Dia­man­ten las­sen tief blicken: Bay­reu­ther For­scher ent­decken Oxi­da­ti­ons­pro­zes­se im Erdinnern

Symbolbild Bildung
Diamant aus rund 500 Kilometern Tiefe. Die beiden Einschlüsse von orangefarbenem Granat im Vordergrund sind jeweils etwa 200 Mikrometer (= 0,2 Millimeter) lang. Bild: Jeff W. Harris, University of Glasgow.

Dia­mant aus rund 500 Kilo­me­tern Tie­fe. Die bei­den Ein­schlüs­se von oran­ge­far­be­nem Gra­nat im Vor­der­grund sind jeweils etwa 200 Mikro­me­ter (= 0,2 Mil­li­me­ter) lang. Bild: Jeff W. Har­ris, Uni­ver­si­ty of Glasgow.

Dia­man­ten haben nicht nur als Juwe­len, son­dern auch für die geo­wis­sen­schaft­li­che For­schung einen ein­zig­ar­ti­gen Wert. Sie ent­hal­ten win­zi­ge Ein­schlüs­se von Mine­ra­len, die dazu bei­tra­gen, che­mi­sche Pro­zes­se im Inne­ren der Erde auf­zu­klä­ren. Ein inter­na­tio­na­les Team mit Wis­sen­schaft­lern der Uni­ver­si­tät Bay­reuth hat jetzt ent­deckt, dass das in Ein­schlüs­sen von Gra­nat ent­hal­te­ne Eisen unge­wöhn­lich stark oxi­diert ist, wenn die Dia­man­ten in gro­ßer Tie­fe ent­stan­den sind. In Natu­re Geo­sci­ence stel­len die For­scher ihre Ergeb­nis­se vor. Sie hal­ten es für wahr­schein­lich, dass in der Über­gangs­zo­ne zum unte­ren Erd­man­tel Redox­re­ak­tio­nen zwi­schen Eisen und Koh­len­stoff statt­fin­den, die mög­li­cher­wei­se eine wich­ti­ge Rol­le im Koh­len­stoff­kreis­lauf der Erde spielen.

Dia­man­ten kon­ser­vie­ren che­mi­sche Zustän­de im Erdinnern

Bern­stein ist für sei­ne Ein­schlüs­se von Tie­ren und Pflan­zen bekannt, die den Bio­lo­gen For­schungs­rei­sen in frü­he­re Erd­zeit­al­ter ermög­li­chen. In ähn­li­cher Wei­se sind in Dia­man­ten oft Spu­ren von Mine­ra­len ent­hal­ten, die den Geo­wis­sen­schaft­lern Ein­blicke in die Tie­fen der Erde ermög­li­chen. Wenn hier Dia­man­ten wach­sen, drin­gen Mine­ra­le aus ihrer Umge­bung ein und wer­den dar­in ein­ge­schlos­sen. Der che­mi­sche Zustand der Mine­ra­le bleibt unver­än­dert erhal­ten, selbst wenn die Dia­man­ten – bei­spiels­wei­se durch vul­ka­ni­sche Erup­tio­nen – in die Erd­kru­ste und wei­ter bis an die Erd­ober­flä­che gelan­gen. Zu die­sen Mine­ra­len zäh­len auch ver­schie­de­ne Arten von Granat.

Höhe­re Oxi­da­ti­ons­gra­de von Eisen in tie­fe­ren Erdschichten

Erst­mals wur­den nun Gra­nat-Ein­schlüs­se in Dia­man­ten ana­ly­siert, von denen bereits bekannt war, dass sie aus unter­schied­li­chen Tie­fen zwi­schen 260 und 500 Kilo­me­tern unter­halb der Erd­ober­flä­che stam­men. For­scher des Baye­ri­schen Geo­in­sti­tuts der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und der Uni­ver­si­tät Oxford haben die­se rönt­gen­kri­stal­lo­gra­phi­schen Unter­su­chun­gen koor­di­niert, die zu einem gro­ßen Teil an den Elek­tro­nen-Syn­chro­tron­an­la­gen in Ham­burg (DESY) und Gre­no­ble (ESRF) durch­ge­führt wur­den. Wie sich her­aus­stell­te, unter­schei­den sich die Eisen­an­tei­le im Gra­nat erheb­lich: Das Eisen ist umso stär­ker oxi­diert, je tie­fer die Erd­schich­ten sind, aus denen es stammt. Die oxi­dier­ten Eisen­ato­me besit­zen eine gerin­ge­re Zahl von Elek­tro­nen, müs­sen also in gro­ßer Tie­fe von unge­fähr 500 Kilo­me­tern Elek­tro­nen an die Umge­bung abge­ben haben.

Neue Hin­wei­se auf den Koh­len­stoff­kreis­lauf der Erde

„Wir haben star­ke Indi­zi­en dafür gefun­den, dass in die­ser Über­gangs­zo­ne zwi­schen dem obe­ren und dem unte­ren Erd­man­tel Redox­re­ak­tio­nen statt­fin­den, bei denen Elek­tro­nen von Eisen­ato­men auf benach­bar­te Koh­len­stoff­ato­me über­tra­gen wer­den. Die­se Pro­zes­se för­dern die Ent­ste­hung von neu­en Dia­mant­kri­stal­len“, sagt Dr. Cathe­ri­ne McCam­mon vom Baye­ri­schen Geo­in­sti­tut (BGI). „Im Hin­blick auf die­se Pro­zes­se lei­sten unse­re Daten auch einen Bei­trag zur Auf­klä­rung des Koh­len­stoff­kreis­laufs der Erde, der sich vom Erd­in­nern bis in die Atmo­sphä­re erstreckt und über wei­te Strecken bis heu­te erst ansatz­wei­se erforscht ist“, ergänzt Prof. Dr. Leo­nid Dubro­vin­sky vom BGI, Initia­tor der in Natu­re Geo­sci­ence ver­öf­fent­lich­ten Studie.

Ver­öf­fent­li­chung:

E S. Kisee­va, D. M. Vasi­ukov, B. J. Wood, C. McCam­mon, T. Sta­chel, M. Bykov, E. Byko­va, A. Chu­ma­kov, V. Ceran­to­la, J. W. Har­ris, L. Dubro­vin­sky: Oxi­dized iron in gar­nets from the man­t­le tran­si­ti­on zone, Natu­re Geo­sci­ence (2018), DOI: 10.1038/s41561-017‑0055‑7.