Den Win­ter aus­trei­ben mit den Effel­tri­cher „Fosalecken“ am Faschings­sonn­tag 11. Februar

Mit lau­tem Peit­schen­knal­len wer­den sie durch die Gas­sen gejagt: dick ver­mumm­te Bur­schen, die ganz in Stroh geklei­det sind. Sie ver­kör­pern den kal­ten, dunk­len Win­ter, der jetzt gehen soll. Die jun­gen Män­ner in far­ben­fröh­li­cher Tracht mit ihren lan­gen leder­nen Peit­schen in der Hand; sie ver­kör­pern den Früh­ling, der den Win­ter end­gül­tig ver­jagt und verbrennt.

Der Winter (liegende Strohbären) wird vom Frühling, den farbenprächtigen „Fosalecken“, vertrieben.  Foto: Gemeinde Effeltrich

Der Win­ter (lie­gen­de Stroh­bä­ren) wird vom Früh­ling, den far­ben­präch­ti­gen „Fosalecken“, ver­trie­ben. Foto: Gemein­de Effeltrich

Weni­ger när­risch, dafür umso tra­di­tio­nel­ler, geht es beim Fosalecken in Effel­trich zu. Immer am Faschings­sonn­tag ist das gan­ze Dorf am Nach­mitt­gag auf den Bei­nen. In einer der zahl­rei­chen Baum­schu­len sieht man gro­ße Geschäf­tig­keit: Jun­ge, unver­hei­ra­te­te Män­ner in Jog­ging­an­zü­gen wer­den von älte­ren Män­nern in dickes, spe­zi­el­les Stroh geklei­det, das extra für die­sen Brauch ange­baut wird. Sie wer­den dick mit Stroh­bü­scheln umman­telt, das Gesicht schaut dar­aus nur noch ein biss­chen her­vor. Die Effel­tri­cher „Fosalecken“ in Form eben­falls jun­ge Jung­ge­sel­len in far­ben­fro­hen Gewän­dern, an der Hand hüb­sche Trach­ten­mäd­chen, war­ten schon dar­auf, dass alle Stroh­bä­ren „ange­zo­gen“ sind, um sie mit lau­tem Peit­schen­knall durch die Stra­ßen zu trei­ben. In ihren wei­ßen Hosen, mit bun­ten Bän­dern über den Schul­tern und einer kunst­voll gefer­tig­ten Kro­ne aus immer­grü­nem Buchs­baum auf dem Kopf, sym­bo­li­sie­ren sie den Früh­ling, der den Win­ter end­gül­tig aus dem Land und aus den Her­zen der Men­schen ver­treibt. Um 13 Uhr beginnt das Spek­ta­kel. Der Zug durch die Haupt­stra­ße des Tracht­en­dor­fes bewegt sich lang­sam zur wehr­haf­ten Kir­chen­burg beim Markt­platz. Die unför­mi­gen Stroh­bä­ren tor­keln mehr oder weni­ger durch die gesperr­te Stra­ße, beglei­tet von Bären­trei­bern die immer wie­der laut „All­a­mo­schee“ rufen. Die Bären „belä­sti­gen“ jun­ge Frau­en am Stra­ßen­rand, in dem sie über sie her­fal­len, um sie mit Ruß im Gesicht zu „schwär­zen“. Mit den Peit­schen wer­den sie laut­stark zur Räson gebracht. Am Markt­platz hat sich schon eine gro­ße Men­ge Zuschau­er ein­ge­fun­den. Sie beob­ach­ten, wie sich die Stroh­bä­ren zu einem Stroh­knäu­el auf den Boden ver­bin­den. Der Früh­ling umtanzt die Sze­ne mit den hüb­schen jun­gen Trach­ten­frau­en, wäh­rend der Win­ter am Boden immer mehr Stroh ver­liert und rote Köp­fe pro­du­ziert. In der Stroh-Kluft ist es sehr warm und die Stroh­hal­me pik­sen trotz Schutz­klei­dung tau­send­fach in den Körper.

Gegen 14 Uhr ist das Spek­ta­kel in Effel­trich vor­bei. Brav in Reih und Glied geord­net, bewe­gen sich die Bären zu einem Spe­zi­al­fahr­zeug, dass nor­ma­ler­wei­se klei­ne Obst­bäu­me trans­por­tiert. Eng gepfercht wer­den sie ste­hen­den Fußes ins drei Kilo­me­ter ent­fern­te Bai­er­s­dorf gebracht. Damit wird sinn­bild­lich der Win­ter von der Höhe hin­ab ins Tal geschickt. Dort in Bai­er­s­dorf war­ten schon vie­le Besu­cher auf den bevor­ste­hen­den Fest­um­zug, der um 14.30 Uhr beginnt und auf einem Groß­park­platz etwas außer­halb endet. Auch hier haben es die Stroh­bä­ren auf jun­gen Frau­en abge­se­hen, die sie ver­fol­gen und mit Ruß beschmie­ren, wäh­rend der Zug, bestehend aus Blas­mu­sik und Fest­gä­sten, rhyth­misch durch die gesperr­ten Stra­ßen zieht. Am Park­platz ange­kom­men schä­len sich alle Bären schnellst­mög­lich aus ihrem Stroh­fell, das anschlie­ßend in einem spek­ta­ku­lä­ren Feu­er ver­brannt wird. Dabei tan­zen Sie ums Feu­er, der Früh­ling und der Win­ter, mit ihren Trach­ten­mäd­chen, es wird gesun­gen und gefei­ert. Nach­ge­wie­sen ist der Brauch seit 125 Jahren.

Rein­hard Löwisch