Uni­ver­si­tät Bam­berg: Mit Papier-Pro­to­ty­pen zur Benutzerfreundlichkeit

Die Referenten des 6. Tandem-Treffens mit Moderatorin Caroline Oberleiter (IHK für Oberfranken Bayreuth): Prof. Tom Gross, Sven Besold und Dr. Tobias Pflock
Die Referenten des 6. Tandem-Treffens mit Moderatorin Caroline Oberleiter (IHK für Oberfranken Bayreuth): Prof. Tom Gross, Sven Besold und Dr. Tobias Pflock

Tan­dem­rei­he Wis­sen­schaft & Pra­xis der Uni Bam­berg, der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth und der HWK für Ober­fran­ken wid­met sich der Per­spek­ti­ve der Nutzer

Pro­to­ty­pen aus Papier geba­stelt – mit ihnen kön­nen Mei­len­stei­ne bei der Ent­wick­lung von benut­zer­freund­li­chen Anwen­dun­gen ent­ste­hen. Denn letzt­lich zeigt sich manch­mal schon beim Basteln, ob eine Idee für den spä­te­ren Nut­zer Sinn macht oder nicht. Und Sinn, Nut­zen und Effekt müs­sen bei jeder Ent­wick­lung vor­han­den sein. Was Prof. Dr. Tom Gross vom Lehr­stuhl für Mensch-Com­pu­ter-Inter­ak­ti­on der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg bei der Tan­dem-Rei­he Wis­sen­schaft & Pra­xis den Zuhö­rern ein­drucks­voll vor­trägt, unter­stri­chen die bei­den Prak­ti­ker Dr. Tobi­as Pflock (NETZSCH-Gerä­te­bau GmbH) und Sven Besold (reha team Bay­reuth Gesund­heits­tech­nik GmbH) mit ihren Bei­spie­len. NETZSCH hat eine Soft­ware für Mess­in­stru­men­te ent­wickelt, die die Aus­wer­tung der Daten erleich­tert und stan­dar­di­siert. Das reha team Bay­reuth arbei­tet mit Pro­the­sen, die sich dank Soft­ware-Inte­gra­tio­nen indi­vi­du­ell an ver­schie­de­ne Situa­tio­nen anpas­sen lassen.

Ein eige­ner Lehr­stuhl für Mensch-Com­pu­ter-Inter­ak­ti­on inner­halb des Fach­ge­biets Ange­wand­te Infor­ma­tik – seit knapp sie­ben Jah­ren forscht und lehrt Prof. Tom Gross rund um tech­no­lo­gi­sche Kon­zep­te, die auf der Grund­la­ge des Ver­ste­hens der mensch­li­chen Inter­ak­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­on basie­ren. „Kon­kret schau­en wir uns also ganz oft an, wie Men­schen in einer bestimm­ten Situa­ti­on agie­ren und ent­wickeln dar­auf auf­bau­end Anwen­dun­gen oder Kon­zep­te, die in die­ser Situa­ti­on einen Nut­zen bie­ten“, erläu­tert der Lehrstuhlinhaber.

Die Ein­satz­ge­bie­te der Mensch-Com­pu­ter-Inter­ak­ti­on-Ent­wick­lun­gen sind dabei viel­fäl­tig. Ob es um Steue­run­gen in einem Auto geht, um die Effek­ti­vi­tät einer Wer­be­maß­nah­me oder um eine soft­ware­ge­steu­er­te Anwen­dung rund um einen Kino­be­such. „Wir wis­sen heu­te, dass Ent­wick­lun­gen nur dann Erfolg haben und ange­nom­men wer­den, wenn sie dem Benut­zer einen Effekt bie­ten, die Zufrie­den­heit stei­gern, die Effi­zi­enz erhö­hen oder die Effek­ti­vi­tät anheben.“

Was macht Zufrie­den­heit aus?

Hin­ter der logisch klin­gen­den Erfolgs­for­mel steckt im Ein­zel­fall viel For­schung: Was macht zum Bei­spiel die Zufrie­den­heit aus? Und ist das bei jedem Men­schen gleich? „Vie­le der dafür not­wen­di­gen Ent­wick­lun­gen von Kon­zep­ten und Syste­men brau­chen sehr viel Zeit. Daher nut­zen wir manch­mal auch ein­fa­che, klei­ne Papier-Pro­to­ty­pen, um anhand von Ent­wür­fen schnell und agil mit künf­ti­gen Benut­ze­rin­nen und Benut­zern Feed­back ein­ho­len zu kön­nen.“ Bei der NETZSCH-Gerä­te­bau GmbH wur­den kei­ne Pro­to­ty­pen geba­stelt, aber bei der Ent­wick­lung der Soft­ware Pro­theus durch­aus Ver­fah­ren wie Think Aloud (Testen und dabei laut mit­den­ken) oder eine heu­ri­sti­sche Eva­lua­ti­on (durch Aus­te­sten Pro­ble­me und Feh­ler vor­ab fin­den) ein­ge­setzt. Mit der Soft­ware, die Dr. Tobi­as Pflock (Busi­ness Field Mana­ger Poly­me­re) vor­stellt, ist der Anwen­der in der Lage, qua­si auf Knopf­druck auf­wän­di­ge ther­mi­sche Ana­ly­sen durch­zu­füh­ren und stan­dar­di­siert aus­zu­wer­ten. „Das ist für den Anwen­der eine enor­me Erleich­te­rung“, erläu­tert Pflock, „da es sowohl bei der Mes­sung als auch bei der Inter­pre­ta­ti­on der Mess­ergeb­nis­se kei­ne unter­schied­li­chen Ansät­ze mehr Sei­te 2 gibt.“ Die intui­ti­ve Bedie­ner­ober­flä­che ist an den gewohn­ten App-Stan­dard ange­passt und die Soft­ware damit ein­fach und unkom­pli­ziert zu hand­ha­ben. „Das ist für den Nut­zer ein­fach ange­nehm, so macht das Mes­sen und Ana­ly­sie­ren Spaß.“

Benut­zer­freund­lich­keit: eine Fra­ge der Definition

Für die Nut­zer von Pro­the­sen steht nicht der Spaß im Vor­der­grund, son­dern der beque­me und unkom­pli­zier­te Umgang einer­seits und die Fle­xi­bi­li­tät im Ein­satz ande­rer­seits. Dies macht Sven Besold, Ortho­pä­die­tech­ni­ker beim reha team Bay­reuth deut­lich. Besold, selbst Trä­ger einer Bein­pro­the­se, zeigt die Ent­wick­lun­gen auf, die die Pro­the­tik genom­men hat. War über vie­le Jah­re das sprich­wört­li­che Holz­bein das Maß der Din­ge, gibt es heu­te elek­tro­nisch steu­er­ba­re Gelen­ke aus High-End-Mate­ria­li­en, die sich an die Umge­bung und die gewünsch­te Bela­stung anpas­sen las­sen. „Damit kann man dann etwa Rad­fah­ren, auf unebe­nem Unter­grund lau­fen oder stei­le Abstie­ge bewäl­ti­gen“, zeigt Besold. Die Steue­rung erfolgt ent­we­der per Fern­be­die­nung, App, oder aber über Signa­le, die der Nut­zer mit defi­nier­ten Bewe­gun­gen an das Gelenk über­ge­ben kann.
Benut­zer­freund­lich­keit ist aus Sicht des Trä­gers einer Pro­the­se aber nicht nur der unkom­pli­zier­te und fle­xi­ble Umgang, son­dern auch das Wis­sen, dass zum Bei­spiel bei jeder Ein­stel­lung genau die rich­ti­gen Para­me­ter hin­ter­legt sind. „Wenn ich eine Schrä­ge hin­un­ter­lau­fe, muss der Wider­stand in der Pro­the­se grö­ßer wer­den. Sonst stür­ze ich.“

INFO:

Die Tan­dem­rei­he ist eine Gemein­schafts­in­itia­ti­ve der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg, der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth und der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken und bringt ein­mal pro Seme­ster Wis­sen­schaft und Wirt­schaft zusam­men. Ziel ist es, den Aus­tausch unter­ein­an­der zu för­dern und den beid­sei­ti­gen Trans­fer von Wis­sen anzu­re­gen. Wei­te­re, stän­dig aktua­li­sier­te Infor­ma­tio­nen zu der Ver­an­stal­tungs­rei­he fin­den Sie unter www​.uni​-bam​berg​.de/​t​r​a​n​s​f​e​r​/​v​e​r​a​n​s​t​a​l​t​u​n​g​e​n​/​t​a​n​dem