Vor­trag von Han­nes Heer im Bay­reu­ther Iwa­le­wa­haus über die Stu­den­ten­be­we­gung 1965 – 1968

Der Auf­stand gegen die „Nazi­ge­ne­ra­ti­on“. Die Stu­den­ten­be­we­gung 1965 bis 1968

Hannes Heer. Foto: Horst Rudel

Han­nes Heer. Foto: Horst Rudel

Für die einen sind sie die Hero­en ihrer Jugend, die wah­ren Grün­der einer ech­ten demo­kra­ti­schen poli­ti­schen Kul­tur in Deutsch­land. Für die ande­ren sind sie die „gei­sti­gen Müt­ter und Väter“ von Wer­te­ver­fall und poli­ti­schem Ter­ro­ris­mus: die „1968er“. Für das Evan­ge­li­sche Bil­dungs­werk sind sie es alle­mal wert, als the­ma­ti­scher Schwer­punkt 50 Jah­re spä­ter im neu­en Seme­ster­pro­gramm kri­tisch gewür­digt zu wer­den. Zum Auf­takt erwar­ten wir mit dem Ham­bur­ger Histo­ri­ker Han­nes Heer (Jg. 1941) einen pro­fi­lier­ten Prot­ago­ni­sten der 68er Bewe­gung. Der Stadt­ju­gend­ring Bay­reuth, das IWA­LE­WA-Haus der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und das Evan­ge­li­sche Bil­dungs­werk laden am Don­ners­tag, 12.04.2018 um 19.00 Uhr zu einem Vor­trag und eine fol­gen­den Film­do­ku­men­ta­ti­on über die „68er“ in das Iwa­le­wa­haus, Wöl­fel­stra­ße 2 in Bay­reuth ein.

Han­nes Heer erhielt wegen sei­ner Akti­vi­tät im Sozia­li­sti­schen Deut­schen Stu­den­ten­bund (SDS) kei­ne Zulas­sung für den Schul­dienst. Er arbei­te­te als Wis­sen­schaft­ler an For­schungs­pro­jek­ten der Uni­ver­si­tät Bre­men mit. Spä­ter war er als Dra­ma­turg und Regis­seur am Deut­schen Schau­spiel­haus Ham­burg und an den Städ­ti­schen Büh­nen Köln sowie als Regis­seur von Doku­men­tar­fil­men für ARD und ZDF tätig. Von 1993 bis 2000 war er als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter am Ham­bur­ger Insti­tut für Sozi­al­for­schung und Lei­ter des Aus­stel­lungs­pro­jek­tes „Ver­nich­tungs­krieg. Ver­bre­chen der Wehr­macht 1941 bis 1944“ tätig, das von 1995 bis 1999 gezeigt wur­de. In Bay­reuth ist Heer vor allem als Lei­ter des Aus­stel­lungs­pro­jekts „Ver­stumm­te Stim­men. Die Ver­trei­bung der ‚Juden’ aus der Oper 1933 bis 1945“, die seit 2015 als Dau­er­aus­stel­lung auf dem Bay­reu­ther Fest­spiel­hü­gel prä­sen­tiert wird, her­vor­ge­tre­ten. Han­nes Heer hat zahl­rei­che Publi­ka­tio­nen zur Geschich­te von Anti­se­mi­tis­mus, Natio­nal­so­zia­lis­mus, Krieg und Nach­kriegs­er­in­ne­rung ver­fasst und lebt als Histo­ri­ker, Publi­zist und Aus­stel­lungs­ku­ra­tor in Ham­burg. Er ist Trä­ger der Carl-von-Ossietzky-Medaille.

Im ersten Teil des Abends wird Han­nes Heer die 1968er Bewe­gung aus sei­ner Per­spek­ti­ve nach­zeich­nen: Zwei Jahr­zehn­te nach dem Ende des „Drit­ten Rei­ches“ stell­ten die im Krieg oder kurz danach Gebo­re­nen die Ver­trau­ens­fra­ge: Sie pro­te­stier­ten gegen die Lüge der eige­nen Eltern, mit der sie auf­ge­wach­sen waren, und gegen die nach dem Krieg von Tei­len der Regie­rung und Gesell­schaft betrie­be­ne Ver­harm­lo­sung der deut­schen Schuld durch den Frei­spruch und die Inte­gra­ti­on der „Nazi-Eli­ten“ in den neu­en Staat. Die Unter­stüt­zung des Schah-Regimes wie des Völ­ker­mor­des der USA in Viet­nam, die Erschie­ßung von Ben­no Ohnes­org am 2. Juni 1967 und der Mord­an­schlag auf Rudi Dutsch­ke führ­ten dazu, dass vie­le jun­ger Men­schen sich von die­sem Staat nicht mehr ver­tre­ten sahen. Ihr Auf­stand hat­te nach­hal­ti­ge Bedeu­tung für die Ent­wick­lung einer demo­kra­ti­schen Kul­tur in der Bun­des­re­pu­blik. Jür­gen Haber­mas wür­dig­te die­sen Pro­zess so: „Die­se Revol­te war für die poli­ti­sche Kul­tur der Bun­des­re­pu­blik ein Ein­schnitt, in den heil­sa­men Fol­gen nur über­trof­fen von der Befrei­ung vom NS-Régime durch die Alli­ier­ten 1945.“

Im zwei­ten Teil des Abends erle­ben wir den Film „Mein 68: Ein ver­spä­te­ter Brief an mei­nen Vater“ von Han­nes Heer. Der Film ver­sucht zwan­zig Jah­re nach dem Ende der Stu­den­ten­be­we­gung eine im Leben geschei­ter­te Aus­ein­an­der­set­zung des Autors mit sei­nem Vater, einem ehe­ma­li­gen Mit­glied der NSDAP, nachzuholen.

Die Ver­an­stal­tung wird unter­stützt durch das Bun­des­pro­gramm „Demo­kra­tie Leben“. Die Teil­nah­me ist offen für alle Inter­es­sier­ten, der Ein­tritt ist frei.