Land­rat Johann Kalb besuch­te Bam­ber­ger Lebenshilfe-Werkstatt

„Wel­che Roh­stof­fe stecken in einem kaput­ten Han­dy?“, „Was pas­siert mit der Fest­plat­te oder dem Akku aus einem Note­book?“ – Fra­gen, die die behin­der­ten Mit­ar­bei­ter der Elek­tro­schrott-Recy­cling-Abtei­lung der Lebens­hil­fe ohne zu über­le­gen beant­wor­ten kön­nen. Als neu­es Arbeits­an­ge­bot star­te­te vor 1 ½ Jah­ren in der Bam­ber­ger Lebens­hil­fe-Werk­statt Moos­stra­ße 114 in Zusam­men­ar­beit mit der Abfall­wirt­schaft des Land­rats­amt Bam­berg das Elektroschrottrecycling.

Bereits von 1997 bis 2005 war die Lebens­hil­fe Bam­berg im Bereich der Ver­wer­tung von Elek­tro­alt­ge­rä­ten für den Land­kreis Bam­berg tätig. Damals wur­den in den Werk­stät­ten Bild­schirm­ge­rä­te in ihre Bestand­tei­le zer­legt und dem Recy­cling zuge­führt. Die­se Zusam­men­ar­beit ende­te durch die Ein­füh­rung des Elek­tro- und Elek­tronik­ge­rä­te­ge­setz – Elek­troG, da dadurch die Her­stel­ler für die Ver­wer­tung von Elek­tro­alt­ge­rä­ten zustän­dig wur­den. Erst durch ent­spre­chen­de Beschlüs­se des Umwelt­aus­schus­ses in den Jah­ren 2013 und 2016 wur­den die Wei­chen für eine erneu­te Zusam­men­ar­beit gestellt.

Um sich ein Bild von der Arbeit der behin­der­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter zu machen, besuch­ten Land­rat Johann Kalb und Mit­ar­bei­ter des Land­rats­amts die Werk­statt und stell­ten inter­es­siert ihre Fra­gen. „Die­se Koope­ra­ti­on zwi­schen der Lebens­hil­fe Bam­berg und der Abfall­wirt­schaft des Land­krei­ses Bam­berg ist bay­ern­weit ein­zig­ar­tig“, freut sich Land­rat Johann Kalb.

Bür­ge­rin­nen und Bür­ger geben ihre aus­ge­dien­ten Elek­tro­ge­rä­te an den Sam­mel­stel­len und Wert­stoff­hö­fen des Land­krei­ses ab. Die Elek­tro­klein­ge­rä­te-Con­tai­ner im Land­kreis Bam­berg wer­den von der Kol­ping Dienst­lei­stungs GmbH in regel­mä­ßi­gen Abstän­den ent­leert. Kol­ping fährt den gesam­mel­ten Elek­tro­schrott in die Werk­statt für Men­schen mit Behin­de­rung, die für den wert­vol­len Schrott Geld bezah­len muss. Hier wird der Elek­tro­schrott von Mit­ar­bei­tern ver­wo­gen und spä­ter für die Zer­le­gung vor­sor­tiert. Manch Kurio­ses taucht dabei auf und wird eben­falls gesam­melt: „Wir sind ver­pflich­tet zu prü­fen, was von den Gerä­ten noch ver­wen­det wer­den kann, die schön­sten Rari­tä­ten und Retro-Gerä­te wer­den wir bei unse­rem Advents­markt ‚Bevor des ersch­ta Licht­la brennt‘ zum Ver­kauf anbie­ten“, so Werk­statt­lei­ter Ste­fan König und zeigt dabei auf ein Regal in dem ein elek­tri­scher Weih­nachts­mann, eine Ven­ti­la­tor aus den 1950er Jah­ren und der erste elek­tri­sche Dia­pro­jek­tor ste­hen. In der Grup­pe arbei­ten 7 bis 8 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter mit ihrem Grup­pen­lei­ter Alex­an­der Schust und demon­tie­ren Recei­ver, Com­pu­ter, Tei­le aus der Unter­hal­tungs­elek­tro­nik und vie­les mehr. Land­rat Johann Kalb lässt sich von einem Mit­ar­bei­ter, der gera­de einen PC aus­ein­an­der schraubt erklä­ren, wel­che Tei­le noch wert­voll sind. Jeder Mit­ar­bei­ter zer­legt ein Gerät in alle Ein­zel­tei­le. Die demon­tier­ten Bau­tei­le wer­den dann nach 25 ver­schie­de­nen Frak­tio­nen in Git­ter­bo­xen gesam­melt. Die Mit­ar­bei­ter sind geschult und mitt­ler­wei­le Pro­fis im Erken­nen von wert­vol­len Bestand­tei­len, wie z. B. Kup­fer­dräh­ten oder Pro­zes­so­ren. Ins­be­son­de­re die elek­tro­ni­schen Bau­tei­le, Pla­ti­nen oder Stecker ent­hal­ten Edel­me­tal­le wie Kup­fer, Sil­ber, Gold oder sel­te­nen Erden, für die Wie­der­an­käu­fer gutes Geld bezahlen.

Klaus Gal­lenz, Vor­sit­zen­der der Lebens­hil­fe Bam­berg, ist erfreut über die Zusam­men­ar­beit mit dem Land­kreis Bam­berg und die guten Zah­len der Recy­cling-Grup­pe. „Letz­tes Jahr wur­den 78,8 t Elek­tro­schrott zer­legt. Der Ver­kauf der Wert­stof­fe fließt direkt in die Löh­ne der behin­der­ten Mit­ar­bei­ter. Und neben dem Umwelt­schutz-Aspekt sehen die Mit­ar­bei­ter täg­lich direkt in den Sam­mel­be­häl­tern, was sie wie­der gelei­stet haben.“

Werk­statt­lei­ter, Ste­fan König bestä­tigt, dass die Mit­ar­bei­ter in der Recy­cling-Grup­pe sehr stolz auf ihre Arbeit sind. Die ein­zel­nen gesam­mel­ten Frak­tio­nen wer­den ger­ne den Besu­chern gezeigt. Die Men­schen ver­ste­hen, dass hier Wert­vol­les gesam­melt wird, aus dem wie­der neue Bau­tei­le ent­ste­hen kön­nen.“ Das Arbeits-Ange­bot soll jetzt auch auf die Werk­statt für psy­chisch kran­ken Men­schen, der Reha­We erwei­tert wer­den. Für die Lebens­hil­fe-Werk­stät­ten ist es wich­tig neben den Auf­trä­gen aus der Indu­strie auch immer Arbeit für kon­junk­tur­un­ab­hän­gi­ge Tätig­kei­ten vor­zu­hal­ten. Und Bir­git Ramming-Scholz, die Geschäfts­be­reichs­lei­te­rin für Kom­mu­na­les und Kreis­ein­rich­tun­gen beim Land­rats­amt ist sich sicher: „In der heu­ti­gen Weg­werf­ge­sell­schaft, wo eine Repa­ra­tur auch gar nicht mehr lohnt oder mög­lich ist, wird die Elek­tro­re­cy­cling-Abtei­lung der Lebens­hil­fe sicher nie arbeits­los werden.“

Die Idee, die Klein­ge­rä­te bei der Lebens­hil­fe demon­tie­ren zu las­sen, hat­ten Jür­gen Pfi­ster und Franz Heer, der Lei­ter der Abfall­wirt­schaft und sein Abfall­be­ra­ter wuss­ten, dass die Lebens­hil­fe bis 2005 bereits Elek­tro­ge­rä­te demon­tiert haben. Mit der Ein­füh­rung neu­er Bestim­mun­gen war das zunächst nicht mehr mög­lich. Pfi­ster und Heer tra­ten an die Lebens­hil­fe her­an, ob die­se Tätig­keit nicht wie­der auf­ge­nom­men wer­den könn­te. Seit 2016 wur­de die Werk­statt nach dem neu­en Elek­tro- und Elek­tronik­ge­rä­te­ge­setz zer­ti­fi­ziert und ist damit berech­tigt, die nicht nur unge­fähr­li­chen Tei­le fach­ge­recht zu ent­sor­gen. Eine gelun­ge­ne Zusam­men­ar­beit von Land­rats­amt und Lebens­hil­fe ent­stand, für die Land­rat Kalb sich bei sei­nen Mit­ar­bei­tern und der Lebens­hil­fe bedank­te. Auch Werk­statt­lei­ter Ste­fan König bedank­te sich für die gute Zusam­men­ar­beit, denn neben dem Elek­tro­schrott wer­den auch Wachs­re­ste gesam­melt, die in nach­hal­tig pro­du­zier­ten Anzünd­hil­fen für Kamin und Grill Ver­wen­dung fin­den. In der Pro­duk­ti­on fin­den wie­der 8 schwer­be­hin­der­te Mit­ar­bei­ter eine sinn­stif­ten­de Tätig­keit. Als Idee schwebt jetzt im Raum, die Kor­ken, die eben­falls auf den Wert­stoff­hö­fen gesam­melt wer­den, bei der Lebens­hil­fe zu sor­tie­ren, zu ver­packen und als Bastel­ma­te­ri­al über das Inter­net zu vertreiben.

In der Werk­statt Moos­stra­ße 114 wird neben dem Elek­tro­schrott-Recy­cling vor allem Metall bear­bei­tet und Mon­ta­ge- und Ver­packungs­ar­bei­ten für die Indu­strie durch­ge­führt. „Wir möch­ten viel­fäl­ti­ge Arbeits­plät­ze bie­ten, so dass jeder Mensch mit Behin­de­rung, der auf dem ersten Arbeits­markt kei­ne Stel­le fin­det, bei uns etwas machen kann, was ihm liegt und Spaß macht. Jede Werk­statt hat ihre Schwer­punk­te und neue Mit­ar­bei­ter kön­nen erst­mal über­all rein­schnup­pern, um zu testen, was ihnen liegt. Und ein Wech­sel in ein ande­res Arbeits­feld ist selbst­ver­ständ­lich auch mög­lich“, erläu­tert Vor­sit­zen­der Klaus Gallenz.

Die 4 Werk­stät­ten der Bam­ber­ger Lebens­hil­fe-Werk­stät­ten gGmbH bie­ten 700 Men­schen mit Behin­de­rung einen Arbeits­platz und beschäf­ti­gen 139 Personalmitarbeiter.

Beson­ders gern ange­nom­men wer­den aus­ge­dien­te PCs, Note­books, Ste­reo­an­la­gen und Elek­tro-Klein­ge­rä­te. Bild­schir­me und Fern­seh­ge­rä­te und ande­re Groß­ge­rä­te (Wasch­ma­schi­nen, Kühl­schrän­ke etc.) kön­nen nicht ange­nom­men wer­den. Die Gerä­te kön­nen werk­tags auch von 8.00–14.30 Uhr direkt in der Moos­stra­ße 114 in Bam­berg abge­ge­ben werden.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Lebens­hil­fe fin­den Sie unter: www​.lebens​hil​fe​-bam​berg​.de