Aus­stel­lung in Bay­reuth: „Das ver­däch­ti­ge Saxo­phon. ‚Ent­ar­te­te Musik’ im NS-Staat“

Eine kom­men­tier­te Rekon­struk­ti­on der Düs­sel­dor­fer Aus­stel­lung von 1938 – Wech­sel­aus­stel­lung vom 15. März bis 27. Mai 2018 im Richard Wag­ner Muse­um Bayreuth

Nach den natio­nal­so­zia­li­sti­schen Bücher­ver­bren­nun­gen von 1933 und der Ver­trei­bung und Inhaf­tie­rung regime­kri­ti­scher Künst­ler folg­te 1937 die Münch­ner Aus­stel­lung „Ent­ar­te­te Kunst“. Auch in der Musik wur­den vor allem die ästhe­ti­schen und sti­li­sti­schen Ten­den­zen der Moder­ne als „Dege­ne­ra­ti­on“ und „Zer­set­zung“ gebrand­markt. So wur­de im Mai 1938 bei den „Reichs­mu­sik­ta­gen“ in Düs­sel­dorf eine Aus­stel­lung „Ent­ar­te­te Musik“ gezeigt.

Wie die Münch­ner Schau stell­te sie angeb­lich „Undeut­sches“ an den Pran­ger und dis­kri­mi­nier­te jüdi­sche Ope­ret­ten- und Schla­ger­kom­po­ni­sten, ato­na­le Wer­ke und den Jazz als „art­fremd“.

Wäh­rend die zu Wag­ners 125. Geburts­tag eröff­ne­ten Reichs­mu­sik­ta­ge mit der Aus­stel­lung zur ‚Ent­ar­te­ten Musik‘ deren Dif­fa­mie­rung popu­la­ri­sier­ten, wur­de in Bay­reuth der Geburts­tag des „Mei­sters“ mit der end­gül­ti­gen Ver­staat­li­chung des Wag­ner-Erbes began­gen: Auf Anre­gung Winif­red Wag­ners wur­de am 22. Mai 1938 per „Füh­rer-Erlass“ die „Richard-Wag­ner-For­schungs­stät­te“ errich­tet und direkt der Reichs­kanz­lei unterstellt.

Als ober­stes Ziel for­mu­lier­te die der Grün­dung zugrun­de lie­gen­de Denk­schrift die ste­te „Gegen­warts­be­zo­gen­heit“ der Wag­ner-For­schung. Neben zahl­lo­sen Zeug­nis­sen stramm natio­nal­so­zia­li­sti­scher Gesin­nung bestand die­se ‚For­schung‘ vor­wie­gend in dem lang­wie­ri­gen Nach­weis der ‚ari­schen‘ Abkunft Richard Wag­ners. Anson­sten dien­te die „For­schungs­stät­te“ der pseu­do­wis­sen­schaft­li­chen Affir­ma­ti­on der Wahnfried-Ideologie.

Stan­den schon die Fest­spie­le mit ihrer vor allem jüdi­sche Mit­wir­ken­de aus­gren­zen­den Beset­zungs­po­li­tik fest auf dem Boden der Nürn­ber­ger Geset­ze, war nun auch die ideo­lo­gi­sche Fun­die­rung des natio­nal­so­zia­li­sti­schen Wag­ner-Bil­des ein gemein­sa­mes Anlie­gen der Wahn­fried-Fami­lie und der poli­ti­schen Pro­pa­gan­da des Regimes. Tho­mas Mann sprach spä­ter von den Bay­reu­ther Fest­spie­len als „Hit­lers Hoftheater“.

Fünf­zig Jah­re nach der Eröff­nung der Aus­stel­lung „Ent­ar­te­te Kunst“ haben Peter Girth (Düs­sel­dor­fer Sym­pho­ni­ker) und Albrecht Düm­ling (Ber­lin) in einer kom­men­tier­ten Rekon­struk­ti­on der NS-Schau an die dis­kri­mi­nie­ren­de ideo­lo­gi­sche Regle­men­tie­rung und Indienst­nah­me des deut­schen Musik­le­bens durch den Natio­nal­so­zia­lis­mus erin­nert. Im Auf­trag der Stif­tung Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­ker und der Ton­hal­le Düs­sel­dorf ent­stand 2007 eine Neu­fas­sung unter dem Titel „Das ver­däch­ti­ge Saxo­phon. ‚Ent­ar­te­te Musik‘ im NS-Staat“.

Das Pla­kat zur Aus­stel­lung zeigt das Titel­mo­tiv der die Aus­stel­lung 1938 beglei­ten­den Bro­schü­re von Hans Seve­rus Zieg­ler: Ein schwar­zer Jazz­mu­si­ker, Titel­fi­gur der Oper „Jon­ny spielt auf“ von Ernst Kre­nek, galt als Sym­bol der „Ent­ar­tung“, unter­stri­chen durch den Juden­stern im Knopf­loch. Ab 15. März 2018 zeigt das Richard Wag­ner Muse­um Bay­reuth die Wan­der­aus­stel­lung „Das ver­däch­ti­ge Saxo­phon. ‚Ent­ar­te­te Musik‘ im NS-Staat“. Erwei­tert wird die Aus­stel­lung in Bay­reuth durch Expo­na­te, wel­che die poli­ti­sche Indienst­nah­me des Wag­ner-Erbes dokumentieren.

Der Ein­tritt zur Wech­sel­aus­stel­lung ist im regu­lä­ren Muse­ums­ein­tritt inbe­grif­fen. Das Muse­um ist diens­tags bis sonn­tags von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.