Lukaspassion in der St. Bartholomäus-Kirche in Pegnitz

Zum traditionellen Passionskonzert der Kantorei erklingt in diesem Jahr am Sonntag, 18. März um 17 Uhr in der St. Bartholomäus-Kirche in Pegnitz die Vertonung der Passionsgeschichte nach Lukas von Georg Phillip Telemann. Er war in der Barockzeit weitaus bekannter und geschätzter als sein Zeitgenosse Johann Sebastian Bach. Telemann lernte Musik weitgehend im Selbststudium und begann sein äußerst erfolgreiches Komponieren schon im Gymnasium, wodurch er bereits früh Kompositionsaufträge erhielt. Die ersten größeren Erfolge feierte er in Leipzig, wo er das Collegium Musicum gründete, das später von Johann Sebastian Bach weitergeführt wurde. In Leipzig leitete er bereits Opernaufführungen und wurde Musikdirektor der damaligen Universitätskirche. 1712 wurde Telemann in Frankfurt am Main zum städtischen Musikdirektor und zum Kapellmeister zweier Kirchen ernannt. Ab 1721 besetzte er als Kirchenmusikdirektor der Stadt Hamburg eines der angesehensten musikalischen Ämter Deutschlands, wenig später übernahm er die Leitung der Oper. Auch hier stand er weiterhin mit auswärtigen Höfen, zum Beispiel in Bayreuth als Kapellmeister, in Verbindung und veranstaltete für die städtische Oberschicht regelmäßige öffentliche Konzerte. Mit einem Aufenthalt in Paris erlangte Telemann internationalen Ruhm.

Stilistisch hebt sich Telemann von Bach nicht nur wegen der Kürze seiner Oratorien ab. Er hat mehr Gemeinsamkeiten mit der Musik von Bachs Sohn Carl Phillip Emanuel, dessen Patenonkel er auch war. Er prägte durch neue Impulse maßgeblich die Musikwelt und Anschauung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Telemann schrieb insgesamt 46 kompakt gehaltene Passionsoratorien. Sie waren nicht für einen besonderen Gottesdienst an  Karfreitag gedacht, sondern für die ganz normalen Sonntagsgottesdienste in der Passionszeit. Daher dauern sie auch generell nie länger als 90 Minuten. Aufgrund der gebotenen Knappheit beginnt die biblische Erzählung erst mit der Nacht am Ölberg und lässt die Einsetzung des Abendmahls weg. Genauso entfällt die Erzählung von der Grablegung am Ende der Passion. Telemanns Passionen gruppieren sich auch nicht um die Predigt, sondern wurden schon bei ihrer Entstehung als fortlaufendes Werk ohne Unterbrechung konzipiert. Von den fünf erhaltenen Passionen nach dem Lukasevangelium zeichnet sich die von 1744 neben ausdrucksstarken Arien vor allem durch dramatische, immer kurz gefasste Turbachöre aus, die an die Grenzen des in der Barockzeit harmonisch Vorstellbaren geht. Telemann geht in der musikalischen Interpretation des Textes neue Wege. Aus dramaturgischen Gründen stellt er dabei auch Bibelverse um oder ersetzt sie durch eine Arie. Denn er war, anders als Johann Sebastian Bach, nie ein „Beter“ mit Fixierung auf den Wortlaut der Heiligen Schrift, sondern sah sich vor allem als Aufklärer. Dadurch ist weniger die Göttlichkeit Christi im Fokus, als seine Menschlichkeit, sein Wirken als Heiler und als Lamm Gottes. Zentrales Anliegen der Lukas-Passion von 1744 ist die Ablehnung jeglicher Form von Gewalt, egal, ob von Seiten der Anhänger oder der Gegner Jesu. Dieser psychologische sorgfältig ausmusizierte Aspekt, des erbarmungslosen Umgangs einer in Aufruhr versetzten Masse mit dem Einzelnen verleiht dem Werk eine bis in unsere Zeit reichende Aktualität. In der etwa 90 Minuten dauernden Passion erklingen nur drei Choräle: zu Beginn, während der Ölbergszene und als kontemplativer Abschluss. Typisch für Telemann sind in gesangliche Melodien, einfallsreich eingesetzte Klangfarben und außergewöhnliche harmonische Effekte. Die Capella Cracoviensis begleitet die Kantorei St. Bartholomäus. Solisten sind Saskia Kreuser, Sopran, Ewald Bayerschmidt, Tenor und Michael Albert, Bass. Die Gesamtleitung hat Jörg Fuhr.

Kartenvorverkauf ab Mittwoch, 28. Februar im Schreibwarengeschäft Wöckel, Telefon 09241-5771 Schüler und Studenten erhalten eine Ermäßigung von 5 €. Die Abendkasse ist ab 16 Uhr geöffnet.

Saskia Kreuser, Sopran

Aus Stuttgart, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Spanien und Argentinien. Sie studierte Musikwissenschaft in Freiburg und Gesang an der Musikhochschule in Stuttgart bei Prof. Michiko Takanashi. Meisterkurse bei Ingrid Kremling-Domanski, Sylvia Geszty, Martha Sharp und Thomas Peiffer ergänzten die Ausbildung. Saskia Kreuser sammelte erste Bühnenerfahrungen am Stadttheater Gießen. Seit 2003 ist sie festes Mitglieder des Festspielchores der Bayreuther Festspiele und des Chores der Bamberger Symphoniker und wirkte 2009 bei den Ludwigsburger Festspielen mit.

Ewald Bayerschmidt

war von 1975 bis 1977 Mitglied des Windsbacher Knabenchores. Er studierte Gesang an der Musikhochschule Würzburg und war Preisträger beim Gesangswettbewerb der Staatsoper Budapest. Meisterkurse bei Charlotte Lehmann, Anna Reynolds, Peter Schreier und Norman Shetler ergänzten seine Ausbildung. Als Solist und Chorsänger war er an den Theatern in Braunschweig, Ulm, aber auch in England und Frankreich tätig.

Michael Albert, Bass

Der Bassist Michael Albert erhielt seine erste musikalische Ausbildung im Windsbacher Knabenchor, an der Musikhochschule Würzburg studierte er bei Prof. Charlotte Lehmann Gesang. 1992 erhielt er das Richard-Wagner-Stipendium, 1994 war er als Bassist des Carus-Quintetts Stipendiat des Deutschen Musikwettbewerbs.

Michael Albert war Ensemblemitglied der Kammeroper Ulm (u.a. Osmin in der „Entführung“ von W.A. Mozart). Gastengagements führten ihn u. a. an das Theater Bamberg (Fischer in „Undine“ von E.T.A. Hoffmann), an die Städt. Bühnen Regensburg (Soldat in „Simon Bolívar“ von Thea Musgrave; europäische Erstaufführung) an das Theater Erlangen (Uraufführung von „Die Schamlosen“ von Olga Neuwirth) und als Sarastro in das Theater der Hochschule für Musik Würzburg.

Auch im Oratorienfach erstreckt sich das Repertoire des Bassisten von Barock bis zur Moderne. Seine rege Konzerttätigkeit führt ihn auf zahlreiche Konzertpodien im Inland (u.a. Kissinger Sommer, Europäisches Musikfest Stuttgart) sowie nach Tschechien, in die Schweiz, nach Frankreich und in die USA.

Seit mehreren Jahren ist Michael Albert regelmäßig Gast bei renommierten Berufschören, wie Rundfunkchor Berlin, RIAS Kammerchor, Chor des NDR, Balthasar-Neumann-Chor, seit 2006 Mitglied im Bayreuther Festspielchor. Mit dem Ensemble Modern Frankfurt singt er als Vokalsolist im zweiten Bass des Deutschen Kammerchores in „Landschaft mit entfernten Verwandten“ (UA 10/02) von Heiner Goebbels u.a. in Berlin, Amsterdam und Paris.

Michael Albert wirkt bei zahlreichen Rundfunkaufnahmen und CD-Produktionen mit.