Dies aca­de­micus 2017 – Höhe­punkt des aka­de­mi­schen Jah­res auf dem Cam­pus der Uni­ver­si­tät Bayreuth

Symbolbild Bildung
Im Anschluss an seine Festrede trug sich Giovanni di Lorenzo in das Goldene Buch der Universität Bayreuth ein.

Im Anschluss an sei­ne Fest­re­de trug sich Gio­van­ni di Loren­zo in das Gol­de­ne Buch der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ein.

Mit einem Dies aca­de­micus fei­er­te die Uni­ver­si­tät Bay­reuth gestern ihren 42. Geburts­tag. Eine Rück­schau auf das ver­gan­ge­ne aka­de­mi­sche Jahr und einen Aus­blick auf kom­men­de Pro­jek­te gab Uni­ver­si­täts­prä­si­dent Prof. Dr. Ste­fan Leib­le. Den Fest­vor­trag mit dem Titel ‚Sind Sie Éli­te? Ein Plä­doy­er für Mut und Ver­ant­wor­tung in stür­mi­schen Zei­ten‘ hielt Gio­van­ni di Loren­zo, Chef­re­dak­teur der Wochen­zei­tung DIE ZEIT.

Auf dem Cam­pus der Uni­ver­si­tät Bay­reuth begeg­nen sich täg­lich Stu­die­ren­de und Leh­ren­de – das Mit­ein­an­der ist per­sön­lich, nahe­zu fami­li­är, eben Klas­se statt Mas­se. Über 13.400 Stu­die­ren­de bele­ben der­zeit den Cam­pus – und damit auch die Stadt Bay­reuth. 1.100 wis­sen­schaft­li­che Beschäf­tig­te, 241 Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren sowie 900 nicht­wis­sen­schaft­li­che Beschäf­tig­te arbei­ten an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, die damit der größ­te Arbeit­ge­ber der Regi­on ist. Das aka­de­mi­sche Leben ist viel­fäl­tig, die For­schung hat Spit­zen­ni­veau, die Leh­re erfolgt nach modern­sten Metho­den, Inter­na­tio­na­li­tät und Diver­si­tät wer­den groß geschrie­ben – der Cam­pus ist ein lei­stungs­star­ker, welt­of­fe­ner und inter­na­tio­na­ler Ort, an dem Tole­ranz und Viel­falt gelebt wer­den. Das Sprung­brett für eine erfolg­rei­che Karriere.

„Trau­en Sie sich etwas zu!“ – Zum Fest­vor­trag von Gio­van­ni di Lorenzo

Für sei­nen Vor­trag mit dem Titel ‚Sind Sie Éli­te? Ein Plä­doy­er für Mut und Ver­ant­wor­tung in stür­mi­schen Zei­ten‘ erhielt der Chef­re­dak­teur der Wochen­zei­tung DIE ZEIT, Gio­van­ni di Loren­zo, lang anhal­ten­den Applaus – selbst­re­dend auch von den zahl­reich im Audi­max anwe­sen­den Stu­die­ren­den, an die sich sei­ne Rede ins­be­son­de­re rich­te­te. In Hin­füh­rung auf sein Vor­trags­the­ma ‚Éli­te‘, stell­te di Loren­zo fest, dass ein Stu­di­um in Deutsch­land ohne Stu­di­en­ge­büh­ren ein gro­ßer Segen sei und sich also die Fra­ge stel­le, „ob Sie (Anm. d. Red.: die Stu­die­ren­den) die­ser Gesell­schaft, die Sie auf sol­che Wei­se för­dert, nicht auch etwas zurück­ge­ben wol­len. Ich fin­de, Sie soll­ten Éli­te sein wollen!“

Aller­dings sei der Begriff ‚Éli­te‘, so der Red­ner, natio­nal und inter­na­tio­nal in Ver­ruf gera­ten, aus allen Rich­tun­gen wer­de mehr oder weni­ger mit Ver­ach­tung auf die Éli­te geschaut. „Der Begriff ‚Éli­te‘ wird vor allem aber mate­ri­ell oder macht­po­li­tisch ver­stan­den.“ Die­se Art der Defi­ni­ti­on von Éli­te und Estab­lish­ment, so die Loren­zo, etwa das Klam­mern an die Macht ohne ent­spre­chend Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men, und die Ver­gü­tun­gen und Boni, etwa in der Wirt­schaft, auch dann, wenn ekla­tan­te Fehl­lei­stun­gen vor­lie­gen, wür­den das Miss­trau­en vie­ler Men­schen erwecken und ihr Gerech­tig­keits­emp­fin­den verletzen.

Den­noch, kon­sta­tier­te di Loren­zo, gehe es ohne Éli­te nicht, denn sie füh­re unse­re Gesell­schaft an und brin­ge das Land durch Exper­ti­se zu Höchst­lei­stun­gen. Doch allein das defi­nie­re Éli­te nicht, denn es feh­le immer noch ein wesent­li­cher Aspekt: „Éli­te zu sein, zu füh­ren, heißt, es sich nicht ein­fach zu machen. Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Zu sehen, was getan wer­den muss, auch wenn es lästig ist. Sich der Fol­gen sei­ner Hand­lun­gen bewusst zu sein, Mut zu zei­gen, indem man für Mit­men­schen ein­steht und für Wer­te gera­de­steht. Es bedeu­tet auch, (…) Feh­ler zu beken­nen, zu kor­ri­gie­ren und sich dafür ent­schul­di­gen. Und sich an Regeln zu hal­ten, die für alle gelten.“

Zum Schluss sei­ner Rede gekom­men, rich­te­te die Loren­zo (s)einen Appell an die Stu­die­ren­den: „Es ist ver­ständ­lich, wenn Sie Angst vor Ver­ant­wor­tung haben. Aber die Zeit lässt sich nicht auf­hal­ten und mit jedem Jahr, das Sie älter wer­den, wer­den die Geschicke die­ser Welt mehr in Ihren Hän­den lie­gen. Trau­en Sie sich etwas zu, sei­en Sie eine ideel­le Éli­te! Erlau­ben Sie sich ruhig ein wenig Idea­lis­mus.“ Gio­van­ni di Loren­zo gab den Stu­die­ren­den ein bemer­kens­wer­tes Zitat des bereits ver­stor­be­nen Publi­zi­sten Roger Wil­lem­sen mit auf den Weg, das Wil­lem­sen in sei­nem letz­ten und unvoll­endet geblie­be­nen Roman als Kern­ge­dan­ke for­mu­liert hat­te: „Wer wer­den wir gewe­sen sein?“

„Neh­men Sie sich die Zeit, auch mal einen Umweg zu gehen! Fin­den Sie her­aus, was gut für Sie ist – und was nicht. Ver­za­gen Sie nicht: Nur durch Feh­ler und Nie­der­la­gen ent­steht Stär­ke und erwächst Per­sön­lich­keit. Vor allem möch­te ich Ihnen damit sagen: Freu­en Sie sich, dass Sie stu­die­ren, sich bil­den kön­nen (…) Und ich hof­fe, dass Sie mit immer blei­ben­dem Stau­nen auf die­se Welt blicken wer­den, die viel­leicht nicht gera­de über­all auf Sie gewar­tet hat, die Sie aber drin­gend braucht.“