Bam­ber­ger Radent­scheid-Gesprä­che sind geschei­tert – es lag nicht am Geld

Nach mona­te­lan­gen Gesprä­chen konn­ten sich die Initia­to­ren des Bür­ger­be­geh­rens „Radent­scheid Bam­berg“ und die Stadt Bam­berg um Ober­bür­ger­mei­ster Andre­as Star­ke und die Stadt­rats­frak­tio­nen nicht auf einen gemein­sa­men Fahr­plan zur För­de­rung des Rad­ver­kehrs in Bam­berg eini­gen. Somit kommt es wohl Mit­te März zum Bür­ger­ent­scheid und zur Abstim­mung über die zukünf­ti­ge Radverkehrspolitik.

Der Initia­tor des Bür­ger­be­geh­rens, Chri­sti­an Hader erklärt, wie es kurz vor einer Eini­gung den­noch zum Bruch kam: „Es fan­den drei Mona­te dau­ern­de und sehr kon­struk­ti­ve Gesprä­che mit der Ver­wal­tung unter Betei­li­gung aller rele­van­ten Ämter und Refe­ra­te statt. Es ging dar­um, eine mög­li­che gemein­sa­me Linie zu eru­ie­ren und es stand nach vie­len Kom­pro­mis­sen unse­rer­seits ein beschluss­fä­hi­ges gemein­sa­mes Maß­nah­men­pa­ket. Am Ende wur­de uns jedoch mit­ge­teilt, dass die­ses Maß­nah­men­pa­ket aus angeb­lich finan­zi­el­len Grün­den so nicht zum Tra­gen kom­men kön­ne.“ Laut Co-Initia­tor Andre­as Irmisch fehl­ten bei den poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen am Ende jedoch vor allem Mut und Wil­le: „Um den städ­ti­schen Haus­halt zu ent­la­sten, hat die Initia­ti­ve in einem Kom­pro­miss­pa­pier ins­be­son­de­re vie­le nicht inve­sti­ve Maß­nah­men wie zum Bei­spiel den Weg­fall von eini­gen Stell­plät­zen zur Errich­tung von Fahr­rad­bü­geln und Gewin­nung von Auf­ent­halts­räu­men vor­ge­schla­gen. Die Argu­men­ta­ti­on mit feh­len­den Haus­halts­mit­teln wird also – wie so oft auch hier – bei poli­tisch unlieb­sa­men Pro­jek­ten benutzt.“ Die Initia­to­ren erklä­ren, dass man sich ihrer Ein­schät­zung nach hin­ter den Finan­zen ver­stecke, um not­wen­di­ge Vor­keh­run­gen für eine bes­se­re Rad­in­fra­struk­tur nicht voll­zie­hen zu müs­sen. Andre­as Irmisch erläu­tert in die­sem Zusam­men­hang die Rol­len­ver­tei­lung: „Im Prin­zip waren wir uns mit der refe­ra­te­über­grei­fen­den Arbeits­grup­pe der Stadt­ver­wal­tung einig, doch auf der Ziel­ge­ra­den ent­steht der Anschein, dass die Ver­kehrs­po­li­tik jetzt vom Finanz­re­fe­ren­ten gemacht wird.“

Laut Aus­sa­ge der Radent­scheid-Ver­ant­wort­li­chen fühl­ten sich letzt­lich aber auch vie­le Frak­tio­nen schein­bar nicht an ihre Wor­te aus der Stadt­rats-Voll­sit­zung Ende Sep­tem­ber gebun­den. „Es ist schon sehr ent­täu­schend, dass meh­re­re Frak­tio­nen, dar­un­ter die der Bam­ber­ger Gro­ko, die von mehr Ein­satz für den Rad­ver­kehr, der Not­wen­dig­keit eines deut­lich höhe­ren Rad­ver­kehrs­bud­gets und ins­be­son­de­re von einer stadt­ver­träg­li­che­ren Gestal­tung des Ver­kehrs spra­chen, den gemein­sam erar­bei­te­ten Kom­pro­miss nun nicht mit­tra­gen. Schö­ne Wor­te waren das, mehr nicht“, stellt Elke Pap­pen­schel­ler aus dem Radent­scheid- Team fest. Jonas Glü­sen­kamp – eben­falls bei der Initia­ti­ve aktiv – ergänzt: „Dass die Not­wen­dig­keit für eine Ver­kehrs­wen­de besteht, ist unstrit­tig, wie es selbst der Auto Club Euro­pe (ACE) vor eini­gen Tagen äußer­te. Die­se Bot­schaft ist bei der Stadt Bam­berg aus­ge­rech­net im Jahr ihres Unesco-Welt­erbe­ju­bi­lä­ums jedoch anschei­nend noch nicht angekommen.“

Die Beweg­grün­de für das Vor­ge­hen der poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen lie­gen laut Mei­nung der Radent­scheid- Akti­ven also auf der Hand: „Stadt und Poli­tik möch­ten den Rad­ver­kehr wie bis­her nur ver­wal­ten, wir möch­ten, dass der Rad­ver­kehr und die zuge­hö­ri­ge Infra­struk­tur wirk­lich gestal­tet wird“, so Chri­sti­an Hader.

Es sei schon fast absurd, dass die Stadt in die­sem Jahr die Fort­schrei­bung des Ver­kehrs­ent­wick­lungs­pla­nes beschlie­ßen will und dar­in der Umwelt­ver­bund aus Bus, Fuß- und eben ins­be­son­de­re Rad­ver­kehr eine her­aus­ra­gen­de Rol­le ein­neh­men soll. „Bei Wort­hül­sen in Form von wohl­klin­gen­den Zie­len sind sich Ver­wal­tung und Stadt­rat einig, in der Umset­zung ist man zu kon­kre­ten Maß­nah­men – ganz unab­hän­gig von der Kosten­fra­ge – jedoch nicht bereit und kneift“, so die bei­den Initiatoren.

Vor dem Bür­ger­ent­scheid sei den Initia­to­ren und dem dahin­ter ste­hen­den Team nicht ban­ge. Man habe die Ver­hand­lungs­er­geb­nis­se stets mit der Basis rück­ge­kop­pelt und gera­de auf Grund der Gescheh­nis­se der letz­ten Tage sei dort und bei allen unter­stüt­zen­den Grup­pie­run­gen und Ein­zel­per­so­nen noch­mal eine immense Ener­gie frei­ge­setzt wor­den. Dar­über hin­aus habe man fast 9.000 Unter­schrif­ten von Men­schen gesam­melt, die mehr Ein­satz für den Rad­ver­kehr möch­ten und die sicher­lich nicht damit zufrie­den sein könn­ten, wie wenig ernst der Bür­ger­wil­le in der Stadt genom­men wer­de, wie die Initia­to­ren aus­füh­ren. Man sei gut vor­be­rei­tet und wer­de nun alles dar­an set­zen, mög­lichst vie­len Men­schen der Welt­erbe­stadt den Mehr­wert der Zie­le des Radent­scheids auf­zu­zei­gen. „Wir wol­len die­sen Bür­ger­ent­scheid gewin­nen, damit die Stadt für alle Bam­ber­ge­rin­nen und Bam­ber­ger ein Stück lebens­wer­ter wird.“, so Hader und Irmisch.

Der Radent­scheid Bam­berg wird der erste kom­mu­na­le Bür­ger­ent­scheid zum The­ma Rad­ver­kehr über­haupt sein. Nach dem Volks­ent­scheid Fahr­rad in Ber­lin, der im ersten Rad­fahr­ge­setz der Repu­blik gemün­det ist, ist der Radent­scheid Bam­berg Vor­bild für wei­te­re Städ­te und Initia­ti­ven in ganz Deutsch­land, die in Kür­ze mit ihrem Bür­ger­be­geh­ren star­ten werden.