Igel im töd­li­chen Liebesrausch

Paa­rungs­zeit bei den Igeln hat begon­nen – Stra­ßen wer­den oft zur Todes­fal­le – Kaum eine ande­re Tier­art wird so häu­fig überfahren

Die Paa­rungs­zeit bei Bay­erns Igeln hat begon­nen und geht noch bis in den August. „In die­ser Zeit befin­den sich die Igel­män­ner gera­de­zu im Lie­bes­rausch und legen zum Teil sehr wei­te Strecken zurück, um eine pas­sen­de Part­ne­rin zu fin­den“, erklärt die LBV-Igel­ex­per­tin Mar­ti­na Geh­ret. Stra­ßen, Gar­ten­zäu­ne aber auch Bahn­tras­sen ver­hin­dern dabei eine bar­rie­re­freie und gefahr­lo­se Wan­de­rung durch das Igel­re­vier. So über­que­ren Igel im Durch­schnitt min­de­stens zwölf Stra­ßen pro Nacht. Kein Wun­der, dass bei so gefähr­li­chen Wan­der­strecken der Igel zu den am häu­fig­sten über­fah­re­nen Säu­ge­tie­ren zählt. Die­se Erkennt­nis stüt­zen auch die Zah­len des LBV-Mit­mach­pro­jekts „Igel in Bay­ern“. Aus­wer­tun­gen der letz­ten drei Jah­re haben erge­ben, dass im Juni und Juli die mei­sten Igel auf den baye­ri­schen Stra­ßen ster­ben. Die quer durch Bay­ern gehen­de Bun­des­stra­ße 2 von Hof nach Mit­ten­wald gehört bei den Todes­mel­dun­gen zu den trau­ri­gen Spitzenreitern.

Bay­ern­weit haben Bür­ger­for­scher dem LBV in die­sem Jahr über die Inter­net­sei­te „Igel in Bay­ern“ bis­her schon knapp 11.000 Igel gemel­det. „Etwas mehr als ein Vier­tel davon sind Ver­kehrs­op­fer, wobei es allein im Juni bis­lang schon 1.250 tote Tie­re waren“, so Mar­ti­na Geh­ret. Da männ­li­che Igel eine Revier­grö­ße von bis zu hun­dert Hekt­ar haben, was 140 Fuß­ball­fel­der ent­spricht, müs­sen die lie­bes­tol­len Tie­re zwangs­läu­fig gefähr­li­che Stra­ßen und ande­re Hin­der­nis­se über­que­ren, um pas­sen­de Weib­chen zu finden.

„Doch dabei lau­fen Igel nicht ein­fach leicht­fer­tig auf die Stra­ße, son­dern nut­zen ihr her­vor­ra­gen­des Gehör. Manch­mal war­ten sie minu­ten­lang, bis sie den ersten Schritt wagen“, weiß die LBV-Igel­ex­per­tin. Den häu­fi­gen Stra­ßen­tod der Tie­re hat eine Schwei­zer Unter­su­chung dar­auf zurück­ge­führt: „Wenn der Igel auf die Stra­ße los­rennt, klap­pern sei­ne Sta­cheln für ihn so laut, dass ande­re Geräu­sche wie etwa näher­kom­men­de Autos über­tönt wer­den“, erklärt Geh­ret. Nähert sich ein Fahr­zeug, spürt der Igel das auch an den leich­ten Boden­er­schüt­te­run­gen. Die Tie­re ver­har­ren kurz, ver­su­chen die nahen­de unna­tür­li­che Gefahr ein­zu­schät­zen und wägen ab, ob es siche­rer ist umzu­keh­ren oder schnell wei­ter­zu­lau­fen. „Oft ist es dann aber schon zu spät.“

Igel erken­nen Stra­ßen durch­aus als Gefahr. Sie ver­su­chen die­ses Hin­der­nis des­halb zügig und auf dem schnell­sten Weg zu über­win­den, mei­stens direkt im rech­ten Win­kel. „Es ist tat­säch­lich eher die Aus­nah­me, dass sich der Igel auf der Stra­ße ein­rollt und man ihn gefahr­los zwi­schen die Rei­fen neh­men kann“, so Geh­ret. „Das ein­zi­ge was dem Igel wirk­lich hilft, wenn er im Schein­wer­fer­licht um sein Leben rennt, ist Rück­sicht­nah­me und eine vor­aus­schau­en­de Fahrweise.“