Aus­stel­lung „Ver­bor­ge­ne Hel­den und Hel­din­nen des trans­at­lan­ti­schens Skla­ven­han­dels“ in Bayreuth

Skla­ven­han­del: ein Ver­bre­chen gegen die Menschlichkeit

Vom 21. Juli 2017 bis zum 23. Juli 2017 fin­det auf dem Stadt­parkett in der Maxi­mi­li­an­stra­ße und der Kanz­lei­stra­ße in Bay­reuth die zwölf­te Aus­ga­be des „Afri­ka-Kari­bik-Festi­vals“ statt. In die­sem Rah­men und aus Anlass der von der UNO aus­ge­ru­fe­nen Deka­de (2015–2024) für Men­schen afri­ka­ni­scher Abstam­mung in der Welt zei­gen die Orga­ni­sa­to­ren an den drei Festi­val-Tagen im Alten Schloss Bay­reuth die Aus­stel­lung „Ver­bor­ge­ne Hel­den und Hel­din­nen des trans­at­lan­ti­schen Sklavenhandels“.

Gezeigt wer­den 20 Bio­gra­phien von aus Afri­ka ent­führ­ten Jun­gen und Mäd­chen, Frau­en und Män­nern zur Zeit des Skla­ven­han­dels. Zwi­schen dem 15. und 19. Jahr­hun­dert leb­ten afri­ka­ni­sche Men­schen auf ame­ri­ka­ni­schen Plan­ta­gen, im osma­ni­schen Reich und an euro­päi­schen Adels­hö­fen sowie in Pri­vat­haus­hal­ten. Sie wur­den auf ver­schie­de­ne Wei­se „ver­kauft“, „ver­schenkt“ oder als „Unter­pfand“ in die „neue Welt“ depor­tiert. Vie­le die­ser afri­ka­ni­schen Kin­der wur­den als „Adels­pagen“ bezeich­net, was ein Euphe­mis­mus war.

  • Anton Wil­helm Amo (1703–1753) war der erste afri­ka­ni­sche Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor, der in Jena Phi­lo­so­phie lehr­te. Amo wur­de als Kind an der Gold­kü­ste (heu­te Gha­na) ent­führt. Er wur­de an die Her­zö­ge und Für­sten Anton Ulrich von Braun­schweig und Lud­wig Rudolf von Lüne­burg-Wol­fen­büt­tel „ver­schenkt“.
  • August Sabac El Cher (1836–1885) wur­de der Mün­del von Prinz Albrecht. Im März 1843 unter­nahm Prinz Albrecht eine Expe­di­ti­on nach Kai­ro und wur­de von dem Vize­kö­nig emp­fan­gen. Am Ende der Audi­enz „schenk­te“ er ihm den klei­nen sie­ben­jäh­ri­gen Jungen.
    Die geraub­ten Kin­der wur­den oft auch als „Unter­pfand“ nach Euro­pa geschickt.
  • Aqua­si Boa­chi und sein Cou­sin Kwa­me Poko waren die Adels­pagen des nie­der­län­di­schen Königs Wil­helm I und des­sen Gemah­lin Anna Pau­low­na. Aqua­si Boa­chi kam spä­ter in die Obhut der Prin­zes­sin von Wei­mar als Adels­page und stu­dier­te an der Hoch­schu­le von Frei­berg, wo heu­te noch ein Por­trait von ihm in Muse­um der Stadt hängt. Die Geschich­ten die­ser Kin­der kom­men in Schul­bü­chern nicht vor und gehö­ren nicht zum hie­si­gen kol­lek­ti­ven Bewusstsein.
  • Mach­bu­ba (1825–1840), ein 14-jäh­ri­ges Mäd­chen, wur­de von dem 52-jäh­ri­gen Dan­dy Prinz Her­mann Pück­ler-Mus­kau auf dem Kai­ro­er Mark6t „gekauft“. In einem Brief an sei­ne Gemah­lin Lucie bezeich­ne­te er die min­der­jäh­ri­ge Mach­bu­ba als sei­ne „Kon­ku­bi­ne“. Um den Zorn sei­ner Ehe­frau zu besänf­ti­gen, brach­te er ihr als „Geschenk“ den jun­gen Afri­ka­ner Jola­dour. Her­mann Pück­ler-Mus­kau (1785–1871) selbst war in Deutsch­land für sei­ne Eska­pa­den, Aben­teu­er­lust und Extra­va­ganz bekannt. Er erwarb sich somit den Ruf „Der tol­le Pück­ler“. Mit Mach­bu­ba konn­te er sei­nen Ruf wah­ren, denn sie war jung und bild­hübsch. Zurück in Deutsch­land hielt er Mach­bu­ba in Gei­sel­haft im Schloss von Mus­kau, unge­fähr ein­hun­dert Kilo­me­ter von Ber­lin ent­fern, fest. Sie starb dort ein­sam und krank.

Alle die­se ent­führ­ten Pagen wur­den im Alter verstoßen:

  • Rusti­mo, der Page der öster­rei­chi­schen Kai­se­rin Eli­sa­beth, bekannt als Sis­si. Rusti­mo soll­te der Erb­prin­zes­sin Vale­rie Gesell­schaft lei­sten und durch sei­ne Erschei­nung die Hof­da­men erschrecken. Nach­dem er aus­ge­dient hat­te wur­de er in ein Armen­haus inter­niert, wo er auch starb.
  • Ange­lo Soli­man, eine schil­lern­de Figur der Wie­ner Gesell­schaft des 18.Jahrhunderts. Als Vor­zei­ge­fi­gur der Frei­mau­rer hat er eine aben­teu­er­li­che Odys­see von Afri­ka nach Öster­reich hin­ter sich gebracht. Ange­lo Soli­man wurde1734 an den kai­ser­li­chen Prin­zen Johann Georg von Lob­ko­witz, Gou­ver­neur von Sizi­li­en, „ver­schenkt“. Die­ser nahm ihn als Weg­be­glei­ter wäh­rend aller mili­tä­ri­schen Feld­zü­ge durch Euro­pa mit. Nach sei­nem Tod kam Soli­man nach Wien in den Haus­halt von Joseph Wen­zel I., Prinz von Liech­ten­stein. Er nahm ihn als sei­nen per­sön­li­chen Kam­mer­die­ner. Er beglei­te­te ihn nach Frank­furt am Main zur Krö­nung von Franz Joseph. Soli­man war zu die­ser Zeit der Haus­leh­rer des Erb­prin­zen Aloys. Am 21. Novem­ber 1796 starb Soli­man, ver­armt, an einem Schlag­an­fall in Wien. Der öster­rei­chi­sche Kai­ser Franz II. nahm sich der Lei­che an und ließ sie aus­stop­fen. Die­se wur­de dann als exo­ti­sches Kurio­sum in sei­nem Kabi­nett für Natu­ra­li­en ausgestellt.

UN-Deca­de for Peo­p­le of Afri­can Des­cent 2015 – 2024

Wir möch­ten im Sin­ne der inter­na­tio­na­len UN-Deka­de 2015–2024 UN-Deca­de for Peo­p­le of Afri­can Des­cent 2015–2024 (Deka­de für Men­schen afri­ka­ni­scher Her­kunft) unter dem Mot­to „Aner­ken­nung, Gerech­tig­keit und Ent­wick­lung„ dem Schick­sal die­ser ver­bor­ge­nen Hel­din­nen und Hel­den ein Gesicht geben und das­sel­be sicht­bar machen. Wir erfül­len damit zwei For­de­run­gen: „Aner­ken­nung und Gerechtigkeit“.

Die Skla­ve­rei und der Skla­ven­han­del: Ver­bre­chen gegen die Menschlichkeit
Es ist das Ver­dienst zahl­rei­cher fran­zö­si­scher Orga­ni­sa­tio­nen und ins­be­son­de­re der ehe­ma­li­gen Justiz­mi­ni­ste­rin Frank­reichs, Frau Chri­stia­ne Tau­bi­ra, aus Guya­na, dass seit 2002 das The­ma Skla­ve­rei in den Fran­zö­sisch-Unter­richt ein­ge­führt wer­den konnte.

Am 10. Mai 2001 wur­de das „Tau­bi­ra-Gesetz“ ein­stim­mig in der fran­zö­si­schen Natio­nal­ver­samm­lung ver­ab­schie­det. Es erkennt an, dass Skla­ve­rei und Skla­ven­han­del Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit sind. Der 10. Mai gilt seit­her in Frank­reich als Gedenk­tag zur Erin­ne­rung an die Opfer der Skla­ve­rei und des trans­at­lan­ti­schen Menschenhandels.

Am 23. August fin­det jedes Jahr auf der ehe­ma­li­gen Skla­ven­in­sel Gorée (1444–1848) im Sene­gal eine Gedenk­ver­an­stal­tung zur Erin­ne­rung an den Skla­ven­han­del statt.

Durch das „Tor ohne Wie­der­kehr“ des Skla­ven­hau­ses auf der Insel Gorée wur­den die Söh­ne und Töch­ter Afri­kas in ein neu­es Leben als Skla­ven nach Euro­pa und in die Neue Welt verschifft.

Lese­tipp

Herz­ber­ger-Fofa­na, Pier­ret­te: La tra­gé­die humaine de l´Ile de Gorée (zu Deutsch: Die mensch­li­che Tra­gö­die der ehe­ma­li­gen Skla­ven­in­sel Gorée, Senegal)