Bay­reu­ther For­scher ent­decken Weg zur Farb­steue­rung von OLEDs

Symbolbild Bildung

Damit Bild­schir­me kräf­ti­ger leuchten

Orga­ni­sche Leucht­di­oden (OLEDs) wer­den in Smart­phones und TV-Gerä­ten ein­ge­setzt und unter­stüt­zen eine kon­trast­rei­che Dar­stel­lung von Far­ben. In die­sen Dioden wer­den als orga­ni­sche Halb­lei­ter oft kon­ju­gier­te Poly­me­re ein­ge­setzt. For­scher der Uni­ver­si­tät Bay­reuth haben jetzt her­aus­ge­fun­den, wie die räum­li­che Struk­tur die­ser Poly­me­re genutzt wer­den kann, um die Far­ben der OLEDs zu steu­ern und Bild­schir­me noch bes­ser zum Leuch­ten zu brin­gen. Im Wis­sen­schafts­ma­ga­zin PNAS stel­len sie die­sen bis­her unbe­kann­ten Mecha­nis­mus vor.

Poly­me­re mit Rück­grat: Räum­li­che Struk­tu­ren bestim­men die Far­ben des Lichts

Im Mit­tel­punkt der neu­en For­schungs­er­geb­nis­se ste­hen Poly­me­re, die sich für den Ein­satz in orga­ni­schen Leucht­di­oden eig­nen. Auf­grund der anein­an­der geket­te­ten mole­ku­la­ren Bau­stei­ne besit­zen sie ein Rück­grat. Wer­den die Poly­me­re nun einem Laser­strahl aus­ge­setzt, absor­bie­ren sie das Licht und spei­chern es als Anre­gungs­en­er­gie. Die­se Ener­gie brei­tet sich an ihrem Rück­grat ent­lang aus. Kurz dar­auf wird sie durch Abstrah­lung von Licht freigesetzt.

Bis­her ist man davon aus­ge­gan­gen, dass die Far­be des abge­strahl­ten Lichts davon abhän­gig sei, wie weit sich die Anre­gungs­en­er­gie in den Poly­me­ren aus­brei­tet: Der Bereich, in dem sich die Ener­gie aus­dehnt, sei umso klei­ner, je stär­ker die Poly­me­re gekrümmt sind, hieß es. Doch die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler haben die­se Annah­men jetzt wider­legt. Die von ihnen unter­such­ten Poly­me­re haben ein che­misch iden­ti­sches Rück­grat und sind unter­schied­lich gekrümmt, aber die Anre­gungs­en­er­gie dehnt sich über gleich gro­ße Berei­che aus. Gekrümm­te Poly­me­re sen­den grü­nes oder blau­es Licht aus, gestreck­te Poly­me­re strah­len gelb oder röt­lich. „Wenn die­se Poly­me­re in orga­ni­schen Leucht­di­oden zum Ein­satz kom­men, kön­nen ihre unter­schied­li­chen räum­li­chen Struk­tu­ren genutzt wer­den, um die Far­ben des von den OLEDs abge­strahl­ten Lichts prä­zi­se zu steu­ern“, erklärt der Phy­si­ker Domi­nic Rai­thel M.Sc., Erst­au­tor der jetzt in PNAS ver­öf­fent­lich­ten Studie.

Wie die Bay­reu­ther For­scher eben­falls her­aus­ge­fun­den haben, besit­zen gestreck­te Poly­me­re ein von ihren Sei­ten­ar­men gebil­de­tes Gerüst, das die Streckung sta­bi­li­siert. „Dar­aus ergibt sich für Leucht­di­oden ein beson­de­rer Vor­teil: Wenn gestreck­te Poly­me­re über­ein­an­der geschich­tet wer­den, sor­gen die Gerü­ste für Sta­bi­li­tät. Die Licht­emis­si­on wird dadurch nicht geschwächt“, sagt Rai­thel. Vor kur­zem hat er sei­ne Dis­ser­ta­ti­on im DFG-Gra­du­ier­ten­kol­leg „Pho­to­phy­sics of Syn­the­tic and Bio­lo­gi­cal Mul­ti­chro­mo­pho­ric Systems“ der Uni­ver­si­tät Bay­reuth abge­schlos­sen. Hier wer­den natür­li­che und künst­li­che orga­ni­sche Mate­ria­li­en in enger inter­dis­zi­pli­nä­rer Zusam­men­ar­beit erforscht. So waren an der neu­en Stu­die sowohl die Expe­ri­men­tal­phy­si­ker Prof. Dr. Anna Köh­ler und Prof. Dr. Jür­gen Köh­ler als auch Prof. Dr. Mukun­dan The­l­ak­kat als Exper­te für Funk­ti­ons­po­ly­me­re beteiligt.

Trans­at­lan­ti­sches Zusam­men­spiel von Theo­rie und Experiment

Bei den ver­glei­chen­den expe­ri­men­tel­len Unter­su­chun­gen der Poly­me­re kamen ver­schie­de­ne Spek­tro­sko­pie­ver­fah­ren zum Ein­satz. „Ent­schei­dend war dabei die Ein­zel­mo­le­kül­spek­tro­sko­pie bei sehr tie­fen Tem­pe­ra­tu­ren, für die uns hier in Bay­reuth eine hoch­lei­stungs­fä­hi­ge Infra­struk­tur zur Ver­fü­gung steht. Mit die­ser Metho­de konn­ten wir die Far­ben des emit­tier­ten Lichts und schließ­lich auch die Aus­deh­nung der Anre­gungs­en­er­gie über die ket­ten­för­mig auf­ge­bau­ten Poly­me­re bestim­men“, erklärt Dr. Richard Hild­ner, der die For­schungs­ar­bei­ten an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth koor­di­niert hat.

Die Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­ler haben eng mit einer Arbeits­grup­pe an der Rice Uni­ver­si­ty in Houston/​Texas zusam­men­ge­ar­bei­tet. Hier wur­den von Dr. Lena Simi­ne und Prof. Dr. Peter J. Ross­ky umfang­rei­che Berech­nun­gen zum Ein­fluss der Poly­mer­struk­tu­ren auf die Far­be des emit­tier­ten Lichts ange­stellt. Die Ver­bin­dung von expe­ri­men­tel­len mit theo­re­ti­schen Metho­den führ­te schließ­lich zu Ein­blicken in die räum­li­che Struk­tur ein­zel­ner Poly­me­r­ket­ten, die mit her­kömm­li­chen bild­ge­ben­den Ver­fah­ren nicht mög­lich sind.

Ver­öf­fent­li­chung:

Domi­nic Rai­thel, Lena Simi­ne, Seba­sti­an Pickel, Kon­stan­tin Schötz, Fabi­an Pan­zer, Seba­sti­an Bader­schnei­der, Dani­el Schie­fer, Ruth Loh­was­ser, Jür­gen Köh­ler, Mukun­dan The­l­ak­kat, Micha­el Som­mer, Anna Köh­ler, Peter J. Ross­ky and Richard Hild­ner: Direct obser­va­ti­on of back­bone pla­na­rizati­on via side-chain ali­gnment in sin­gle bul­ky-sub­sti­tu­ted polythiophenes,
Pro­ce­e­dings of the Natio­nal Aca­de­my of Sci­en­ces of the United Sta­tes of Ame­ri­ca – PNAS 2018, vol. 115, no. 11, pp. 2699–2704.

DOI: 10.1073/pnas.1719303115

For­schungs­för­de­rung:

Die For­schungs­ar­bei­ten wur­den geför­dert von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG), vom Baye­ri­schen Wis­sen­schafts­mi­ni­ste­ri­um im Rah­men des Net­werks „Solar Tech­no­lo­gies Go Hybrid“, vom Eli­te­netz­werk Bay­ern (ENB) sowie von der Natio­nal Sci­ence Foun­da­ti­on (NSF) der USA. Prof. Dr. Micha­el Som­mer (Uni­ver­si­tät Freiburg/​TU Chem­nitz) syn­the­ti­sier­te eini­ge der unter­such­ten Poly­me­re, Prof. Dr. Marin van Heel (Uni­ver­si­tät Lei­den) ent­wickel­te Algo­rith­men für die Datenanalyse.