Orts­um­fah­rung Ebens­feld: BN stellt Antrag auf Zulas­sung der Beru­fung beim Baye­ri­schen Verwaltungsgerichtshof

Die seit 2008 lau­fen­de Kla­ge des BUND Natur­schutz gegen die sog. Kel­bach­grund­an­bin­dung zwi­schen Präch­ting und Ebens­feld war in einer Gerichts­ver­hand­lung am Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth Mit­te Janu­ar 2017 abge­wie­sen wor­den. Das hat­te rie­si­ge Ent­täu­schung beim BUND Natur­schutz aus­ge­löst. Gespannt war­te­ten die Akti­ven aus der BN-Orts­grup­pe Ebens­feld und der BN-Kreis­grup­pe Lich­ten­fels des­halb auf die Urteils­be­grün­dung. Mit­te Juni 2017 und damit fast fünf Mona­te nach der Ver­hand­lung wur­de dem BUND Natur­schutz die Begrün­dung des Ver­wal­tungs­ge­rich­tes zugeleitet.

Bei einer Pres­se­kon­fe­renz des BUND Natur­schutz in Ebens­feld wur­de nun bekannt­ge­ge­ben, dass sich der BN mit dem Urteil des Ver­wal­tungs­ge­rich­tes nicht zufrie­den gibt. Nach sorg­fäl­ti­ger Prü­fung hat der BN beschlos­sen, das Urteil anzufechten.

Anton Rein­hardt, Vor­sit­zen­der der BN-Kreis­grup­pe Lich­ten­fels: „Der Grund­satz der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung, mit der Flä­che und mit den Finan­zen spar­sam umzu­ge­hen, wür­de mit die­ser Stra­ßen­pla­nung kon­ter­ka­riert und zudem mit dem vor­lie­gen­den Ver­wal­tungs­ge­richts­ur­teil von Bay­reuth auch noch gerecht­fer­tigt. Der Ein­griff in die Natur und die Zer­schnei­dung der Land­schaft ist für uns als BUND Natur­schutz und Anwalt der Natur nicht hin­nehm­bar. Über die fach­li­che Stel­lung­nah­me der Höhe­ren Natur­schutz­be­hör­de bei der Regie­rung von Bay­reuth hat sich das Ver­wal­tungs­ge­richt bei sei­ner Beur­tei­lung teil­wei­se hin­weg­ge­setzt, wie etwa beim Fle­der­maus­schutz. Im Hin­blick auf die Abwä­gung aller öffent­li­chen Belan­ge, ins­be­son­de­re unter Ein­be­zug der aktu­el­len Ver­kehrs­ver­hält­nis­se, der Dimen­si­on des Ein­griffs in die Schutz­gü­ter Natur und Land­schaft im Ver­hält­nis zum Nut­zen für die Bür­ger, ist die Ver­wirk­li­chung der plan­fest­ge­stell­ten Tras­se nicht mehr ver­tret­bar. Des­we­gen haben wir den Antrag auf Zulas­sung einer Beru­fungs­ver­hand­lung beim Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in Mün­chen gestellt.“

Lud­wig Wend­ler, BN-Orts­grup­pen­vor­sit­zen­der: „Ich bin ent­täuscht von dem Urteil der 1. Instanz. Der Ein­griff in die Kel­bach­aue durch die plan­fest­ge­stell­te Tras­se wird kei­ne spür­ba­re Ent­la­stung des Orts­kerns von Ebens­feld brin­gen, wie es die Urteils­be­grün­dung dar­stellt. Denn ins­be­son­de­re der Schwer­ver­kehr aus Bau­un­ter­neh­men, einer Com­pu­ter­fir­ma und einer Spe­di­ti­on im Gewer­be­ge­biet Ebens­feld-Nord wird wei­ter durch den Ort fah­ren um nach Bam­berg zu kom­men. Die betref­fen­den LKW-Fah­rer wer­den wohl kaum erst durch den Kern­ort nach Präch­ting fah­ren, um dann umständ­lich auf einer nicht aus­ge­bau­ten Gemein­de­ver­bin­dungs­stra­ße zur A 73 zu gelan­gen. Denn im Zuge der Flur­be­rei­ni­gung hat­te der Orts­teil Präch­ting ja gera­de Flä­chen erwor­ben, um die Z‑Kurve der bestehen­den Stra­ße begra­di­gen zu kön­nen. Aus­ge­rech­net auf die­sen Flä­chen haben aber laut einem ande­ren Ver­wal­tungs­ge­richts­ur­teil die Aus­gleichs­flä­chen für die plan­fest­ge­stell­te neue Tras­se zu erfol­gen. Dort soll z. B. eine 800 Meter lan­ge Hecke entstehen.“

Otto Weid­ner, Mit­glied des Orts­grup­pen­vor­stan­des: „Als Fol­ge des gegen den BN gespro­che­nen Urteils käme die Gemein­de Ebens­feld in die Pflicht, die Unter­halts­lei­stung der dann zur Gemein­de­ver­bin­dungs­stra­ße abge­stuf­ten alten Staats­stra­ße lei­sten zu müs­sen. Allein für die längst fäl­li­ge Gene­ral­sa­nie­rung die­ser Stra­ße müss­te die Markt­ge­mein­de über 2 Mil­lio­nen Euro auf­brin­gen. Hät­te das Gericht dage­gen sorg­fäl­tig zwi­schen der plan­fest­ge­stell­ten Tras­se und der durch den BN vor­ge­schla­ge­nen Alter­na­tiv­tra­sse abge­wo­gen, wäre man zu dem Schluss gekom­men, dass die­se mit weit weni­ger Ein­grif­fen und die Bestandstra­sse mit Begra­di­gung der Z‑Kurve bis zur Brücke unter die A 73 zu rea­li­sie­ren sind.“

Hel­mut Gun­re­ben, Akti­ver der Orts­grup­pe Ebens­feld: „Die Ver­kehrs­pro­gno­se des Staat­li­chen Bau­amts Bam­berg ist völ­lig über­zo­gen. Für das Jahr 2015 pro­gno­sti­zier­te man einen durch­schnitt­li­chen täg­li­chen Ver­kehr (DTV) von 2.673 Kfz/​24h. Wir haben vier Wochen lang rund um die Uhr alle Kraft­fahr­zeu­ge mit einem auto­ma­ti­schen Zähl­ge­rät im Jah­re 2010 erfasst und kamen auf DTV 1.882 Kfz/​24h. Die­se gerin­ge Ver­kehrs­be­la­stung recht­fer­tigt in kei­ner Wei­se eine völ­lig neue Tras­sie­rung, vor allem kei­ne, die das Kel­bach­tal schräg durch­schnei­det und wesent­lich län­ger ist als die vom BN vor­ge­schla­ge­ne Vari­an­te, wel­che die vor­han­de­ne Stra­ße weit­ge­hend nut­zen wür­de. Die­se wur­de fälsch­li­cher­wei­se als viel zu auf­wän­dig und teu­er in der Urteils­be­grün­dung bewertet.“

Enri­co Scherg, Akti­ver der Orts­grup­pe Ebens­feld: „Nach der Dar­stel­lung des Staat­li­chen Bau­am­tes Bam­berg wür­den 77 Pro­zent des Ver­kehrs zwi­schen Ebens­feld und Kleuk­heim durch Pend­ler­strö­me nach Bam­berg und Lich­ten­fels erzeugt. Das trifft auf kei­nen Fall zu. Ich woh­ne selbst in Kleuk­heim und sage, dass ein Kleuk­hei­mer, der direkt nach Bam­berg will, nicht über Ebens­feld fährt, son­dern über Scheß­litz und die A 70 oder Kirch­schlet­ten, Zap­fen­dorf und die A 73.“

Dem Urteil des VG Bay­reuth man­gelt es an der Rich­tig­keit und an Ver­fah­rens­feh­lern: Das Ver­wal­tungs­ge­richt geht nicht auf das zen­tra­le Argu­ment des BN ein, dass die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de, die Regie­rung von Ober­fran­ken, im Rah­men des ergän­zen­den Ver­fah­rens noch ein­mal in die grund­sätz­li­che Abwä­gung ein­ge­tre­ten war. Des­we­gen hät­te die Regie­rung auch die neu­en Ver­kehrs­zah­len und das zwi­schen­zeit­lich rea­li­sier­te Gewer­be­ge­biet öst­lich Ebens­feld ein­be­zie­hen müs­sen. Und das Gericht hät­te das zu bewer­ten gehabt.

Auch beim Fle­der­maus­schutz steckt der Teu­fel im Detail: Das Gericht behaup­tet im Urteil, dass sich die Regie­rung über ihre eige­ne Natur­schutz­be­hör­de hin­weg­set­zen und einem Gut­ach­ten eines Büros fol­gen durf­te. Der BN erlebt regel­mä­ßig, dass Gerich­te den staat­li­chen Behör­den mehr glau­ben als vom BN beauf­trag­ten Gut­ach­tern. Nur hier nicht!

Der vom BN beauf­trag­te Rechts­an­walt Dr. Bernd Söhn­lein hat des­halb mit Schrei­ben vom 6.7.2017 beim VGH Mün­chen den Antrag auf Zulas­sung der Beru­fung gestellt.

Hin­ter­grund

Die Stra­ßen­bau­ver­wal­tung plant nach wie vor eine flä­chen­ver­schwen­den­de Neu­bau­tra­sse der Staats­stra­ße 2187 zwi­schen Präch­ting und Ebens­feld mit der Direkt­an­bin­dung an die A 73 (sog. Kel­bach­grund­an­bin­dung). Weil nur etwa 2.200 Fahr­zeu­ge pro Tag auf der bestehen­den Staats­stra­ße fah­ren, der Ver­kehr sogar abnimmt und nur ein Teil die neue Tras­se nut­zen wür­de, sieht der BN hier über­haupt kei­nen Bedarf für einen Neubau.

Die umstrit­te­ne Neu­bau­tra­sse wur­de nach jah­re­lan­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen am 8. Janu­ar 2008 plan­fest­ge­stellt. Der BUND Natur­schutz hat­te dar­auf­hin am 10.2.2008 vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth dage­gen Kla­ge ein­ge­reicht und anschlie­ßend fach­lich und recht­lich begrün­det. Das Staat­li­che Bau­amt Bam­berg nutz­te dar­auf­hin sei­ne Son­der­rech­te zur Nach­bes­se­rung der Pla­nung – ein Recht, das dem BUND Natur­schutz und ande­ren Natur­schutz­ver­bän­den regel­mä­ßig bestrit­ten wird – und die­se wur­de am 2.7.2014 durch die Regie­rung von Ober­fran­ken in einem ergän­zen­den Plan­fest­stel­lungs­be­schluss fest­ge­stellt. Man hat­te – den Kla­ge­be­grün­dun­gen des BN fol­gend – mehr Aus­gleichs­maß­nah­men fest­ge­stellt (und damit einen Teil der BN-Kri­tik ein­ge­stan­den). Die Regie­rung hat­te sogar zu dem außer­ge­wöhn­li­chen Mit­tel der Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung im Arten­schutz­recht grei­fen müs­sen. Auf­fal­lend war dabei, dass die Höhe­re Natur­schutz­be­hör­de im ergän­zen­den Anhö­rungs­ver­fah­ren das geplan­te Stra­ßen­bau­vor­ha­ben kri­ti­siert hat­te, „weil es eine zumut­ba­re und arten­scho­nen­de­re Tras­sen­al­ter­na­ti­ve“ gäbe. Sie hat­te auch den ergän­zen­den Beschluss nicht mit­ge­zeich­net. Ende 2014 wur­de das bis dahin beim Ver­wal­tungs­ge­richt ruhen­de Kla­ge­ver­fah­ren wie­der auf­ge­nom­men. Nach meh­re­ren Schrift­sät­zen, Kla­ge­er­wi­de­run­gen, Erwi­de­run­gen auf die Erwi­de­run­gen kam es am 13.1 2017 zur öffent­li­chen Gerichts­ver­hand­lung in Bay­reuth und zur Urteils­ver­kün­dung am 16.1.17: Die BN-Kla­ge wur­de abge­wie­sen. Par­al­lel war auch die Kla­ge des Mark­tes Ebens­feld gegen den Ergän­zen­den Plan­fest­stel­lungs­be­schluss ver­han­delt (und abge­wie­sen) worden.

Im Rah­men des Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­rens wur­den bei der Regie­rung von Ober­fran­ken Alter­na­tiv­vor­schlä­ge zur Anbin­dung der St 2187 an die A 73 bei Kut­zen­berg geprüft. Wenn es denn eine direk­te Zufahrt zur A 73 geben soll, dann for­dert der BN statt der 2,2 km lan­gen Neu­bau­tra­sse eine deut­lich kür­ze­re, die Land­schaft weni­ger zer­schnei­den­de und deut­lich weni­ger Flä­che bean­spru­chen­de Alter­na­ti­ve. Die­se Tras­se soll von der bestehen­den Staats­stra­ße Präch­ting – Ebens­feld öst­lich der Auto­bahn direkt neben der A 73 in Rich­tung Kut­zen­berg zur Auf­fahrt an der A 73 füh­ren, statt den Kel­bach­grund schräg zu durchschneiden.

Doch die Stra­ßen­pla­ner des Staat­li­chen Bau­am­tes Bam­berg bügel­ten mit z. T. hane­bü­che­nen Argu­men­ten die vom BN ins Spiel gebrach­te Tras­se ab. Aus „betrieb­li­chen Grün­den“ wäre die Nut­zung der bestehen­den Brücke über den Kell­bach nicht prak­ti­ka­bel, sie müss­te wei­ter ent­fernt neu gebaut wer­den. Behaup­tet wird, eine Ver­le­gung der öst­li­chen Auf­fahrt zur A 73 und eine neue Brücke über den Kell­bach wür­den rd. 4,4 Mio. € Gesamt­ko­sten ver­ur­sa­chen (gegen­über rd. 2,8 Mio. € für die Neu­bau­tra­sse). Die Stei­gung von der Kell­bach­brücke zur Anschluss­stel­le sei zu stark (8%). Die unter Denk­mal­schutz ste­hen­de Lin­den­al­lee zwi­schen Ebens­feld und Kut­zen­berg wür­de beein­träch­tigt. Der Ein­griff in die enge­re Was­ser­schutz­ge­biets­zo­ne sei genau­so stark wie bei der Neu­bau­tra­sse. Der BN sieht das ganz anders.