Lesung mit Wolf­ram Ster und dem Eger­län­der Duo „Bojaz“ in St. Micha­el Goldkronach

Wolfram Ster und das Egerländer Duo „Bojaz“

Wolf­ram Ster und das Eger­län­der Duo „Bojaz“

Vie­len Lesern ist der aus dem sude­ten­deut­schen Reichenberg/​Liberec stam­men­den Autor Otfried Preuß­ler (geb. 1923 in Reichenberg/​Liberec, verst. 2013 in Prien/​Chiemsee) vor allem als Kin­der­buch-Autor bekannt. Man denkt an den „Räu­ber Hot­zen­plotz“, „Kra­bat“, das „Klei­ne Gespenst“ oder die „Klei­ne Hexe“. Sei­ne Erzäh­lung „Die Flucht nach Ägyp­ten“ ist eher weni­ger popu­lär. Umso ver­dienst­vol­ler ist es, dass es dem Alex­an­der von Hum­boldt-Kul­tur­fo­rum Schloss Gold­kro­nach gelun­gen ist, in der Katho­li­schen St. Micha­el-Kir­che eine Lesung aus die­sem Werk mit ent­spre­chen­der musi­ka­li­scher Umrah­mung zu veranstalten.

Als Rezi­ta­tor konn­te Wolf­ram Ster gewon­nen wer­den, Mit­glied des Ensem­bles der „Stu­dio­büh­ne Bay­reuth“ und als Dar­stel­ler des Alex­an­der von Hum­boldt in dem Thea­ter­stück „Alex­an­der von Hum­boldt trifft Jean Paul“ den Besu­chern des Kul­tur­fo­rums bestens bekannt.

Für die musi­ka­li­sche Aus­ge­stal­tung der Lesung war das Eger­län­der Bau­ern­mu­sik-Duo „Bojaz“ aus Ess­lin­gen nach Gold­kro­nach ange­reist. Hier­bei han­delt es sich um das Ehe­paar Andrea und Ger­hard Ehr­lich, die sich seit Jah­ren in ein­drucks­vol­ler Wei­se der Kul­tur ihrer Vor­fah­ren ver­schrie­ben haben und mit den zum Teil selbst gebau­ten typi­schen Instru­men­ten Eger­län­der Volks­mu­sik auf höch­stem Niveau musi­zie­ren. So erklan­gen in St. Micha­el Gold­kro­nach der Eger­län­der Dudel­sack, die Böh­mi­sche Haken­har­fe und die Klarinette.

Für Otfried Preuß­ler führt der biblisch über­lie­fer­te Weg von Maria, dem Jesus-Kind und Josef fort von Beth­le­hem hin nach Ägyp­ten ganz selbst­ver­ständ­lich durch sei­ne böh­mi­sche Hei­mat. Auf ihrer Flucht vor der Ver­fol­gung durch König Hero­des begeg­net die Hei­li­ge Fami­lie im König­reich Böh­men der barocken Fül­le über­na­tio­na­ler kul­tu­rel­ler Viel­falt mit ihren zutiefst mensch­li­chen Cha­rak­te­ren. Bei Otfried Preuß­ler selbst heißt es im Ein­gang sei­nes Wer­kes wörtlich:
„Die Flucht nach Ägyp­ten König­lich böh­mi­scher Teil. Das ist: Wahr­haf­ti­ge und genaue Beschrei­bung sämt­li­cher Vor­fäl­le, Zufäl­le und Ereig­nis­se wie auch meh­re­rer Wun­der, wel­che sich damals bei Durch­zug der beth­leh­emi­ti­schen Wan­der­leu­te im König­reich Böh­men bege­ben haben, teils Amts‑, teils Zivil­per­so­nen betref­fend sowie auch Tie­re – geschätz­tem Leser zu erbau­li­cher Unter­hal­tung vor­ge­legt durch Herrn Otfried Preuß­ler aus Rei­chen­berg in Böhmen“.

Es ist Wolf­ram Ster in beein­drucken­der Wei­se gelun­gen, sich mit die­sem Werk Otfried Preuß­lers der­art ver­traut zu machen, dass er die „Schlüs­sel-Sze­nen“ so her­aus­ge­ar­bei­tet hat, dass dem Zuhö­rer die Gesamt­bot­schaft des Autors ver­mit­telt wird: die weih­nacht­li­che Froh­bot­schaft ent­fal­tet gera­de im König­reich Böh­men durch sei­ne Bewoh­ner eine Wir­kung beson­de­rer Art, die durch die spe­zi­fi­sche kul­tu­rel­le und reli­giö­se Prä­gung von Land und Leu­ten bedingt ist. Durch die hohe Qua­li­tät sei­ner Rezi­ta­ti­on ver­mit­tel­te Wolf­ram Ster die Sprach­kraft Otfried Preuß­lers der­art leben­dig und anschau­lich, dass man nach der Lesung fest davon über­zeugt ist, die Flucht der Hei­li­gen Fami­lie von Beth­le­hem nach Ägyp­ten sei in jedem Fall durch das König­reich Böh­men erfolgt.

Die erst­klas­si­ge Lesung aus dem wahr­lich weih­nacht­li­chen Werk Preuß­lers durch Wolf­ram Ster fand ihre wun­der­ba­re Ent­spre­chung durch die musi­ka­li­sche Aus­ge­stal­tung durch Andrea und Ger­hard Ehr­lich. Die bei­den Künst­ler hat­ten eine sehr stim­mungs­vol­le Musik­aus­wahl getrof­fen, wel­che die Klang­viel­falt und Klang­fül­le des Eger­län­der Dudel­sacks, der Böh­mi­schen Haken­har­fe und der Kla­ri­net­te beein­druckend zum Aus­druck brach­ten. Man spür­te bei den Kon­zert­stücken die innig­li­che Ver­bun­den­heit von Andrea und Ger­hard Ehr­lich mit der Kul­tur ihrer Vor­fah­ren aus dem Eger­land, des­sen bäu­er­li­che Kul­tur die­sen Land­strich und sei­ne Men­schen beson­ders geprägt hat. Nicht nur die bei­den advent­li­chen und weih­nacht­li­chen Lie­der „Wir sagen Euch an den lie­ben Advent“ oder „Kom­met, Ihr Hir­ten“, son­dern auch Menu­et­te eben­so wie Länd­ler erklan­gen in der Beset­zung mit die­sen typi­schen Instru­men­ten des Eger­lan­des sowie durch die Vir­tuo­si­tät bei­der Künst­ler in ganz eigen­tüm­li­cher und stim­mungs­vol­ler Weise.

Otfried Preuß­ler durch sein Werk, Wolf­ram Ster durch sei­ne Lesung, Andrea und Ger­hard Ehr­lich durch ihre musi­ka­li­schen Dar­bie­tun­gen, sie alle bescher­ten den Besu­chern der Ver­an­stal­tung des Alex­an­der von Hum­boldt-Kul­tur­fo­rums in St. Micha­el Gold­kro­nach eine sehr berüh­ren­de vor­weih­nacht­li­che Freu­de. Für das Kul­tur­fo­rum kün­dig­te Hart­mut Koschyk daher an, die­se wun­der­ba­re Hin­füh­rung auf das Weih­nachts­fest auch im näch­sten Jahr an einem ande­ren Ort der Regi­on Bay­reuth erneut zu veranstalten.