Die Phil­ip­pi­nen, ein Hot­spot der Evo­lu­ti­on: Bay­reu­ther Bota­ni­ker erfor­schen Arten­viel­falt von Kaffeegewächsen

Symbolbild Bildung

Die Phil­ip­pi­nen sind ein Hot­spot pflanz­li­cher Bio­di­ver­si­tät – war­um das so ist, zei­gen Bay­reu­ther Bota­ni­ker jetzt in der Zeit­schrift ‚BMC Evo­lu­tio­na­ry Bio­lo­gy‘. Gemein­sam mit phil­ip­pi­ni­schen, bel­gi­schen und schwe­di­schen Arbeits­grup­pen ist ihnen der Nach­weis gelun­gen, dass die Phil­ip­pi­nen in der Ver­gan­gen­heit min­de­stens fünf­mal unab­hän­gig von­ein­an­der von Pflan­zen der Gat­tung Ixo­ra, der dritt­größ­ten Gat­tung der Kaf­fee­ge­wäch­se, besie­delt wur­den. Gene­ti­sche Ana­ly­sen erga­ben, dass die­se Pflan­zen aus ganz ver­schie­de­nen geo­gra­fi­schen Regio­nen ein­ge­wan­dert sind. Das Zusam­men­tref­fen ihrer Abstam­mungs­li­ni­en wur­de dann zum Aus­gangs­punkt für die Evo­lu­ti­on neu­er, rein phil­ip­pi­ni­scher Arten.

Die vor allem in den Tro­pen ver­brei­te­te Gat­tung Ixo­ra ist mit welt­weit fast 550 Arten die dritt­größ­te Gat­tung der Fami­lie der Kaf­fee­ge­wäch­se (Rubia­ceae). Sie ist eine der weni­gen Pflan­zen­gat­tun­gen, die nicht nur auf den Phil­ip­pi­nen, son­dern welt­weit ver­brei­tet ist. Damit eig­nen sich die­se Sträu­cher beson­ders gut, um Erkennt­nis­se über die Evo­lu­ti­on der Pflan­zen zu gewin­nen, denn die Phil­ip­pi­nen sind mit ihren rund 7000 Inseln ein Hot­spot der bio­lo­gi­schen Viel­falt. Von den gut 14.000 ein­hei­mi­schen Pflan­zen­ar­ten sind mehr als 6.000 ende­misch, kom­men also nur dort vor. Für die Unter­su­chung evo­lu­tio­nä­rer Pro­zes­se sind im Meer iso­lier­te Inseln grund­sätz­lich ein her­vor­ra­gen­des Modell. Aber um her­aus­zu­fin­den, wel­che Ver­bin­dun­gen zum asia­ti­schen Fest­land und zum ozea­ni­schen Insel­reich bestan­den, bedarf es einer Gat­tung wie Ixo­ra mit ihren vie­len, welt­weit ver­streu­ten Arten.

Abstam­mungs­li­ni­en auf der Basis von Genanalysen

Für die Auf­klä­rung der Evo­lu­ti­on von Ixo­ra im pazi­fi­schen Raum ana­ly­sier­te Dr. Ceci­lia Banag im Rah­men ihrer Dis­ser­ta­ti­on (betreut von Prof. Dr. Sig­rid Lie­de-Schu­mann, Lehr­stuhl für Pflan­zen­sy­ste­ma­tik) das Erb­gut die­ser Pflan­zen. Die mit DNA-Sequenz­ana­ly­sen gewon­ne­nen Daten­sät­ze hat sie mit Hil­fe von Com­pu­ter­pro­gram­men aus­ge­wer­tet, wie sie heu­te viel­fach in der Pflan­zen­sy­ste­ma­tik ein­ge­setzt wer­den, um Stamm­bäu­me und Ver­wandt­schafts­net­ze zu berech­nen. „Dabei sind wir bei Ixo­ra-Arten, die heu­te auf den Phil­ip­pi­nen hei­misch sind, auf uner­war­tet kom­ple­xe Abstam­mungs­ver­hält­nis­se gesto­ßen. Sowohl der Chlo­ro­pla­sten­da­ten­satz als auch der Kern-DNA-Daten­satz bele­gen, dass die von uns unter­such­ten Arten kei­nes­wegs eng mit­ein­an­der ver­wandt sind, son­dern fünf unter­schied­li­chen Abstam­mungs­li­ni­en ange­hö­ren“, berich­tet Dr. Banag und ergänzt: „Wir schlie­ßen dar­aus, dass es im Ver­lauf der Evo­lu­ti­on min­de­stens fünf Ereig­nis­se gab, in denen die Phil­ip­pi­nen von jeweils ver­schie­de­nen Ixo­ra-Arten besie­delt wur­den. Die Bee­ren von Ixo­ra sind ein belieb­tes Fut­ter für Vogel­ar­ten im gesam­ten pazi­fi­schen Raum. Vögel kön­nen gro­ße Distan­zen über­win­den und haben ver­mut­lich ent­schei­dend zur Aus­brei­tung von Ixo­ra beigetragen.“

Wie die gene­ti­schen Ana­ly­sen zei­gen, ereig­ne­te sich die Besied­lung der Phil­ip­pi­nen sowohl von Westen als auch von Osten her. Vier Ixo­ra-Abstam­mungs­li­ni­en las­sen sich nach Süd­ost­asi­en zurück­ver­fol­gen, eine wei­te­re hat dage­gen in Ozea­ni­en ihren Ursprung und kann auf eine lan­ge und selb­stän­di­ge Ent­ste­hungs­ge­schich­te zurück­blicken. „Die Phil­ip­pi­nen stel­len also für Ixo­ra zunächst einen Treff­punkt und dann einen Aus­gangs­punkt für beson­ders inten­si­ve Art­bil­dung dar“, resü­miert Prof. Liede-Schumann.

Wei­te­rer Forschungsbedarf

Infol­ge der Besied­lung von außer­halb und nach­fol­gen­der Ent­ste­hung ende­mi­scher Arten hat sich auf den Phil­ip­pi­nen ein Gen­pool gebil­det, der die Grund­la­ge für eine wei­te­re gene­ti­sche Dif­fe­ren­zie­rung der Ixo­ra-Pflan­zen dar­stellt. „Hier­für haben wir inter­es­san­te Indi­zi­en gefun­den, denen wir wei­ter nach­ge­hen wol­len. Zugleich gibt es ein­an­der außer­or­dent­lich ähn­li­che Ixo­ra-Arten, die sich aber trotz­dem nicht auf einen gemein­sa­men Vor­fah­ren zurück­füh­ren las­sen. Die genaue­re Unter­su­chung sol­cher soge­nann­ten „kryp­ti­scher Arten“ ist ein wich­ti­ger näch­ster Schritt für das Ver­ständ­nis der Evo­lu­ti­on und geo­gra­fi­schen Aus­brei­tung der Gat­tung Ixo­ra“, so Prof. Liede-Schumann.

Ver­öf­fent­li­chung:

Ceci­lia I. Banag, Arnaud Mou­ly, Grece­bio Jona­than D. Ale­jan­dro, Bir­git­ta Bre­mer, Ulrich Meve, Gui­do W. Grimm and Sig­rid Lie­de-Schu­mann: Ixo­ra (Rubia­ceae) on the Phil­ip­pi­nes – cross­road or crad­le? BMC Evo­lu­tio­na­ry Bio­lo­gy 2017, 17: 131.
DOI: 10.1186/s12862-017‑0974‑3 (open access).