Sonn­tags­ge­dan­ken: Ein Glas Honig als Erziehungsmittel

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs

Eine Schlan­ge vor der Kas­se des Super­mark­tes: Hin­ter einer älte­ren Dame drän­gelt sich ein Jun­ge. Er fährt ihr mit dem Ein­kaufs­wa­gen stän­dig in die Bei­ne. Zunächst über­sieht sie den Klei­nen gnä­dig. Als er aber nicht auf­hört, bit­tet sie sei­ne Mut­ter höf­lich, ihm Ein­halt zu gebie­ten. Doch die jun­ge Dame erklärt schnip­pisch: „Mein Sohn ist anti­au­to­ri­tär erzo­gen. Er weiß von selbst, wann er auf­hö­ren soll!“ Die älte­re Frau ist sprach­los über so viel Unver­schämt­heit. Hin­ter der auf­ge­bla­se­nen Kinds­mut­ter steht ein Mann, der die Sze­ne mit­an­sieht. Dann nimmt er ein Glas Honig, gießt es der Frau über den Kopf und meint: „Ich bin auch anti­au­to­ri­tär erzogen.“

Die so oft beklag­te Ver­ro­hung unse­rer Gesell­schaft ist wohl eine Fol­ge der anti­au­to­ri­tä­ren Erzie­hung der 60er und 70er Jah­re. Umge­kehrt wer­den wohl auch des­halb immer mehr Men­schen hier­zu­lan­de depres­siv, weil man sich selbst zu wich­tig nimmt, weil man sei­ne über­zo­ge­nen Ansprü­che an das Leben nicht mit der kon­kre­ten Wirk­lich­keit ver­ein­ba­ren kann. Jedes Spiel aber braucht sei­ne Spiel­re­geln, die für alle gel­ten und deren Ver­let­zung geahn­det wer­den muss. Wir leben nur ein­mal. Dar­aus darf man nicht den Schluss zie­hen, sich schran­ken­los aus­to­ben zu sol­len. Viel­mehr geht es dar­um, mit allem Ernst das Gute zu tun. Aus der Moral kann man nicht aus­tre­ten wie aus einem belie­bi­gen Ver­ein. Als Christ weiß ich, dass die klei­nen und gro­ßen Schur­ken zwar oft der irdi­schen, nie aber der gött­li­chen Justiz ent­kom­men werden.

Wie das Leben vie­ler Zeit­ge­nos­sen miss­lingt, möch­te ich abschlie­ßend an fol­gen­der Para­bel ver­deut­li­chen: Ein Wei­zen­korn woll­te nicht aus­ge­sät wer­den, woll­te sich nicht opfern und ver­ge­hen müs­sen. So ver­steck­te es sich in der Scheu­ne. Wäh­rend die ande­ren Kör­ner in den Acker gelegt wur­den, wo sie wuch­sen und Frucht brach­ten, blieb das ver­steck­te Korn allein. Es wur­de nie zu Mehl gemah­len, zu Brot gebacken, nie geseg­net, aus­ge­teilt, nie in Lebens­kraft umge­wan­delt. Schließ­lich ver­gam­mel­te das Korn und der Bau­er kehr­te es mit dem übri­gen Schmutz hinaus.

Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Pfar­rer Dr. Chri­sti­an Fuchs, www​.neu​stadt​-aisch​-evan​ge​lisch​.de

Infos zu Chri­sti­an Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/​Aisch
  • Stu­di­um der evang. Theo­lo­gie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vika­ri­at in Schorn­weiss­ach-Vesten­bergs­greuth 1993 – 1996
  • Pro­mo­ti­on zum Dr. theol. 1995
  • Ordi­na­ti­on zum ev. Pfar­rer 1996
  • Dienst in Nürnberg/​St. Johan­nis 1996 – 1999
  • seit­her in Neustadt/​Aisch
  • blind