Leser­brief: „Radent­scheid Bam­berg: Fata­ler Vorschlag“

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

In einem aktu­el­len News­let­ter grei­fen die Initia­to­ren des Radent­scheids Bam­berg einen typi­schen Fahr­rad­un­fall auf: Ein Kraft­fah­rer, der, von der Euro­pa­brücke (Regens­bur­ger Ring) kom­mend, nach rechts in den Mar­ga­re­ten­damm abbog, erfaß­te einen Rad­fah­rer, der, auf dem benut­zungs­pflich­ti­gen Rad­weg aus glei­cher Rich­tung unter­wegs, vor­fahrt­be­rech­tigt gera­de­aus fah­ren wollte.

Radent­scheid weist der Ver­kehrs­len­kung eine Mit­ver­ant­wor­tung zu – zwei­fel­los zu Recht. Denn Rad­ler auf eige­nem Weg oder eige­ner Spur neben (!) den Kraft­fahr­zeu­gen fal­len regel­mä­ßig sol­chen Abbie­ge­un­fäl­len zum Opfer. Dies war einer der Grün­de, wes­halb vor knapp 20 Jah­ren die Rad­weg­be­nut­zungs­pflicht in der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung zum recht­fer­ti­gungs­be­dürf­ti­gen Aus­nah­me­fall erklärt wurde.

Radent­scheid erklärt den Unfall zu einer Fol­ge der kürz­lich erfolg­ten Umge­stal­tung der Kreu­zung, schlägt statt des­sen eine ande­re Ver­kehrs­füh­rung vor. Doch hier lie­gen die Akti­vi­sten voll neben der Spur. Zwar sorgt die umfang­rei­che Stra­ßen­ma­le­rei eher für Ver­wir­rung als für Sicher­heit. Doch für die beschrie­be­ne Ver­kehrs­be­zie­hung hat sich gar nichts geän­dert. Der Kno­ten ist zudem seit Jah­ren als Unfall­schwer­punkt bekannt, die ange­ord­ne­te Rad­weg­be­nut­zungs­pflicht schon des­halb unzulässig.

Die sei­tens Radent­scheids vor­ge­schla­ge­ne Kreu­zungs­geo­me­trie wur­de von den Inter­es­sens­ver­tre­tern des Rad­ver­kehrs über vie­le Jah­re hef­tig kri­ti­siert: Rad­fah­rer wer­den erst in einem Bogen nach rechts geführt – vie­le Kraft­fah­rer unter­lie­gen so der irri­gen Annah­me, sie bögen ab. Die que­ren­de Furt liegt deut­lich von der par­al­lel füh­ren­den Fahr­bahn abge­setzt. Hier rech­nen die wenig­sten Auto­fah­rer mit plötz­lich wie­der nach links schwen­ken­den Rad­fah­rern, die dann zwar vor­fahrt­be­rech­tigt, aber uner­war­tet vor der Küh­ler­hau­be auftauchen.

Aus gutem Grund emp­feh­len die tech­ni­schen Regel­wer­ke, Rad­ver­kehr vor der­ar­ti­gen Kno­ten­punk­ten in den Sicht­be­reich der Kraft­fah­rer zu füh­ren. Radent­scheid will das genaue Gegen­teil. Wie in meh­re­ren ande­ren strit­ti­gen Punk­ten ver­stärkt sich der Ein­druck: Die Macher schrei­ben kri­tik­los bei einem Autor ab, des­sen Publi­ka­ti­on in der Fach­welt stark umstrit­ten ist. Lei­der scha­det das dem pro­pa­gier­ten Anlie­gen, Rad­ver­kehr för­dern und sicher gestal­ten zu wol­len. Die viel­fach berech­tig­te Kri­tik an der der­zei­ti­gen Ver­kehrs­po­li­tik und ‑gestal­tung büßt so unge­recht­fer­tigt ihre Glaub­wür­dig­keit ein.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig