Min­dest­lohn-Ver­stö­ße im Kreis Forchheim

Gewerk­schaft NGG for­dert mehr Kon­trol­len im Kreis Forchheim

Haupt­zoll­amt Schwein­furt ermit­tel­te 180 Mal wegen Mindestlohn-Prellerei

Wenn der Chef den Min­dest­lohn prellt: Im Land­kreis Forch­heim gibt es wei­ter­hin Unter­neh­men, die ihren Beschäf­tig­ten weni­ger als die gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen 8,84 Euro pro Stun­de zah­len. Davon geht die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten aus. Die NGG Ober­fran­ken ver­weist dabei auf eine Bilanz der Finanz­kon­trol­le Schwarz­ar­beit beim zustän­di­gen Haupt­zoll­amt Schwein­furt. In des­sen Bereich lei­te­ten die Beam­ten im ver­gan­ge­nen Jahr ins­ge­samt 180 Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen Arbeit­ge­ber ein, die gegen das Min­dest­lohn­ge­setz ver­sto­ßen haben.

Nach Ein­schät­zung der Gewerk­schaft ist das jedoch ledig­lich die „Spit­ze des Eis­bergs“. Die Dun­kel­zif­fer lie­ge deut­lich höher. „Es kann nicht sein, dass im drit­ten Jahr nach sei­ner Ein­füh­rung noch immer vie­le Men­schen unter­halb des gesetz­li­chen Mini­mums ver­dient haben“, kri­ti­siert Micha­el Grundl, Geschäfts­füh­rer der NGG Ober­fran­ken. Wie groß das tat­säch­li­che Aus­maß der Min­dest­lohn-Prel­le­rei sei, zei­ge eine aktu­el­le Stu­die des Deut­schen Insti­tuts für Wirt­schafts­for­schung (DIW). Danach erhiel­ten im Jahr 2016 bun­des­weit rund 1,8 Mil­lio­nen Beschäf­tig­te weni­ger als den Min­dest­lohn. Beson­ders betrof­fen ist das Hotel- und Gast­stät­ten­ge­wer­be: Dort beka­men damals 38 Pro­zent der Mit­ar­bei­ter einen Lohn, der unter­halb des gesetz­li­chen Mini­mums lag, so eine Unter­su­chung der Hans-Böckler-Stiftung.

Gewerk­schaf­ter Grundl beklagt zugleich eine man­geln­de Kon­troll­dich­te beim Zoll. Dies zei­ge gera­de der Blick auf das Gast­ge­wer­be. „2017 wur­den im gesam­ten Bereich des Schwein­fur­ter Zolls 206 Betrie­be der Bran­che geprüft. Allein im Land­kreis Forch­heim gibt es nach Anga­ben der Arbeits­agen­tur jedoch 224 Hotels, Gast­stät­ten und Restau­rants“, so Grundl weiter.

Bei der Zoll­sta­ti­stik beruft sich die NGG Ober­fran­ken auf eine Aus­wer­tung des Bun­des­fi­nanz­mi­ni­ste­ri­ums für die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Bea­te Mül­ler-Gem­me­ke (Grü­ne). Danach prüf­te das Haupt­zoll­amt Schwein­furt im ver­gan­ge­nen Jahr quer über alle Bran­chen hin­weg ins­ge­samt 1.513 Arbeit­ge­ber auf Schwarz­ar­beit, Lohn-Prel­le­rei und Steu­er­hin­ter­zie­hung. Für die Ver­stö­ße gegen den gesetz­li­chen Min­dest­lohn ver­häng­ten die Kon­trol­leu­re Buß­gel­der in Höhe von rund 1.036.000 Euro.

„Wir brau­chen deut­lich mehr Kon­trol­len, um betrü­ge­ri­schen Chefs das Hand­werk zu legen“, for­dert Grundl. Dafür müs­se die Finanz­kon­trol­le per­so­nell kräf­tig auf­ge­stockt wer­den. Kein Ver­ständ­nis hat der Gewerk­schaf­ter für die Kla­gen der Arbeit­ge­ber, die Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten bräch­ten zu viel Büro­kra­tie. „Das genaue Auf­schrei­ben der Arbeits­zeit ist abso­lut nötig. Dar­auf schaut der Zoll bei den Kon­trol­len auch zuerst. Nur wenn die Arbeits­zei­ten erfasst wer­den, lässt sich Lohn­be­trug ver­hin­dern.“ Das Min­dest­lohn­ge­setz sei kein Papier­ti­ger. Es siche­re in der Regi­on Tau­sen­den Beschäf­tig­ten ein Existenzminimum.

Anfang kom­men­den Jah­res steht die näch­ste Erhö­hung des Min­dest­lohns an. Die NGG – zugleich Mit­glied der Min­dest­lohn­kom­mis­si­on – plä­diert für ein deut­li­ches Plus: „Aus 8,84 Euro muss rasch etwas Zwei­stel­li­ges wer­den“, sagt Grundl. „Grund­sätz­lich ist es ein Skan­dal, dass wir uns bei den Löh­nen der Beschäf­tig­ten in Hotel­le­rie und Gastro­no­mie über­haupt über den gesetz­li­chen Min­dest­lohn unter­hal­ten“, so der Gewerk­schaf­ter wei­ter. Nur der „Tarif­flucht der Hote­liers und Gastro-Chefs“ habe man es zu ver­dan­ken, dass vie­le Beschäf­tig­te im Gast­ge­wer­be über­haupt mit der Lohn-Unter­gren­ze abge­speist wür­den. In den Tarif­ver­trä­gen habe die NGG schließ­lich deut­lich höhe­re Löh­ne ver­ein­bart. Und die Gewerk­schaft kämp­fe gera­de erneut dar­um, am Ver­hand­lungs­tisch mit den Arbeits­ge­bern ein ordent­li­ches Lohn-Plus für die Beschäf­tig­ten durchzusetzen.