Kli­ni­kum Bay­reuth: „Alz­hei­mer: End­lich Aus­sicht dar­auf, die Krank­heit zu stoppen“

Privatdozent Dr. Stefan Förster, Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin (links), und Prof. Dr. Patrick Oschmann, Chefarzt der Klinik für Neurologie, sehen in der neuen Studie die derzeit größte Chance, um Alzheimerpatienten zu helfen.
Privatdozent Dr. Stefan Förster, Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin (links), und Prof. Dr. Patrick Oschmann, Chefarzt der Klinik für Neurologie, sehen in der neuen Studie die derzeit größte Chance, um Alzheimerpatienten zu helfen.

Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH sucht Teil­neh­mer für eine viel­ver­spre­chen­de Studie

Alz­hei­mer. Für Pati­en­ten und Ange­hö­ri­ge ist das eine erschrecken­de Dia­gno­se. Doch jetzt ste­hen die Chan­cen gut, dass die Krank­heit, die Men­schen in ihrem All­tag behin­dert und ihr Wesen ver­än­dert, zumin­dest gestoppt wer­den kann. Die Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH ist eines von deutsch­land­weit nur 21 Zen­tren, in denen ein neu­es und viel­ver­spre­chen­des Medi­ka­ment gegen Alz­hei­mer gete­stet wird. Jetzt wer­den Pati­en­ten gesucht, die sich an der Stu­die betei­li­gen wol­len. Prof. Dr. Patrick Osch­mann, Chef­arzt der Kli­nik für Neu­ro­lo­gie, sagt: „Das ist eine enor­me Chance.“

In den USA gab es bereits eine sol­che Stu­die – wenn auch in klei­nem Maß­stab. 165 Alz­hei­mer-Pati­en­ten nah­men dar­an teil. Ein Drit­tel bekam das neue Medi­ka­ment in vol­ler Dosis, ein Drit­tel in ver­rin­ger­ter Men­ge und ein wei­te­res Drit­tel erhielt ein Pla­ce­bo. Das Ergeb­nis: Das neue Medi­ka­ment wirkt. Dosis­ab­hän­gig, wie Prof. Osch­mann sagt. Je höher die Dosis, desto grö­ßer die Wirkung.

Alz­hei­mer ent­steht, wenn sich Gehirn­zel­len selbst ver­gif­ten. Das ver­mehrt pro­du­zier­te Eiweiß Beta-Amy­lo­id wird nicht mehr abtrans­por­tiert, es lagert sich in den Zel­len ein. Die­sen Abtrans­port kön­nen jetzt spe­zi­el­le Anti­kör­per über­neh­men, die Pati­en­ten per Infu­si­on bekom­men. Bis dato schaff­ten es Demenz-Medi­ka­men­te besten­falls, die Sym­pto­me zu lin­dern. „Jetzt aber haben wir eine sehr rea­li­sti­sche Aus­sicht dar­auf, Alz­hei­mer in sei­ner Ursa­che zu behan­deln“, sagt Prof. Osch­mann. Denn: Das neue Medi­ka­ment ist aus­schließ­lich für Alz­hei­mer-Pati­en­ten mit zuvor in der Bild­ge­bung nach­ge­wie­se­nen Beta-Amy­lo­id Eiweiß im Gehirn und nicht für alle Demenz-Betrof­fe­nen ent­wickelt wor­den. Es wirkt nur gegen Beta-Amy­lo­id, nur gegen das wohl füh­ren­de Alz­hei­mer-Eiweiß. Pro­te­in­be­zo­gen, nen­nen das die Mediziner.

Und das ist nicht das ein­zig Neue im Kampf gegen Alz­hei­mer: Mit modern­sten Gerä­ten, soge­nann­ten PET/CT-Scan­nern, kön­nen Beta-Amy­lo­id-Abla­ge­run­gen im Gehirn jetzt sicht­bar gemacht wer­den. Und zwar Jah­re bis Jahr­zehn­te, bevor bei Pati­en­ten Sym­pto­me auf­tre­ten, sagt der Chef­arzt der Kli­nik für Nukle­ar­me­di­zin Pri­vat­do­zent Dr. Ste­fan För­ster, der die PET/CT-Bild­ge­bung am Kli­ni­kum Bay­reuth lei­tet und der prä­miert mit diver­sen Aus­zeich­nun­gen sowie aus­ge­stat­tet mit annä­hernd 100 wis­sen­schaft­li­chen Publi­ka­tio­nen zur Demenz-Bild­ge­bung als inter­na­tio­nal aner­kann­ter Exper­te auf die­sem Gebiet gilt. Der Scan­ner beant­wor­tet nicht nur die Fra­ge, ob Eiweiß­ab­la­ge­run­gen vor­han­den sind, was die Grund­vor­aus­set­zung für den Ein­tritt in die Stu­die dar­stellt, son­dern auch in wel­chem Aus­maß und in wel­cher Geschwin­dig­keit sie zuneh­men. Seit Som­mer 2016 ver­fügt die Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH über ein sol­ches Gerät, es war zum Zeit­punkt sei­ner Inbe­trieb­nah­me das modern­ste in ganz Nordbayern.

Bei­de Fak­to­ren zusam­men, das neue Medi­ka­ment und die neue Tech­no­lo­gie, machen Prof. Osch­mann und Pri­vat­do­zent Dr. För­ster opti­mi­stisch: „Dass sich Beta-Amy­lo­id jetzt sehr früh nach­wei­sen lässt, eröff­net uns ein brei­tes zeit­li­ches Behand­lungs­fen­ster.“ Ein Fen­ster, in des­sen Rah­men das neue Medi­ka­ment ein­ge­setzt und Alz­hei­mer gestoppt wer­den kann – vor­aus­ge­setzt die jetzt begon­ne­ne Stu­die, die die Wirk­sam­keit und Ver­träg­lich­keit des Medi­ka­ments in einem grö­ße­ren Maß­stab testet, ver­läuft positiv.

Für Prof. Osch­mann und sein Team hat die Suche nach Pati­en­ten, die zu der Stu­die pas­sen, begon­nen. Eine Pati­en­tin haben sie gefun­den, ihre Behand­lung hat bereits begon­nen. Jetzt sol­len wei­te­re fol­gen – Prof. Osch­mann: „Wir kön­nen so vie­le Pati­en­ten in die Stu­die auf­neh­men, wie wir fin­den.“ Aller­dings kann nicht jeder dar­an teil­neh­men. Die Kri­te­ri­en sind:

  • Nur Pati­en­ten, die in einem frü­hen Sta­di­um an Alz­hei­mer erkrankt sind, sind ange­spro­chen. Das heißt: Für sie soll­ten Ein­schrän­kun­gen spür­bar sein, sie soll­ten aber den­noch ihren All­tag weit­ge­hend allein mei­stern können.
  • Pati­en­ten, die an der Stu­die teil­neh­men wol­len, müs­sen zwi­schen 50 und 85 Jah­ren alt sein.
  • Und: Pati­en­ten brau­chen einen enga­gier­ten Ange­hö­ri­gen, der sie wäh­rend der Stu­die unter­stützt. Denn es wer­den Inter­views geführt, es sind Fra­ge­bö­gen auszufüllen.

War­um die­se Vor­aus­set­zun­gen not­wen­dig sind? „Weil der Erfolg der Stu­die davon abhängt, dass die teil­neh­men­den Pati­en­ten glei­che Merk­ma­le auf­wei­sen“, sagt Prof. Osch­mann. Nur so las­se sich am Ende der 18 Mona­te dau­ern­den Test­pha­se eine kla­re Aus­sa­ge über Ver­träg­lich­keit und Wirk­sam­keit des neu­en Medi­ka­men­tes treffen.

In die­sen 18 Mona­ten wer­den die Pati­en­ten wie bei der ersten Stu­die in den USA gedrit­telt. Ein Drit­tel bekommt die vol­le Dosis, eine Drit­tel die ver­rin­ger­te Dosis des Medi­ka­ments, ein Drit­tel ein Pla­ce­bo. „Das heißt: Für die Teil­neh­mer liegt die Chan­ce bei 66 Pro­zent“, sagt Prof. Osch­mann. Wer zu wel­cher Grup­pe gehört, ent­schei­det das Los. Und: Nach Abschluss der kli­ni­schen Pha­se der Stu­die erhal­ten alle Teil­neh­mer zwei Jah­re lang das neue Medi­ka­ment kostenlos.

Ob die­se Stu­die für Pati­en­ten gefähr­lich ist? „Nein“, sagt der Chef­arzt der Bay­reu­ther Kli­nik für Neu­ro­lo­gie, die mit 150 Bet­ten nach der Cha­ri­te´ in Ber­lin die zweit­größ­te Neu­ro­lo­gie in Deutsch­land ist. „Wir betreu­en und behan­deln unse­re teil­neh­men­den Pati­en­ten sehr inten­siv.“ So fin­den zum Bei­spiel regel­mä­ßig MRT-Kon­trol­len statt. Bei der Erst-Stu­die in den USA hat­ten Pati­en­ten ver­ein­zelt Hirn­öde­me ent­wickelt, als Reak­ti­on auf den Abtrans­port der Eiweiß­ab­la­ge­run­gen. „Auch das beob­ach­ten wir natür­lich. Und neh­men Pati­en­ten gege­be­nen­falls aus der Studie.“

Die Risi­ken sind also beherrsch­bar, die Chan­cen sind groß. „Wenn die­se Stu­die erfolg­reich ver­läuft, sind wir erst­mals in der Lage den Krank­heits­ver­lauf von Alz­hei­mer so stop­pen“, sagt. Prof. Osch­mann. Mehr noch: So wie spe­zi­el­le Anti­kör­per Beta-Amy­lo­id aus dem Gehirn eines Pati­en­ten abtrans­por­tie­ren, kön­nen mög­li­cher­wei­se in Zukunft ande­re Anti­kör­per ande­re Eiwei­ße, die für ande­re Demenz-For­men ver­ant­wort­lich sind, ver­schwin­den las­sen. „Dann hät­ten wir mit die­ser Stu­die eine Blau­pau­se für den wei­te­ren Kampf gegen Demenz“, sagt Prof. Osch­mann. „Und das wäre dann ein ganz gro­ßer Durchbruch.“

Info: Pati­en­ten, die an der Stu­die teil­neh­men möch­ten, oder ihre Ange­hö­ri­gen wen­den sich bit­te an das Sekre­ta­ri­at der Kli­nik für Neu­ro­lo­gie unter der Tele­fon­num­mer 0921–400-4602 oder an das Stu­di­en­zen­trum unter der Tele­fon­num­mer 0921–400-4614. Die Pati­en­ten absol­vie­ren vor Beginn ihrer Behand­lung meh­re­re Tests. Die Kli­ni­kum Bay­reuth GmbH ist aus vier Grün­den als Stu­di­en­zen­trum aus­ge­wählt wor­den: Die Kli­nik für Neu­ro­lo­gie ist eine der größ­ten in Deutsch­land, hat also eine gro­ße Anzahl von Pati­en­ten. Sie ver­fügt über ein eige­nes Stu­di­en­zen­trum, das in der Ver­gan­gen­heit bereits zahl­rei­che Stu­die, vor allem für die Indi­ka­tio­nen Mul­ti­ple Skle­ro­se und Schlag­an­fall, erfolg­reich beglei­tet hat. Die­se Stu­di­en haben auch mit dem Phar­ma­un­ter­neh­men statt­ge­fun­den, das das neue Medi­ka­ment gegen Alz­hei­mer ent­wickelt hat. Und das Kran­ken­haus der maxi­ma­len Ver­sor­gungs­stu­fe ver­fügt über einen sehr stu­di­en­erfah­re­nen, inter­na­tio­nal aner­kann­ten Exper­ten in der Demenz­bild­ge­bung, der einen der aktu­ell modern­sten PET/CT-Scan­ner in der gan­zen Bun­des­re­pu­blik betreibt.