­ums aus etwa 600 Bewer­bun­gen als zwei der hun­dert mit jeweils 1.000 € dotier­ten Hei­mat­schät­ze aus­ge­zeich­net. Nicht die wert­vol­le Erschei­nung der Stücke fand dabei beson­de­re Beach­tung, son­dern viel­mehr die inter­es­san­ten Geschich­ten, die als kul­tur­ge­schicht­li­ches Mosa­ik Bay­erns in einem Buch zusam­men­ge­stellt werden.

Wel­che Schät­ze schlum­mern in Bay­erns nicht­staat­li­chen Muse­en? Auf die­se beson­de­re Schatz­su­che haben sich das Hei­mat­mi­ni­ste­ri­um und das Kunst­mi­ni­ste­ri­um gemein­sam mit der Lan­des­stel­le für die nicht­staat­li­chen Muse­en und dem Baye­ri­schen Lan­des­ver­ein für Hei­mat­pfle­ge im Rah­men des Wett­be­werbs „100 Hei­mat­schät­ze“ bege­ben. „Unse­re baye­ri­schen Hei­mat­mu­se­en bewah­ren regio­na­le Tra­di­ti­on und Hei­mat­kul­tur. Unzäh­li­ge Klein­ode erzäh­len span­nen­de Geschich­ten, stär­ken das Gefühl für die baye­ri­sche Lebens­art und prä­sen­tie­ren einen moder­nen, leben­di­gen Umgang mit der baye­ri­schen Hei­mat­ge­schich­te“, stell­te Finanz- und Hei­mat­mi­ni­ster Albert Für­acker jüngst bei der Prä­mie­rung von „100 Hei­mat­schät­ze“ im Rah­men eines Fest­akts in Mün­chen fest. Zwei der 100 Hei­mat­schät­ze sind in Bam­berg zu fin­den. Neben dem Gärt­ner- und Häcker­mu­se­um, das für eine Samen­schüs­sel prä­miert wur­de, erhiel­ten die Muse­en der Stadt Bam­berg die Aus­zeich­nung für das gro­ße Holz­mo­dell, das für den Neu­bau der Wall­fahrts­kir­che Vier­zehn­hei­li­gen nach Vor­la­gen von Bal­tha­sar Neu­mann geschaf­fen wurde.

Das impo­nie­rend gro­ße meter­ho­he Modell ist in der Längs­ach­se auf­klapp­bar, so dass nicht nur die barocke Fas­sa­de, son­dern vor allem auch Dach­kon­struk­ti­on und Innen­raum­ge­stal­tung sicht­bar werden.

Die 14 Heiligen

Die Ver­eh­rung von 14 als Not­hel­fer beson­ders ver­ehr­ten Hei­li­gen ist seit Mit­te des 15. Jahr­hun­derts in Vier­zehn­hei­li­gen bei Staf­fel­stein im Ober­main­tal belegt. Die Wall­fahrt blüh­te rasch auf, die Kir­che wur­de für die Pil­ger­massen zu klein. Der Bam­ber­ger Fürst­bi­schof Fried­rich Karl von Schön­born und der Klo­ster­lang­hei­mer Abt Ste­phan Mösin­ger initi­ier­ten einen Neu­bau: Mit der Pla­nung beauf­trag­ten sie Bal­tha­sar Neu­mann, der sei­nen Ent­wurf für einen gro­ßen barocken Neu­bau ein­reich­te. Grund­stein­le­gung war am 23. April 1743. Der Abt hielt den ört­li­chen Bau­lei­ter aller­dings zum Spa­ren an, so dass die­ser Neu­manns Plä­ne gra­vie­rend abän­der­te und damit des­sen Schlüs­sel­idee ver­ei­tel­te, den Gna­den­al­tar in der Vie­rung, der Schnitt­stel­le von Lang­haus und Quer­schiff, zu posi­tio­nie­ren. Neu­mann pro­te­stier­te, woll­te sich von dem Pro­jekt zurück­zie­hen, ließ sich dann aber über­zeu­gen, einen neu­en Ent­wurf zu machen, der die bereits gebau­ten Tei­le ein­be­zog. Damit der Bau­herr Fried­rich Karl von Schön­born sei­nen neu­en und genia­len Raum­ge­dan­ken begrei­fen konn­te, fer­tig­te Neu­manns Bau­bü­ro ein fast meter­ho­hes Holz­mo­dell an. Das Holz­mo­dell ist hand­werk­lich auf­wen­dig: gesägt, gedrech­selt und geschnitzt, Fen­ster­um­rah­mun­gen, Empo­ren­brü­stun­gen und Kapi­tel­le sind aus Zinn gegos­sen, Tei­le wur­den bemalt. Aus Bal­tha­sar Neu­manns rei­chem Œuvre haben sich welt­weit nur zwei der­ar­ti­ge Model­le erhal­ten, eines davon im Histo­ri­schen Muse­um Bam­berg. „Wir sind sehr stolz!“ freu­te sich Dr. Regi­na Hane­mann, Direk­to­rin der Muse­en der Stadt Bam­berg über die­se Aus­zeich­nung. „Es lohnt sich wirk­lich, die­ses beein­drucken­de Modell, das sich im Besitz des Histo­ri­schen Ver­eins Bam­berg befin­det und in unse­rer Aus­stel­lung ‚100 Mei­ster­wer­ke‘ gezeigt wird, zu besuchen.“

Samen­schüs­sel

Die höl­zer­ne Wan­ne aus dem Gärt­ner- und Häcker­mu­se­um gleicht einer simp­len Teig­mul­de, ist aber eine soge­nann­te „Samen­schüs­sel“, wie sie – sel­ten – bis heu­te von Bam­ber­ger Gärt­nern zur Rei­ni­gung selbst­ge­zo­ge­nen Gemü­se­sa­mens ver­wen­det wird: Eini­ge Hand­voll mit dem Sieb vor­ge­r­ei­nig­ten Samens wer­den in die Schüs­sel gege­ben, die mit bei­den Hän­den leicht über die Längs­ach­se geschwenkt und in die gleich­zei­tig hin­ein­ge­bla­sen wird. So flie­gen die leich­ten Rück­stän­de der Samen­kap­seln hin­aus und die schwe­ren Samen­kör­ner blei­ben im Gefäß.

Die „Samen­schüs­sel“ steht als zen­tra­les Werk­zeug der Samen­pro­duk­ti­on für den Gemü­se­sa­men­ex­port der Bam­ber­ger Gärt­ner seit dem 15. Jahr­hun­dert: Bis nach Eng­land ver­kauf­ten sie gro­ße Men­gen ihres Samen­sor­ti­ments von Zwie­beln, Rüben, Blatt- und Kohl­ge­mü­sen. Nach Drusch und Rei­ni­gung muss­te jede Lie­fe­rung im städ­ti­schen Samen­schau­amt geprüft und „gesie­gelt“, also zer­ti­fi­ziert wer­den. Mit knapp 55 Ton­nen heu­ti­gen Gewichts ver­ließ 1620 die größ­te Jah­res­lie­fe­rung Bamberg.

Nach­dem 1844 der Bahn­hof eröff­net war, erkann­ten die Gärt­ner den Nut­zen die­ses schnel­len Trans­port­mit­tels und stell­ten die mas­sen­haf­te Samen­pro­duk­ti­on end­gül­tig ein. Sie ver­sorg­ten fort­an die Kun­den ihres regio­na­len Absatz­mark­tes mit Frisch­ge­mü­se. Jeder Gärt­ner zog den Samen sei­ner eige­nen Sor­ten: die Ent­ste­hung der heu­te nur noch weni­gen loka­len Haus­sor­ten in Bam­berg. Vier Rettich‑, fünf Wirsing‑, zwei Zwie­bel- und Knob­lauchs­or­ten sowie eine Boh­ne sind von die­ser Gemü­se­viel­falt erhal­ten geblie­ben. Auch die­ses wert­vol­le und schmack­haf­te grü­ne, imma­te­ri­el­le Erbe der Bam­ber­ger Gärt­ner sym­bo­li­siert die „Samen­schüs­sel“.

„Unse­re baye­ri­sche Muse­ums­land­schaft mit ihren über 1.300 Muse­en ist eine wah­re Schatz­tru­he. Die nicht­staat­li­chen Muse­en lei­sten einen ent­schei­den­den Bei­trag zum Erhalt unse­rer unver­wech­sel­ba­ren baye­ri­schen Hei­mat. Ich freue mich, dass wir heu­te 100 Hei­mat­schät­ze aus­zeich­nen kön­nen, die die rei­che Geschich­te und das kul­tu­rel­le Erbe des Frei­staats Bay­ern wider­spie­geln“, merk­te Kunst­mi­ni­ste­rin Prof. Dr. med. Mari­on Kiech­le zum Abschluss des Wett­be­werbs an.