Baye­ri­scher Flücht­lings­rat: „Rechts­wid­ri­ge Strei­chung des Exi­stenz­mi­ni­mums in Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung Bamberg“

„Debat­te um Kri­mi­na­li­täts­ra­te in Bam­berg ist ein­sei­tig und unverantwortlich“

Seit Sep­tem­ber 2015 gibt es in Bam­berg die „Ankunfts- und Rück­füh­rungs­ein­rich­tung“, in wel­cher vor allem Flücht­lin­ge aus soge­nann­ten siche­ren Her­kunfts­län­dern zur „frei­wil­li­gen Aus­rei­se“ gezwun­gen oder abge­scho­ben wer­den sol­len. Die­se wur­de im Juli 2016 im Rah­men der Umwand­lung des Lagers in die „Auf­nah­me­ein­rich­tung Ober­fran­ken“ (AEO) inte­griert, wel­ches seit­dem zusätz­lich als Ankunfts­zen­trum des BAMF und als Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung fun­giert. Die Gesamt­ka­pa­zi­tät von 3400 Plät­zen steht seit letz­tem Diens­tag zur Verfügung.

Der All­tag der in der in der Bam­ber­ger AEO leben­den Geflüch­te­ten ist geprägt von Per­spek­tiv­lo­sig­keit und Ein­tö­nig­keit, die Fol­ge der baye­ri­schen Abschreckungs­tak­tik. Sie unter­lie­gen Arbeits- und Aus­bil­dungs­ver­bo­ten, der Resi­denz­pflicht und wer­den vor­ran­gig mit Sach­lei­stun­gen ver­sorgt. Vor allem Geflüch­te­te mit einer „gerin­gen Blei­be­per­spek­ti­ve“ – nach baye­ri­scher Les­art alle Flücht­lin­ge aus Her­kunfts­län­dern mit einer Aner­ken­nungs­quo­te unter 50% – wer­den pau­schal ver­däch­tigt, das deut­sche Asyl­sy­stem zu missbrauchen.

Beson­ders per­fi­de: Das Sozi­al­amt der Stadt Bam­berg stellt bei vie­len Geflüch­te­ten mit ableh­nen­den Dub­lin-Beschei­den umge­hend die Bar­geld­zah­lun­gen ein, obwohl sie häu­fig noch Mona­te lang in dem Mas­sen­la­ger ver­har­ren, bis sie abge­scho­ben wer­den oder die Zustän­dig­keit für ihr Asyl­ver­fah­ren an Deutsch­land über­geht. Eine gesetz­li­che Grund­la­ge für die­sen Ent­zug des sozio­kul­tu­rel­len Exi­stenz­mi­ni­mums ist nicht gege­ben. Zudem ist es den Betrof­fe­nen nahe­zu unmög­lich, dage­gen Rechts­mit­tel ein­zu­le­gen, da das Sozi­al­amt kei­ne Beschei­de aus­stellt. Unfä­hig, ihre Anwält*innen zu bezah­len, sind die Geflüch­te­ten der Behör­den­will­kür hilf­los aus­ge­lie­fert. So nimmt man den Men­schen im Lager einen gro­ßen Teil ihrer Selbst­be­stim­mung und beraubt sie ihrer Würde.

Zum fremd­be­stimm­ten und ein­tö­ni­gen All­tag kommt hin­zu, dass die Pri­vat­sphä­re durch extre­me Enge mas­siv ein­ge­schränkt ist und ein adäqua­tes Gewalt­schutz­kon­zept kom­plett fehlt. Die­se Zustän­de pro­du­zie­ren Stress und eine fru­strier­te Grund­stim­mung, schü­ren Kon­flik­te unter den Bewohner*innen und füh­ren zu hand­greif­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen, die nicht sel­ten von der Poli­zei geschlich­tet wer­den müs­sen. In meh­re­ren Arti­keln des Frän­ki­schen Tags wird über den Anstieg der Kri­mi­na­li­tät seit dem Aus­bau der AEO berich­tet, ohne die Lebens­be­din­gun­gen der Flücht­lin­ge auch nur im Gering­sten zu berück­sich­ti­gen. Dies ist ein­sei­tig und unver­ant­wort­lich, pro­vo­ziert Hass und Aus­gren­zung und stei­gert die Gefahr von Gewalt gegen­über Flüchtlingen.

Der Baye­ri­sche Flücht­lings­rat unter­stützt die Posi­ti­on der Stadt Bam­berg, die eine Begren­zung des Aus­baus der AEO for­dert. „Je grö­ßer die Flücht­lings­la­ger, desto grö­ßer das Kon­flikt­po­ten­ti­al im Inne­ren, und desto gerin­ger die Akzep­tanz von außen. Ein Lager mit einer Kapa­zi­tät von 3400 Plät­zen ist unver­ant­wort­lich und birgt mas­siv­sten sozia­len Spreng­stoff“, kri­ti­siert Kat­rin Racker­se­der vom Baye­ri­schen Flücht­lings­rat. „Neben einer deut­li­chen Ver­rin­ge­rung der Kapa­zi­tät ist es unab­ding­bar not­wen­dig, die Asyl­so­zi­al­be­ra­tung aus­zu­bau­en, adäqua­te Min­dest­stan­dards und ein Gewalt­schutz­kon­zept ein­zu­füh­ren und die Pri­vat­sphä­re der Bewohner*innen zu wah­ren. Zudem for­dern wir die Behör­den auf, sich an gesetz­li­che Vor­ga­ben zu hal­ten. Beson­ders das Sozi­al­amt hat zu recht­staat­li­chen Prin­zi­pi­en zurück­zu­keh­ren und das sozio­kul­tu­rel­le Exi­stenz­mi­ni­mum in vol­ler Höhe aus­zu­be­zah­len. Die Betrof­fe­nen haben einen ver­fas­sungs­recht­lich garan­tier­ten Anspruch darauf!“