Sonn­tags­ge­dan­ken: Lie­be mich, Du Schuft!

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

König Fried­rich Wil­helm von Preu­ßen war gefürch­tet wegen sei­nes cho­le­ri­schen Tem­pe­ra­ments. Wenn er durch die Stra­ßen Ber­lins wan­der­te und einen Men­schen traf, der ihm irgend­wie selt­sam vor­kam, zog er sei­nen Stock, um kräf­ti­ge Hie­be aus­zu­tei­len. Eines Abends nun begeg­ne­te er einem Mann, der es nicht mehr recht­zei­tig schaff­te, dem stren­gen Auge sei­nes könig­li­chen Herrn zu ent­ge­hen. Fried­rich Wil­helm schnauz­te ihn an, als der in einem Haus­ein­gang ver­schwin­den wollte.

„Was suchst Du in die­sem Haus? Gehört es Dir?“

„Nein, Maje­stät.“

„Etwa Dei­nen Eltern?“

„Nein, Maje­stät.“

„Etwa einem Freund?“

„Nein, Maje­stät.“

Der Gefrag­te geriet ins Schwit­zen und sei­ne Zäh­ne klap­per­ten vor Angst. Als er den schar­fen Blick sei­nes Königs wie einen Dolch in sein Herz fah­ren spür­te, rief er ver­zwei­felt aus: „Ich woll­te mich vor Euch verstecken.“

„Was!?“, brüll­te der König auf: „Ver­stecken woll­test Du Dich. Du musst mich ehren, Du musst mich lie­ben für all das, was ich mei­nem Volk Gutes getan habe. Lie­be mich, Du Schuft!“

Der König hat­te kei­ne Ahnung von Lie­be. Lie­be kann man nicht befeh­len, sei es die Lie­be zu einem kon­kre­ten Men­schen, sei es die Lie­be zu Gott, auch wenn sie in Luthers Aus­le­gung der Zehn Gebo­te per­ma­nent ver­langt wird. Lie­be ist immer ein Geschenk, eine Gna­de. Sie stellt sich ein, wenn ich füh­le, dass einer unbe­dingt zu mir steht, mich annimmt trotz mei­ner Macken. Um die Lie­be eines Men­schen kann man nur wer­ben, sie durch Freund­lich­keit, eben durch Lie­bens­wür­dig­keit zu errin­gen suchen. Ein Recht dar­auf, von die­ser oder jener Per­son geliebt zu wer­den, hat nie­mand. Nur auf die Lie­be Got­tes dür­fen wir uns ver­las­sen: Sie gilt jedem Men­schen ohne Anse­hen der Per­son. Er möch­te, dass wir sei­ne Lie­be wei­ter­ge­ben. Natür­lich kann man nicht jeden Men­schen lie­ben. Das ist auch nicht mit der viel­be­schwo­re­nen christ­li­chen Näch­sten­lie­be gemeint. Wenn Gott uns die Kraft schenkt, und eben nur dann, kön­nen wir ver­nünf­tig, ver­ständ­nis­voll, ja rück­sichts­voll mit­ein­an­der umge­hen. Dar­um ist es so wich­tig, sich täg­lich im Gebet und im Lesen der Bibel für Got­tes Hei­li­gen Geist zu öffnen.

Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind