Leser­brief: Stel­lung­nah­me zu Bebau­ungs­plan 402A (Mit­tel­bach­stra­ße in Bamberg)

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Nach­fol­gend erhal­ten Sie den Wort­laut mei­ner Stel­lung­nah­me gem. §3–1 BauGB zum vor­ha­ben­be­zo­ge­nen Bebau­ungs­plan 402A (Mit­tel­bach­stra­ße), der bis zum 24. April aus­ge­le­gen hatte:

Vor­be­mer­kung:

Die nach­fol­gen­de Nume­rie­rung ori­en­tiert sich an der aus­ge­leg­ten Begründung.

zu 3.3 Lage im Stadt­ge­biet und ört­li­che Situa­ti­on / Ver­kehrs­er­schlie­ßung und Infrastrukturausstattung

Die Erschlie­ßung mit dem Lini­en­bus – vor­be­halt­lich frag­los erfor­der­li­cher Ange­bots­ver­bes­se­run­gen viel­fäl­ti­ger Art – sowie die Nähe zu Bahn­hof und Innen­stadt bie­ten gün­sti­ge Vor­aus­set­zun­gen, bezüg­lich der Mobi­li­tät der hier woh­nen­den Men­schen weni­ger Gewicht auf den moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr zu legen.

Für Rad­fah­rer aller­dings bie­ten sich im Umfeld kata­stro­pha­le Vor­aus­set­zun­gen. Wer nicht die nur Orts­kun­di­gen bekann­ten Schleich­we­ge, die aller­dings oft Umwe­ge und spür­ba­re Zeit­ver­lu­ste mit sich brin­gen, nut­zen kann, trifft ent­lang der Haupt­ver­kehrs­stra­ßen auf Rad­ver­kehrs­an­la­gen, die jeder Beschrei­bung spot­ten: zu gerin­ge Quer­schnit­te, gefähr­li­che und zeit­rau­ben­de Lini­en­füh­rung an Kno­ten­punk­ten, man­gel­haf­te Ober­flä­chen, zwangs­läu­fi­ge Kon­flik­te mit Fuß­gän­gern, Hin­der­nis­se im oder eng am Fahr­weg, Benut­zungs­pflicht gar in bei­den Rich­tun­gen, teils gemein­sam mit Fuß­gän­gern, wo die Wege­brei­te kaum für ein ein­zel­nes Fahr­rad aus­reicht, aber auch Geh­we­ge, die, hier­für völ­lig unge­eig­net, für Rad­ver­kehr frei­ge­ge­ben sind. Die Erkennt­nis­se der letz­ten Jahr­zehn­te hin­sicht­lich (Fuß­gän­ger- und) Fahr­rad­för­de­rung durch Kom­fort und Sicher­heit schei­nen an den Ver­ant­wort­li­chen in wei­tem Bogen vor­bei­ge­flo­gen zu sein. Nahe­zu jede den Rad­ver­kehr betref­fen­de Anord­nung ist im Licht der gel­ten­den Vor­ga­ben rechtswidrig.

Gera­de der zitier­te Gene­ra­tio­nen­wech­sel erfor­dert eine als­bal­di­ge Neu­aus­rich­tung. Jun­ge Fami­li­en sind weit weni­ger als frü­her aus sich her­aus auf das Auto als zen­tra­len Mobi­li­täts­trä­ger fixiert. Des­sen Nut­zung beruht, wie auch bun­des­wei­te Unter­su­chun­gen neue­ren Datums bele­gen, weit­ge­hend auf dem Man­gel an akzep­ta­blen Alter­na­ti­ven – ein deut­li­ches Votum gegen die alt­her­brach­te, in Bam­berg nach wie vor ver­folg­te Verkehrspolitik.

Jun­ge Fami­li­en bedeu­ten auch: Kin­der und Jugend­li­che, die viel zu Fuß und mit dem Fahr­rad unter­wegs sind. Schon, um sie zu schüt­zen, aber auch, um ihnen die­se umwelt­scho­nen­de und gesund­heits­för­dern­de Mobi­li­tät nicht zu ver­grau­len, ist es unver­zicht­bar, die Rah­men­be­din­gun­gen neu zu defi­nie­ren. Selbst­ver­ständ­lich geht die­se Fra­ge­stel­lung über das Anlie­gen eines ein­zel­nen Bebau­ungs­pla­nes weit hin­aus. Doch auch er muß sich letzt­lich ein­fü­gen, darf nicht Fak­ten set­zen, wel­che die fal­sche Rich­tung fortschreiben.

zu 3.4 Der jet­zi­ge Bestand im Gel­tungs­be­reich des Bebau­ungs­plans 402A

Nach den Hor­ror­mel­dun­gen, wel­che sei­ner­zeit über den angeb­li­chen Zustand der Wohn­ge­bäu­de im Kon­ver­si­ons­ge­biet ver­brei­tet wor­den waren, um die angeb­li­che Not­wen­dig­keit eines bal­di­gen Abris­ses dar­zu­stel­len, lei­den ver­gleich­ba­re Pau­schal­be­ur­tei­lun­gen, wie sie hier vor­ge­nom­men wer­den, unter einem erheb­li­chen Glaub­wür­dig­keits­pro­blem. Ins­be­son­de­re ist nicht zu erken­nen, war­um eine Sanie­rung im Bestand zu ver­tret­ba­ren Kosten undenk­bar sein soll.

zu 4.1 Über­blick über die Konzeption

Die neu­en Woh­nun­gen sol­len grö­ßer wer­den als die alten. Daß ange­sichts der Kosten­la­ge einer­seits und der um sich grei­fen­den Beschäf­ti­gun­gen zu kaum aus­kömm­li­chen Löh­nen viel­leicht der Trend zu immer grö­ßer wer­den­der Wohn­flä­che je Per­son ein­mal stop­pen könn­te, daß gera­de preis­wer­ter Wohn­raum drin­gendst benö­tigt wird, scheint in den Über­le­gun­gen kei­ne Rol­le zu spie­len. Oder soll der sozia­le Gedan­ke gar nicht so sehr im Vor­der­grund stehen?

Die gel­ten­den Vor­schrif­ten erfor­dern angeb­lich mehr Stell­plät­ze, dies wie­der­um bedeu­te weni­ger Woh­nun­gen. Fällt nie­man­den die Per­ver­si­tät die­ser Argu­men­ta­ti­on auf? Kommt wirk­lich nie­mand auf die Idee, einen Teil der Auto­stell­plät­ze durch För­de­rung zu ver­träg­li­che­rer Mobi­li­tät zu erset­zen, so daß mehr Platz für Woh­nun­gen verbleibt?

zu 4.6 Ver­kehrs­er­schlie­ßung, Stell­plät­ze und Ret­tungs­weg / Pkw-Stell­plät­ze / Fahrradstellplätze

Wie bereits ange­deu­tet, läßt sich die Zahl der Stell­plät­ze redu­zie­ren, indem ande­re Mobi­li­täts­an­ge­bo­te attrak­tiv gestal­tet wer­den. Neben den bereits erwähn­ten Ver­bes­se­run­gen im Bus­an­ge­bot (bedarfs­ge­rech­te Netz­bil­dung und Fahr­plan­tak­te, Ver­knüp­fung mit dem Rad­ver­kehr durch anspre­chen­de Stell­plät­ze an den Hal­te­punk­ten sowie längst über­fäl­li­ge, ver­läß­li­che Mög­lich­kei­ten zur Fahr­rad­mit­nah­me) sowie der Ver­kehrs­ver­hält­nis­se für Fuß­gän­ger und Rad­fah­rer liegt erheb­li­ches Poten­ti­al in den Stell­plät­zen für Fahr­rä­der. Die städ­ti­sche Stell­platz­sat­zung beinhal­tet nur Mini­mal­for­de­run­gen, die der Wirk­lich­keit in den Haus­hal­ten weder qua­li­ta­tiv (Berück­sich­ti­gung von Son­der­bau­for­men und Zube­hör) noch quan­ti­ta­tiv (min­de­stens ein Fahr­rad je Per­son, man­ches Mal mehr) auch nur annä­hernd gerecht werden.

Über­dies soll­ten die Pkw-Stell­plät­ze nach Bedarf ver­ge­ben wer­den – gegen ent­spre­chen­des Ent­gelt. Dies begrenz­te den Bestand auf das not­wen­di­ge Maß und ver­hin­der­te die unfrei­wil­li­ge Quer­sub­ven­tio­nie­rung des Auto­ver­kehrs durch die Bewoh­ner, wel­che kein Kraft­fahr­zeug besitzen.

Zu 7 Immissionsschutz

Der beste Immis­si­ons­schutz ist die Ver­mei­dung der Emis­si­on. Eine ver­än­der­te, zukunfts­fä­hi­ge Ver­kehrs­po­li­tik ver­rin­ger­te Lärm sowie umwelt- und gesund­heits­schä­di­gen­de Luft­schad­stof­fe deut­lich. Sie ent­sprä­che zudem dem Prin­zip der Vor­sor­ge, der sich alle ver­ant­wort­li­chen Ent­schei­dungs­trä­ger ver­pflich­tet füh­len sollten.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig