Kin­dern früh­zei­tig rich­tig und sicher das Schwim­men beibringen

Marianne Ascher-Mehl

Mari­an­ne Ascher-Mehl

Das See­pferd­chen reicht nicht

Rund ein Drit­tel aller Kin­der und Jugend­li­chen in Deutsch­land sind Nicht­schwim­mer, mehr als 500 Men­schen sind 2016 bei uns ertrun­ken, so die Deut­sche Lebens­ret­tungs­ge­sell­schaft (DLRG). Zah­len, die hell­hö­rig machen. Beson­ders hoch ist die Unfall­ra­te an unbe­wach­ten natür­li­chen Gewäs­sern und in Schwimm­bä­dern an den Rut­schen. Die Sozi­al­ver­si­che­rung für Land­wirt­schaft, For­sten und Gar­ten­bau (SVLFG) woll­te wis­sen, was Eltern tun kön­nen, damit ihr Kind sicher durch die Bade­sai­son kommt. Ant­wor­ten gibt die Was­ser­wacht-Schwimm­aus­bil­de­rin Mari­an­ne Ascher-Mehl.

Die ehe­ma­li­ge Sport­leh­re­rin ist Ret­tungs­schwim­me­rin und ver­ant­wort­lich für die Aus­bil­dung der Was­ser­wacht-Schwimm­leh­rer in Ober­fran­ken. Sie betont: „Gut schwim­men zu kön­nen ist auf jeden Fall der beste Schutz vor dem Ertrin­ken. Ganz egal wie alt der Nach­wuchs ist, Eltern müs­sen sich immer ihrer Ver­ant­wor­tung bewusst sein. Es reicht nicht, sich dar­auf zu ver­las­sen, dass die Kin­der einen Schwimm­kurs oder den Schwimm­un­ter­richt in der Schu­le besucht haben. Durch die Kür­ze der Zeit ist nicht gewähr­lei­stet ist, dass die Kin­der in den weni­gen Stun­den Unter­richt zu siche­ren Schwim­mern werden.“

Ascher-Mehl ermun­tert Eltern, mit ihren Kin­dern mög­lichst oft schwim­men zu gehen. Häu­fi­ges Schwim­men stärkt die Aus­dau­er und gibt den Kin­dern Sicher­heit und Ver­trau­en in ihre eige­nen Fähig­kei­ten. Sie kön­nen sich dann auch in einer unvor­her­ge­se­he­nen Situa­ti­on im Was­ser rich­tig ver­hal­ten, wer­den nicht panisch und kön­nen sich eher selbst helfen.

„Gemein­sa­me Auf­ent­hal­te am Bag­ger­see oder im Schwimm­bad hal­ten außer­dem auch die Erwach­se­nen fit und stär­ken den Fami­li­en­zu­sam­men­halt. Außer­dem kön­nen Eltern dabei unauf­fäl­lig prü­fen, wie weit es mit den Schwimm­kün­sten des Kin­des wirk­lich her ist und bei Bedarf kor­ri­gie­rend ein­grei­fen“, so Ascher-Mehl weiter.

Mit Klein­kin­dern am Wasser

Kin­der im Vor­schul­al­ter dür­fen nie unbe­auf­sich­tigt im oder am Was­ser spie­len. Auch dann nicht, wenn sie das See­pferd­chen-Schwimm­ab­zei­chen besit­zen. Eine zusätz­li­che Sicher­heit bie­ten auf­blas­ba­re Schwimm­flü­gel. Mari­an­ne Ascher-Mehl plä­diert dafür, Klein­kin­dern immer vor­sorg­lich die auf­ge­bla­se­nen Schwimm­flü­gel an den Ober­ar­men zu befe­sti­gen, sobald sie sich in der Nähe des Was­sers aufhalten.

Sicher­heit für Schul­kin­der und Jugendliche

Etwa ab dem sech­sten Lebens­jahr kön­nen Kin­der das bron­ze­ne Schwimm­ab­zei­chen machen. Das heißt, sie sind dann in der Lage 15 Minu­ten am Stück zu schwim­men und sie kön­nen sich auf den Rücken legen, um neue Kraft zu schöp­fen oder, falls sie Was­ser ver­schluckt haben, die­ses aus­zu­hu­sten. „Für Kin­der ist es ein tol­les Erfolgs­er­leb­nis, das Abzei­chen zu bekom­men. Eltern gibt es die Sicher­heit, dass ihr Kind eine stan­dar­di­sier­te Prü­fung bestan­den hat und damit tat­säch­lich in der Lage sein soll­te, sicher zu schwim­men“, wirbt Ascher-Mehl für das Abzei­chen. Doch auch hier gilt: Übung macht den Mei­ster! Schwim­men muss trai­niert wer­den. Nur so kom­men die not­wen­di­ge Aus­dau­er und das Ver­trau­en in die eige­nen Fähig­kei­ten. Die wei­te­ren, auf das Bron­ze­ab­zei­chen auf­bau­en­den Abzei­chen mar­kie­ren für Jugend­li­che wei­te­re per­sön­li­che Sie­ge auf ihrem Lebensweg.

Jugend­li­chen, die noch nicht schwim­men kön­nen, rät Ascher-Mehl einen Erwach­se­nen­schwimm­kurs zu besu­chen. Sol­che Kur­se wer­den ver­stärkt ange­bo­ten. Läuft aktu­ell kein sol­cher Schwimm­kurs vor Ort, weiß die Was­ser­wacht oder der Bade­mei­ster des näch­sten Schwimm­ba­des sicher Rat und wird sich bemü­hen, bei Bedarf wei­ter zu hel­fen. „Nie­mand, der ernst­haft schwim­men ler­nen möch­te, wird weg­ge­schickt oder von der Was­ser­wacht mit sei­nem Anlie­gen allei­ne gelas­sen“, so Ascher-Mehl.

Wo kann es gefähr­lich werden?

Wenn älte­re Kin­der zuneh­mend allei­ne los­zie­hen, ist es wich­tig, mit ihnen zusam­men vor­her die zum Baden und Schwim­men in Fra­ge kom­men­den Was­ser­flä­chen zu besu­chen. „95 Pro­zent aller Bade­un­fäl­le ereig­nen sich an unbe­wach­ten Gewäs­sern. Siche­rer ist es des­halb, wenn sich Ihre Kin­der im Schwimm­bad auf­hal­ten. Besu­chen sie natür­li­che Flüs­se, Bag­ger­seen oder die Küste, soll­ten sie sich inner­halb der mit Bojen oder Fah­nen gekenn­zeich­ne­ten, bewach­ten Schwimm­zo­nen auf­hal­ten“, rät Ascher-Mehl.

Was aber, wenn der Dorf­wei­her kei­ne gekenn­zeich­ne­ten Bade­zo­nen hat? Die Schwimm­trai­ne­rin rät dazu: „Beglei­ten Sie ihre Kin­der zumin­dest immer wie­der dort­hin und klä­ren Sie gemein­sam, an wel­chen Stel­len sie gefahr­los ins Was­ser stei­gen und das Was­ser auch wie­der sicher pro­blem­los ver­las­sen können.“

Ein gemein­sa­mes kon­trol­lier­tes Aus­pro­bie­ren hilft, gefähr­li­che Stel­len zu ent­lar­ven. Kin­dern ist nicht bewusst, dass ihnen rut­schi­ge Böschun­gen, Untie­fen, Strö­mun­gen in Flüs­sen oder Bächen oder auch schon glit­schi­ge Stei­ne gefähr­lich wer­den kön­nen. Das Gefah­ren­be­wusst­sein dafür muss des­halb geweckt werden.

„Klop­fen Sie auch Bade­stel­len ab, die tra­di­tio­nell zum Schwim­men genutzt wer­den. Auch dort kön­nen sich im Lauf der Zeit Ver­än­de­run­gen erge­ben haben, Erd­rut­sche zum Bei­spiel, die das Schwim­men plötz­lich an die­ser Stel­le gefähr­lich machen. Machen Sie ihren Kin­dern auch klar, dass es wich­ti­ger ist, das eige­ne Leben zu schüt­zen, als einem Ball hin­ter­her zu sprin­gen, der in ein unbe­kann­tes oder gefähr­li­ches Gewäs­ser gefal­len ist. Spiel­sa­chen kön­nen ersetzt wer­den“, sagt Ascher-Mehl.

Vor­sicht Rutsche

Wer hät­te es gewusst? Die Haupt­un­fall­stel­len in Schwimm­bä­dern sind die Was­ser­rut­schen. Eben­falls gefähr­lich sind Sprung­tür­me und Sprin­ger­becken. „Die Regeln an den Rut­schen müs­sen des­halb wirk­lich ein­ge­hal­ten wer­den“, mahnt Ascher-Mehl. Dazu gehört vor allem auch, dass Abstand gehal­ten wird und der Aus­lauf der Rut­schen immer sofort frei­zu­ma­chen ist. Das glei­che gilt für den Bereich unter den Sprung­tür­men im Sprin­ger­becken. Von den Sprung­tür­men darf nur nach vor­ne abge­sprun­gen wer­den und nur, wenn dar­un­ter nie­mand im Was­ser ist. Wer seit­lich abspringt, ris­kiert, auf dem Becken­rand auf­zu­schla­gen und sich dabei schwer zu verletzen.

Beach­par­ty

Gera­de Jugend­li­che nei­gen dazu, Bade­auf­ent­hal­te für Mut­pro­ben zu nut­zen, sich zu pro­du­zie­ren, sich gegen­sei­tig unter­zu­tau­chen, zu schub­sen. Aus sol­chen Necke­rei­en ent­ste­hen immer wie­der Gefah­ren­si­tua­tio­nen. Dazu kommt, dass Jugend­li­che ihre Fähig­kei­ten oft über­schät­zen. Die zehn Bade­re­geln müs­sen den Jugend­li­chen des­halb prä­sent sein, ein­ge­hal­ten wer­den und not­falls müs­sen auch anwe­sen­de Erwach­se­ne ein­grei­fen und mit dar­auf ach­ten, dass sich die Jugend­li­chen nicht in Gefahr brin­gen. Beson­ders bri­sant wird die Situa­ti­on, wenn Alko­hol ins Spiel kommt. „Bade­un­fäl­le unter Alko­hol­ein­fluss enden häu­fig tra­gisch. Der Alko­hol ver­führt dazu, die eige­nen Fähig­kei­ten zu über­schät­zen und sich und ande­re zu gefähr­den. Die Erfah­rung zeigt, dass eine alko­ho­li­sier­te Per­son im Was­ser wesent­lich schnel­ler aus­kühlt. Es kommt zu Mus­kel­krämp­fen und selbst gute Schwim­mer sind dann nicht mehr in der Lage, sich zu ret­ten“, warnt Mari­an­ne Ascher-Mehl.

Per­so­nen­ret­tung

Wer Ret­tungs­schwim­mer ist, weiß, was zu tun ist, wenn ande­re im Was­ser in Not gera­ten. Ande­re Per­so­nen tun sich schwer, Ertrin­ken­den zu hel­fen, ohne sich selbst zu gefähr­den. Die beste Lösung ist es also, selbst einen Ret­tungs­schwim­mer­kurs zu bele­gen. Auf jeden Fall muss im Not­fall immer über die 112 ein Not­ruf abge­setzt wer­den. Wer hel­fen will, einen Ertrin­ken­den aus dem Was­ser zu zie­hen, soll­te dem Betrof­fe­nen mög­lichst nicht die Hand rei­chen, son­dern immer einen geeig­ne­ten Gegen­stand. „Beden­ken Sie, dass Ihre Kraft viel­leicht nicht aus­reicht. Der vom Ertrin­ken Bedroh­te wird Ihre Hand aber nicht los­las­sen und Sie unter Umstän­den so selbst ins Was­ser zie­hen. Damit ist nie­man­dem gehol­fen. Einen Stock oder ein Klei­dungs­stück kön­nen Sie selbst los­las­sen. Sie kön­nen sich damit selbst ret­ten und brin­gen sich nicht in Gefahr“, erklärt die Schwimmtrainerin.

Bade­re­geln

  • Gehe nur Baden, wenn du dich wohl fühlst.
  • Küh­le dich ab, bevor du ins Was­ser gehst.
  • Gehe nicht mit vol­lem oder ganz lee­rem Magen ins Wasser.
  • Gehe als Nicht­schwim­mer nur bis zum Bauch ins Wasser.
  • Rufe nur um Hil­fe, wenn du in Gefahr bist.
  • Über­schät­ze dich und dei­ne Kraft nicht.
  • Bade nicht, wo Schif­fe und Boo­te fahren.
  • Ver­las­se bei Gewit­ter sofort das Was­ser und suche ein Gebäu­de auf.
  • Auf­blas­ba­re Schwimm­hil­fen bie­ten kei­ne aus­rei­chen­de Sicher­heit im Wasser.
  • Sprin­ge nur ins Was­ser, wenn es frei und tief genug ist.