Sonn­tags­ge­dan­ken: Einer war­tet auf uns

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Der Dorf­schul­leh­rer wird ver­ab­schie­det. Der hal­be Ort ist auf den Bei­nen, Freun­de und Kol­le­gen hal­ten schö­ne Reden, der Gesang­ver­ein tritt auf, das kal­te Buf­fet war­tet. Schließ­lich ergreift er selbst das Wort, erzählt Anek­do­ten, aber auch Nach­denk­li­ches aus sei­nem Leben. Zehn Jah­re war er in rus­si­scher Gefan­gen­schaft gewe­sen, irgend­wo in einem sibi­ri­schen Straf­la­ger: har­te Arbeit bei Eis und Schnee, Schi­ka­nen der Wäch­ter, das Gefühl der Sinn­lo­sig­keit. Da traf er einen Neu­an­kömm­ling und sie­he da, der jun­ge Bur­sche stamm­te aus sei­nem Dorf und war noch kurz vor Krie­ge­sen­de ein­ge­zo­gen wor­den. Der Neue sprach: „Dass Du noch lebst! Alle den­ken, Du seiest längst tot! Aber eine war­tet auf Dich und glaubt dar­an, dass Du wie­der­kommst, Dei­ne Frau!“ Da fass­te der Leh­rer neu­en Mut, hielt durch und kam wie­der heim.

Nun gibt es hier­zu auch ein bekann­tes lite­ra­ri­sches Gegen­bei­spiel. Ich mei­ne Wolf­gang Bor­cherts Dra­ma „Drau­ßen vor der Tür“, wo ein Kriegs­heim­keh­rer nie­man­den fin­det, der auf ihn war­tet. Sei­ne Frau hat längst einen ande­ren. Sein ehe­ma­li­ger Vor­ge­setz­ter will nichts von ihm wis­sen und Gott selbst ist ein hilf­lo­ser, seni­ler Dat­ter­greis geworden.

Men­schen kön­nen uns ent­täu­schen. Mensch­li­che Lie­be kann erkal­ten, gera­de heu­te in unse­ren schnelllebi­gen, um nicht zu sagen ego­isti­schen Zei­ten. Einer aber war­tet immer auf uns vol­ler Sehn­sucht, vol­ler Hoff­nung. Gott ist ja kei­ne abstrak­te Idee, kein blin­des Ver­häng­nis, erst recht kein alter Jam­mer­lap­pen wie bei Bor­chert. Gott ist der HERR und die­ser HERR war­tet gera­de auf mich. Got­tes Tür steht für mich offen, die Tür zu sei­ner neu­en Welt.

Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind