„Pain­ting to Remem­ber – Zer­stör­te deut­sche Syn­ago­gen“ im Histo­ri­schen Muse­um Bamberg

Gemäl­de von Alex­an­der Dett­mar – 22. April bis 14. Okto­ber 2018

Mehr als 1.400 Syn­ago­gen wur­den in der Reichs­po­grom­nacht am 9. Novem­ber 1938 und in deren Fol­ge ange­zün­det und nie­der­ge­ris­sen. In fast allen deut­schen Städ­ten und Dör­fern wur­den die Zeug­nis­se jüdi­schen Glau­bens und Gemein­de­le­bens von den Natio­nal­so­zia­li­sten zer­stört. Die mei­sten Syn­ago­gen sind für immer ver­lo­ren. Noch an zu weni­gen Orten erin­nern Gedenk­ta­feln an die Ereig­nis­se vom Novem­ber 1938. Das woll­te der Maler Alex­an­der Dett­mar nicht hin­neh­men und beschloss die Syn­ago­gen so zu malen, wie er zuvor schon vie­le noch heu­te exi­stie­ren­de Kir­chen gemalt hat­te. Aus­ge­löst durch die Wut über die bis heu­te bestehen­de Teil­nahms­lo­sig­keit vie­ler gegen­über den schreck­li­chen Ereig­nis­sen vor 80 Jah­ren ist so ein mitt­ler­wei­le über 150 Gemäl­de umfas­sen­der Zyklus ent­stan­den, der „die Viel­ge­stal­tig­keit, die Ver­traut­heit und die Bedeu­tung wie­der­gibt, die Syn­ago­gen einst für ihre Umge­bung hat­ten und den ideel­len Ver­lust zeigt“, beschreibt Dett­mar sei­ne Inten­ti­on. Bis zum 14. Okto­ber erin­nert nun die bis­lang umfas­send­ste Aus­wahl die­ser Gemäl­de im Histo­ri­schen Muse­um Bam­berg an die zer­stör­ten jüdi­schen Gotteshäuser.

„Die­se Erin­ne­rung ist kein Selbst­zweck, „son­dern heu­te mehr denn je Auf­trag, Ver­pflich­tung und Mah­nung für uns alle und beson­ders für die jun­ge Gene­ra­ti­on, dass sich sol­che furcht­ba­ren Ereig­nis­se nie wie­der­ho­len“, beton­te Bür­ger­mei­ster Dr. Chri­sti­an Lan­ge bei der Eröff­nung und dank­te dem Künst­ler, dass er mit sei­nen Bil­dern nach Bam­berg gekom­men ist, bevor sie laut Dett­mar in die­sem Jahr noch in Tel Aviv und Bue­nos Aires gezeigt werden.

Bezirks­hei­mat­pfle­ger Prof. Dr. Gün­ter Dip­pold erin­ner­te auch dar­an, dass der Umgang mit Syn­ago­gen auch nach 1945 vie­ler­orts nicht respekt­voll gewe­sen sei, dass Ver­ant­wort­li­che nicht zu einem ange­mes­se­nen Umgang gefun­den hät­ten, wür­de­lo­se Umnut­zun­gen oder schließ­lich Abriss kei­ne Sel­ten­heit gewe­sen sei­en. Gedenk­stei­ne habe man – wenn über­haupt – erst sehr spät auf­ge­rich­tet und Sanie­run­gen noch bestehen­der Syn­ago­gen hät­ten viel­fach erst seit den spä­ten 1980er Jah­ren statt­ge­fun­den. Seit den 1990er Jah­ren gibt es mit dem Zuwachs der Gemein­den durch Zuwan­de­rer aus den GUS-Staa­ten auch wie­der Syn­ago­gen-Neu­bau­ten, so auch in Bam­berg. „Durch die gelun­ge­ne Umge­stal­tung einer alten Fabrik wur­de in Bam­berg ein star­kes archi­tek­to­ni­sches Zei­chen gesetzt“, so Dip­pold weiter.

Mit den ver­lo­re­nen Bau­wer­ken beschäf­tigt sich Alex­an­der Dett­mar seit 1994. Dafür reist er durch ganz Deutsch­land, sam­melt Archiv­ma­te­ri­al und alte Abbil­dun­gen, trifft manch­mal auch Zeit­zeu­gen oder deren Ange­hö­ri­ge, um die Syn­ago­gen in sei­nen Bil­dern wie­der her­zu­stel­len. Dett­mars Syn­ago­gen erschei­nen als star­ke, bei­nah wehr­haf­te Festun­gen inner­halb der städ­ti­schen Umge­bung. Sie ste­hen im Fokus des Bil­des, wäh­rend angren­zen­de Häu­ser und Stra­ßen­zü­ge meist nur ange­deu­tet wer­den. Ihre Archi­tek­tur ist auf Grund­for­men redu­ziert; das Kolo­rit umfasst eine schma­le Palet­te aus schmut­zi­gem Weiß und erdi­gen Braun‑, Grau- und Rot­tö­nen. Im Gegen­satz zu den stei­ner­nen Vor­bil­dern fehlt den gemal­ten Syn­ago­gen jeg­li­cher Schmuck. Auch Men­schen sucht man auf Dett­mars Bil­dern ver­geb­lich. „Malen ist Erin­nern, Malen ist Reflek­ti­on. Es ist hier die leben­di­ge Aus­ein­an­der­set­zung eines leben­den Men­schen mit dem, was ver­lo­ren ist. Und so ver­wan­delt Alex­an­der Dett­mar die ver­lo­re­nen Syn­ago­gen in etwas, das lebt“, beschreibt Muse­ums­di­rek­to­rin Dr. Regi­na Hane­mann Dett­mars Male­rei. „Im Vor­der­grund ste­hen die Erin­ne­rung an die Bau­wer­ke und die Mah­nung an ihre Zer­stö­rung. ‚Pain­ting to Remem­ber‘ bil­det so auch eine inhalt­li­che Ergän­zung zur bestehen­den Aus­stel­lung ‚Jüdi­sches in Bamberg‘ “.

Histo­ri­sches Muse­um Bam­berg, Alte Hof­hal­tung, Dom­platz 7, 96049 Bamberg

Alex­an­der Dettmar

  • 1953 gebo­ren in Frei­burg im Breisgau
  • 1995 Ernst Bar­lach Preis der Ernst Bar­lach Gesell­schaft Hamburg
  • zahl­rei­che natio­na­le und inter­na­tio­na­le Ausstellungen
  • u.a.: Leo Baeck Insti­tu­te, New York; Jüdi­sches Muse­um, Ber­lin; Schirn Kunst­hal­le Frank­furt; Stadt­schloss Wei­mar – Stif­tung Wei­ma­rer Klas­sik; Römi­sche Bäder Sans­sou­ci, Pots­dam; Ernst- Bar­lach Muse­um, Rat­ze­burg; Kunst­samm­lun­gen Chemnitz