Uni­ver­si­tät Bay­reuth forscht im Weltall

Symbolbild Bildung

Die Uni­ver­si­tät Bay­reuth ist gleich mehr­fach an For­schungs­ar­bei­ten auf der Inter­na­tio­na­len Raum­sta­ti­on ISS beteiligt

Seit dem Herbst 2016 sind zwei Arbeits­grup­pen des Phy­si­ka­li­schen Insti­tuts der Uni­ver­si­tät Bay­reuth maß­geb­lich an Expe­ri­men­ten betei­ligt, die an Bord der Inter­na­tio­na­len Raum­sta­ti­on ISS durch­ge­führt wer­den: Prof. Dr. Wer­ner Köh­ler und sein Mit­ar­bei­ter, Dipl.-Phys. Tho­mas Tril­ler, erfor­schen das Ver­hal­ten von Flüs­sig­kei­ten in der Schwe­re­lo­sig­keit. Prof. Dr. Axel Enders, der zum Win­ter­se­me­ster 2016/17 aus den USA an die Uni­ver­si­tät Bay­reuth gewech­selt ist, unter­sucht neu­ar­ti­ge Halb­lei­ter-Mate­ria­li­en, die künf­ti­ge Expe­di­tio­nen im Welt­all mit Ener­gie ver­sor­gen könnten.

Neue Erkennt­nis­se zu mehr­kom­po­nen­ti­gen Flüs­sig­kei­ten – bedeut­sam für zahl­rei­che Forschungsgebiete

Die von Prof. Köh­ler koor­di­nier­ten Expe­ri­men­te sind Teil eines auf meh­re­re Jah­re ange­leg­ten mul­ti­na­tio­na­len For­schungs­pro­jekts, das von der euro­päi­schen Welt­raum­or­ga­ni­sa­ti­on ESA und der rus­si­schen Welt­raum­or­ga­ni­sa­ti­on ROS­C­OS­MOS geför­dert wird. Es geht dabei um Dif­fu­si­ons­pro­zes­se in mehr­kom­po­nen­ti­gen Flüs­sig­kei­ten, die kei­ne gleich­mä­ßi­ge Tem­pe­ra­tur auf­wei­sen. In der Schwe­re­lo­sig­keit der Raum­sta­ti­on kön­nen der­ar­ti­ge Expe­ri­men­te unge­stört ablau­fen, wäh­rend sie im Labor häu­fig durch die Schwer­kraft ver­fälscht wer­den. „Von den Mes­sun­gen, die an Bord der ISS statt­fin­den, erhof­fen wir uns in erster Linie ein bes­se­res Ver­ständ­nis der phy­si­ka­li­schen Eigen­schaf­ten von Flüs­sig­kei­ten. Aber auch für vie­le ande­re Wis­sen­schafts­be­rei­che sind die gewon­ne­nen Erkennt­nis­se von Bedeu­tung“, erklärt der Bay­reu­ther Expe­ri­men­tal­phy­si­ker. „Sie unter­stüt­zen bei­spiels­wei­se die Ent­wick­lung von Mikro­ma­schi­nen und Mikro­schwim­mern, die als Model­le für die Fort­be­we­gung leben­der Zel­len die­nen. Dar­über hin­aus kön­nen auch Unter­su­chun­gen zur Evo­lu­ti­on des Lebens oder zur Ent­ste­hung von Erd­öl­la­ger­stät­ten von den Mes­sun­gen auf der ISS profitieren.“

Vor kur­zem wur­de die drit­te Mess­kam­pa­gne, DCMIX3, erfolg­reich abge­schlos­sen. Dipl.-Phys. Tho­mas Tril­ler, der im Rah­men sei­ner von Prof. Köh­ler betreu­ten Dis­ser­ta­ti­on an dem Pro­jekt mit­ar­bei­tet, hat­te die Pro­ben in Bay­reuth her­ge­stellt und umfang­rei­che Kon­troll­ex­pe­ri­men­te im Labor durch­ge­führt. In enger Zusam­men­ar­beit mit der Boden­kon­trol­le in Madrid hat er die ersten von der ISS per Funk über­mit­tel­ten Daten ana­ly­siert. Sobald die Fest­plat­ten mit der Gesamt­heit der Daten zur Erde zurück­ge­bracht sind, wird er zusam­men mit dem inter­na­tio­na­len For­scher­team auch an deren erster Aus­wer­tung teil­neh­men. Die voll­stän­di­ge Aus­wer­tung aller Mess­da­ten wird noch meh­re­re Jah­re in Anspruch nehmen.

Die Pro­jekt­bei­trä­ge der Uni­ver­si­tät Bay­reuth wur­den von Anfang an und über meh­re­re Jah­re durch das DLR-Raum­fahrt­ma­nage­ment mit Mit­teln des Bun­des­mi­ni­ste­ri­ums für Wirt­schaft und Ener­gie geför­dert. „Ohne die­se ver­läss­li­che finan­zi­el­le Unter­stüt­zung, für die ich der Deut­schen Luft- und Raum­fahrt aus­drück­lich dan­ken möch­te, wären unse­re For­schungs­ar­bei­ten nicht mög­lich gewe­sen“, sagt Prof. Köhler.

Neu­tro­nen als Quel­len elek­tri­scher Ener­gie – Neue Mate­ria­li­en für die Ener­gie­ver­sor­gung künf­ti­ger Weltraum-Missionen

Prof. Axel Enders, der im Som­mer 2016 an die Uni­ver­si­tät Bay­reuth beru­fen wur­de, hat mit sei­nem Team an der Uni­ver­si­ty of Nebras­ka-Lin­coln in den USA neu­ar­ti­ge Halb­lei­ter-Mate­ria­li­en ent­wickelt. Die­se beru­hen auf Bor­car­bid-Ver­bin­dun­gen und zeich­nen sich dadurch aus, dass sie mit hoher Effi­zi­enz Neu­tro­nen absor­bie­ren kön­nen. Daher las­sen sich aus die­sen Mate­ria­li­en zum Bei­spiel Neu­tro­nen-Vol­ta­ische Bau­ele­men­te her­stel­len, die elek­tri­sche Ener­gie aus ein­fal­len­den Neu­tro­nen erzeu­gen – ganz ähn­lich einer Solar­zel­le, die elek­tri­sche Ener­gie aus ein­fal­len­dem Licht erzeugt. Die US-ame­ri­ka­ni­sche Welt­raum­be­hör­de NASA ist an die­ser tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lung stark inter­es­siert. Denn durch Neu­tro­nen-Vol­ta­ische Bau­ele­men­te kön­nen Raum­son­den, die tief in das Welt­all außer­halb des Son­nen­sy­stems flie­gen sol­len, mit elek­tri­scher Ener­gie ver­sorgt wer­den. Die NASA hat die For­schungs­ar­bei­ten von Prof. Enders des­halb mit gleich zwei For­schungs­grants gefördert.

Die ersten von sei­nem Team her­ge­stell­ten Mate­ri­al­pro­ben sind im Okto­ber 2016 zur Inter­na­tio­na­len Raum­sta­ti­on ISS gebracht wor­den. Hier wer­den die Mate­ria­li­en dar­auf­hin unter­sucht, wie sie sich unter dem Ein­fluss sola­rer Neu­tro­nen außer­halb der Erd­at­mo­sphä­re ver­än­dern. Erkennt­nis­se über die­se win­zi­gen, nur mikro­sko­pisch fest­stell­ba­ren Ände­run­gen ermög­li­chen es, das Ener­gie­spek­trum sola­rer Neu­tro­nen zu cha­rak­te­ri­sie­ren. Im Früh­jahr 2017 keh­ren die Pro­ben vor­aus­sicht­lich zur Erde zurück. Dann wer­den sie mit einem zwei­ten Satz von Pro­ben, die im glei­chen Zeit­raum auf der Erde ver­blie­ben sind, ver­gli­chen und wei­te­ren Unter­su­chun­gen unterzogen.

Enge trans­at­lan­ti­sche Forschungskooperation

Zahl­rei­che Wis­sen­schaft­ler und Stu­die­ren­de der Uni­ver­si­ty of Nebras­ka-Lin­coln haben an dem For­schungs­pro­jekt von Prof. Enders mit­ge­ar­bei­tet und ste­hen mit ihm auch nach sei­nem Wech­sel an die Uni­ver­si­tät Bay­reuth wei­ter­hin in Kon­takt. Im April 2017 wird der Bay­reu­ther Phy­si­ker erneut nach Nebras­ka flie­gen, um die wei­te­ren For­schungs­ar­bei­ten mit den U.S.-amerikanischen Part­nern abzu­stim­men. „Das Pro­jekt bie­tet eine Rie­sen-Chan­ce zur inter­na­tio­na­len wis­sen­schaft­li­chen Zusam­men­ar­beit, an der Stu­die­ren­de aus Lin­coln in Nebras­ka und aus Bay­reuth eben­so betei­ligt sind wie die NASA“, freut sich Prof. Enders. Mitt­ler­wei­le habe das gemein­sa­me Pro­jekt zur Ent­deckung eines neu­en bor­hal­ti­gen Halb­lei­ters geführt, der an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth wei­ter unter­sucht wer­den soll.

Wei­te­re Informationen:

Im Som­mer 2016 ist Dipl.-Phys. Tho­mas Tril­ler für sei­ne inter­na­tio­nal viel­be­ach­te­ten Arbei­ten mit der Zel­do­vich-Medail­le des inter­na­tio­na­len Dach­ver­bands für Welt­raum­for­schung COS­PAR und der Rus­si­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten aus­ge­zeich­net wor­den. Vgl. dazu die fol­gen­de Pres­se­mit­tei­lung der Uni­ver­si­tät Bayreuth:
www​.uni​-bay​reuth​.de/​d​e​/​u​n​i​v​e​r​s​i​t​a​e​t​/​p​r​e​s​s​e​/​p​r​e​s​s​e​m​i​t​t​e​i​l​u​n​g​e​n​/​2​0​1​6​/​1​2​0​-​z​e​l​d​o​v​i​c​h​-​m​e​d​a​i​l​le/