Lust und Ver­lust: Bil­der von Man­fred Hür­li­mann in der Samm­lung Lud­wig Bamberg

Manfred Hürlimann, "Der Truthahn" (Ausschnitt)
Manfred Hürlimann, "Der Truthahn" (Ausschnitt)

11. März bis 12. Novem­ber 2017 – 39 Bil­der von Man­fred Hür­li­mann im Reich der Por­zel­la­ne und Fay­en­cen der Samm­lung Lud­wig Bamberg

Ein Maler muss malen. Selbst wenn Man­fred Hür­li­mann nur aus Lie­be zu schö­nen Din­gen ein Muse­um besucht, gehen die Muse­ums­expo­na­te in sei­ne Vor­stel­lung ein. Bei sei­nen häu­fi­gen Besu­chen in der Samm­lung Lud­wig Bam­berg – Fay­ence und Por­zel­lan ließ sich der Künst­ler von Figu­ren und Kan­nen, Schau­ge­rich­ten und Tisch­fon­tä­nen zu einer Bil­der­se­rie inspi­rie­ren. Unter dem Titel „Lust und Ver­lust“ wer­den 39 Wer­ke gemein­sam mit den Por­zel­la­nen und Fay­en­cen prä­sen­tiert, so dass sie in einen Dia­log tre­ten und der Betrach­ter die Mög­lich­keit hat, den bild­haf­ten Bezug her­zu­stel­len. Die Muse­ums­be­su­cher kön­nen sich anhand der moti­vi­schen Ver­satz­stücke in Hür­li­manns Bil­dern auf die Suche bege­ben und die ent­spre­chen­den drei­di­men­sio­na­len Por­zel­lan- und Fay­en­ce­ge­gen­stän­de in der Aus­stel­lung suchen und fin­den. Beim Ver­gleich der Por­zel­la­ne und der Male­rei wird klar, dass Man­fred Hür­li­mann eine neue und kraft­vol­le, aus­drucks­star­ke, oft bedroh­li­che und immer iro­nisch gebro­che­ne Bil­der­welt schafft. Dar­in wan­dern die Por­zel­lan­fi­gu­ren zurück in die Welt des Roko­ko, in der sie geschaf­fen wur­den, sind aber gleich­zei­tig Zeitgenossen.

In Man­fred Hür­li­manns Bil­dern herrscht eine gro­ße Dyna­mik, da flie­gen schon mal ele­gan­te Damen­schu­he durch die Luft – oder sogar Hand­gra­na­ten. Und dabei ist die Bild­mit­te oft leer, dort wirkt allein eine stark­far­bi­ge, mono­chro­me Flä­che. Manch­mal scheint es so, als drin­ge der Mensch in die eigent­lich stil­le Welt des Por­zel­lans ein: Wie aus einem ande­ren Bild­raum ragen Hän­de her­ein, die an Fäden zup­fen, Enten­häl­se umklam­mern oder Nacht­ge­schir­re aus­lee­ren. Ab und zu fin­det das musea­le Por­zel­lan zu sei­ner Bestim­mung zurück. Aus einer Kan­ne wird Kaf­fee aus­ge­schenkt. Aber nicht in eine Tas­se, son­dern die schwar­ze Flüs­sig­keit ergießt sich über einen Brief. Der­art Beun­ru­hi­gen­des schleicht sich in fast jedes Bild hin­ein, mit­un­ter erst auf den zwei­ten Blick erkennbar.

Lust und Verlust

Bereits der Titel deu­tet auf ein fra­gi­les Gleich­ge­wicht hin. Oft sind die Gefä­ße am Abrut­schen, ste­hen kip­pe­lig an der Tisch­kan­te, hän­gen oder schwe­ben in der Luft. Man will die Hand aus­strecken, um das fal­len­de Gefäß noch schnell auf­zu­fan­gen, bevor es zer­springt. Die sprich­wört­li­che Zer­brech­lich­keit des Por­zel­lans wird the­ma­ti­siert und damit zugleich die Epo­che sei­ner Ent­ste­hung: das Roko­ko, Zeit­ab­schnitt der Fri­vo­li­tät, der Lust, der Ero­tik. In Hür­li­manns Bil­dern geht die Lust unmit­tel­bar dem Ver­lust vor­aus, sie las­sen das Ende in der mit­un­ter mor­bi­den Far­big­keit der grau-grü­nen Kör­per ahnen. Die­se steht in einem deut­li­chen Span­nungs­ver­hält­nis zum wei­ßen und rosa ange­hauch­ten Por­zel­lant­eint der Figu­ren des 18. Jahr­hun­derts, die in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft zu den Bil­dern erleb­bar sind.

Ver­steck­te Anspielungen

Hür­li­mann fragt nach der ursprüng­li­chen Bestim­mung der Gegen­stän­de, nimmt sozu­sa­gen den Faden auf und spinnt ihn wei­ter. Augen­fäl­lig ist das beim Bild mit dem Titel „Par­zen­fa­den“, in den sich das Drü­sel­käst­chen, ursprüng­lich ein edles Behält­nis für Stick­fä­den, ver­wan­delt. Die Bezü­ge zwi­schen dem 18. Jahr­hun­dert und der Gegen­wart, die Anklän­ge an anti­ke Mythen und aktu­el­le Erschei­nun­gen tau­chen in vie­len Bil­dern auf, müs­sen von den Betrach­ten­den aber im Gei­ste ergänzt wer­den. Hür­li­mann selbst deu­tet nur an, lässt die Inhal­te anspie­lungs­reich im Raum schwe­ben. Des­we­gen bleibt das Bild­zen­trum oft leer: Der Künst­ler gibt uns Platz, damit wir unse­re eige­ne Phan­ta­sie spie­len las­sen können.

Man­fred Hürlimann

Vita

1958 gebo­ren in Oberstaufen
1977–1979 Leh­re als Kirchenmaler
1980 ‑1986 Stu­di­um der Male­rei an der Aka­de­mie der Bildenden
Kün­ste Nürn­berg bei Gün­ter Voglsamer
lebt in Nürn­berg, www​.man​fred​-huer​li​mann​.de

Aus­zeich­nun­gen:

2005 1. Preis, Kunst­preis der Nürn­ber­ger Nachrichten
1992 För­der­preis des Bezirks Mittelfranken
1988 Debü­tan­ten­preis des Baye­ri­schen Mini­ste­ri­ums für Kul­tur und Wissenschaft

Füh­run­gen:

Mi, 22.3. um 17 Uhr | Füh­rung mit Man­fred Hür­li­mann und Dr. Eva Schurr
Anmel­dung über VHS: Tel. 0951. 871108, www​.vhs​-bam​berg​.de

So, 21.5. Inter­na­tio­na­ler Museumstag
Mehr Info aktu­ell unter www​.muse​um​.bam​berg​.de

Eine Aus­stel­lung der Muse­en der Stadt Bamberg
SAMM­LUNG LUD­WIG BAMBERG
Altes Rat­haus | Obe­re Brücke 1 | 96047 Bamberg
Tel. 0951. 871871 | Fax 0951. 871464
museum@​stadt.​bamberg.​de | www​.muse​um​.bam​berg​.de
Öff­nungs­zei­ten: Di-So 10–16.30 Uhr |30.4. (Welt­kul­tur­er­belauf) geschlossen.
Oster­mon­tag, Pfingst­mon­tag, 14.8., 2.10., 30.10. geöffnet
Ein­tritt: 6 €, erm. 5 €, Fami­li­en 12 €, Stu­die­ren­de 2,50 €, Schü­ler 1 €
1. Sonn­tag im Monat: frei­er Ein­tritt für Familien
Ange­mel­de­te Gruppenführungen:
bis 15 Per­so­nen 60 € pau­schal zzgl. Eintritt,
ab 15 Per­so­nen 4 € pro Per­son zzgl. Eintritt